Ex-Wuppertal-Chef fordert mehr Effizienz

Die Programmkosten können sie per Umlage an ihre Kunden weitergeben. Das ist keine Revolution, sondern schon längst Praxis in 24 Bundesstaaten der USA, in vier europäischen Ländern und – auf regionaler Ebene – in Hannover (enercity-Fonds proKlima). Die positiven wirtschaftlichen Konsequenzen solcher Verpflichtungsregelungen konnten für Deutschland vielfach nachgewiesen werden. Eine Umlage zur (Vor-)Finanzierung von Energiesparprogrammen könnte im Vergleich zur Umlagefinanzierung des EEG moderat ausfallen. Ein Beispiel: Mit einer Umlage von weniger als 0,2 Cent pro Kilowattstunde auf Strom- und Gaserlöse wäre es möglich, einen gesamtwirtschaftlichen Fonds von gut 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu finanzieren – und damit die Energiesparprogramme zu fördern.

„In Deutschland könnten fast 150 Terawattstunden eingespart werden“

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hat nachgewiesen, dass in Deutschland fast 150 Terawattstunden Strom wirtschaftlich eingespart werden könnten, das entspricht ungefähr der gesamten Atomstromproduktion, als noch alle Reaktoren am Netz waren. Für die Verbraucher hätten solche Regelungen einen angenehmen Nebeneffekt: Ihre Stromrechnungen würden sinken. All das klingt gut, ist aber angesichts der vorherrschenden Angebotsorientierung nicht einfach zu realisieren: Es müsste nicht nur radikal umgedacht werden, auch eine neue Institution wäre notwendig. Aufgebaut werden müsste eine von den Interessen der Energieanbieter unabhängige bundesweite Effizienzagentur mit einem zukunftsfähigeren, weiter gefassten Mandat als die bestehende Deutsche Energieagentur. Eine Effizienzagentur, die als Makler und Koordinator auf dem Markt der Energiedienstleistungen agiert.

Für verschiedene Marktakteure würde sie Energiesparprogramme konzipieren, ausschreiben, koordinieren, fördern und evaluieren. Umsetzungsakteure sind beispielsweise die Energieanbieter, die etwa 600 Contracting-Firmen in Deutschland, Consultants, Ingenieurbüros, Handwerksunternehmen und regionale Energiesparagenturen. Klar ist: Wenn die Ziele der Einsparpolitik verpflichtend sind und erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden, dann entsteht eine Energiewende, durch die Ökologie und Ökonomie gewinnen – ebenso wie Verbraucher und Energieanbieter.

Peter Hennicke ist ein führender Energiewirtschaftsexperte und leitete von 2003 bis 2008 das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.

Aus DIE ZEIT v. 27.03.2013, zeit.de