Gas – Primärenergieträger der Zukunft?

Forum für Zukunftsenergien tagte in Brüssel

Gas wird auch auf absehbare Zeit als ein wichtiger Energieträger benötigt werden, u.a. um den weiteren Ausbau der volatilen erneuerbaren Energien die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Gas kann aber auch darüber hinaus vielfältig eingesetzt werden; so z.B. als Energiespeicher. Hinzu kommt, dass es als vergleichsweise CO2-arm gilt. Dennoch steht die Gaswirtschaft vor großen Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund veranstaltete das Forum für Zukunftsenergien e.V. am 09.01.2013 eine Konferenz in Brüssel, um die Perspektiven der Branche aufzuzeigen und im kritischen Diskurs zu erörtern.

Dr. Heinrich Herm Stapelberg (Manager Public & Government Affairs, ExxonMobil Central Europe Holding GmbH) beantwortete aus der globalen Perspektive die Frage, wie viel Erdgas in Zukunft benötigt wird: Er bezog sich dabei auf eine von ExxonMobil jährlich erstellte globale Energieprognose, die als Basis für die Investitionsentscheidungen des Unternehmens dient. Der aktuelle „Outlook for Energy: A View to 2040“ prognostiziere u.a. für den Zeitraum von 2010 bis 2040 einen weltweiten Anstieg des Energiebedarfs um 35 Prozent. Der Bedarf an Erdgas werde im selben Zeitraum sogar um 65 Prozent wachsen, so dass das Erdgas die Kohle als zweitwichtigste Energiequelle ablösen werde.

Stromerzeugung aus Erdgas treibt Nachfrage

Weiter hob Stapelberg hervor, dass Erdgas zunehmend in der Stromerzeugung eingesetzt werde. Dabei steige die Nachfrage nach Strom stetig; in Deutschland z.B. werde sich der Anteil von Erdgas in der Stromerzeugung im Jahr 2040 gegenüber 2011 weit mehr als verdoppelt haben. Für die Deckung des Erdgasbedarfs würden insbesondere Vorkommen aus unkonventionellen Lagerstätten eine entscheidende Rolle spielen. So gehe man davon aus, dass in 2040 ein Drittel der weltweiten Erdgasförderung aus diesen Quellen stammen werde.

Politisch gewollte Partnerschaft zwischen Gas und Erneuerbaren nötig

In einem weiteren Vortrag stellte Dr. Wolfgang Dierker (Leiter Regierungsbeziehungen, GE) die modernen Kraftwerkstechniken im Gasbereich vor. Dabei beschäftigte er sich mit den gegenwärtig schwierigen Rahmenbedingungen für Gaskraftwerke: Insbesondere hohe Gaspreise führten bei gleichzeitig niedrigen CO2-Preisen zur Unwirtschaftlichkeit von GuD- Kraftwerken. Kontinuierlich fallende Kohlepreise (u.a. aufgrund des erhöhten Kohleexports der USA) beförderten zudem zusätzlich eine Verdrängung der Gaskraftwerke vom Markt und dies in einer Situation, in der der Zuwachs der erneuerbaren Energie mit volatilen Einspeisungen gerade auf den flexiblen Einsatz von Gaskraftwerken angewiesen sei. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sei eine politisch gewollte Partnerschaft zwischen Gas und Erneuerbaren dringend erforderlich.

Unter der Überschrift „The Energy Partnership“ habe GE seinerseits eine solche Partnerschaft mit verschiedenen Unternehmen und Institutionen beider Branchen bereits ins Leben gerufen. Ferner sprach sich Dierker dafür aus, dass ein neues EU-Energiemarktdesign neben dem Wert der Flexibilität von Kraftwerken auch deren Beitrag zur Emissionsvermeidung berücksichtigen sollte. Zudem sollte es Investitionen in neue Erzeugungskapazitäten erleichtern, daneben Rahmenbedingungen schaffen, die es den vorhandenen Kraftwerken erlaube, betriebswirtschaftlich betrieben zu werden und schließlich das Demand-Side-Management mit einbeziehen.

Gas verliert führende Position im Wärmemarkt

Auch Dr. Jürgen Lenz (Vizepräsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) e.V.) geht davon aus, dass Gas zukünftig einen wesentlichen Bestandteil des Energiesystems bilden wird, obwohl dieser Energieträger im Wärmemarkt seine führende Position verlieren werde. Er erläuterte, dass erst durch das Gasnetz der gesamte regenerative Strom genutzt werden könne und so einen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes leiste. Die Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur durch die Power-to-Gas-Technologie böte die große Chance einer ökologisch und volkswirtschaftlich sinnvollen Kombination aus planbarer, sicherer Gasversorgung und volatiler, regenerativer Stromerzeugung, so Lenz.

Das Gas der Zukunft bestehe hierbei nicht mehr nur aus Erdgas, sondern aus Biogas und anderen CO2-freien Gasen. Gas werde somit eine Schlüsselrolle bei der Umgestaltung der Energieversorgung spielen. Es stehe direkt für Wärme, indirekt für Strom, es stehe aber auch für Transport, Speicher, Systempartner und Energiepartner. Sein Fazit: Gas sei fossil und nicht-fossil, schone die Umwelt und sei Teil der Lösung zum ökologischen Umbau unserer Energieversorgung.

Energiepolitik soll CO2-Vermeidungskosten als wesentliches Kriterium berücksichtigen

Dr. Ludwig Möhring (Präsident der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE) und Mitglied der Geschäftsführung, WINGAS GmbH) erinnerte daran, dass das ursprüngliche Ziel der Energiepolitik auf europäischer und nationaler Ebene die CO2-Einsparung vorsehe. Er sprach sich deshalb dafür aus, bei der Ausgestaltung der Energiepolitik die CO2-Vermeidungskosten als das wesentliche Kriterium zu berücksichtigen. Dabei sei zu beachten, dass Klimaschutz bezahlbar bleiben müsse.

Mit Blick auf diese Prämissen verwies Möhring auf große Diskrepanzen bezüglich der Wirtschaftlichkeit einzelner energetischer Sanierungsmaßnahmen von Gebäuden. Während ein neuer Heizkessel hohe Wirtschaftlichkeit aufweise, sei Dämmung eher weniger nützlich. Er unterstrich, dass mit dem Energieträger Gas die erforderlichen dezentralen, effizienten und kostengünstigen Optionen bereit stünden. Um die politischen CO2-Einsparungsziele zu erreichen, sind nach Ansicht von Dr. Möhring die kosteneffiziente Ausschöpfung der Potenziale für energetische Sanierung (moderne Heiztechnologie), die Sensibilisierung sämtlicher Akteure und die Schaffung staatlicher Anreize durch den Ausbau von Förderprogrammen notwendig, die sich an den CO2-Vermeidungskosten orientieren.
->Quelle: www.zukunftsenergien.de