Umlage für Gebäudesanierung gefordert

Minimale Umlage auf Energiepreis würde Tempo der energetischen Sanierung stark beschleunigen – Faktor 8 an Investitionen

Die Förderkosten für die Gebäudesanierung sind aus Sicht des ehemaligen Chefs des Wuppertal-Instituts, Peter Hennicke, eine „Vorfinanzierung“ mit maximalem volkswirtschaftlichem Nutzen. Er plädiert für eine minimale Umlage auf den Energiepreis, um das Tempo bei der energetischen Sanierung so zu beschleunigen, dass die deutschen Klimaziele erreichbar werden. Laut Hennicke gibt zwei Gründe dafür, dass es keine funktionierende Eiffzienzpolitik gibt: „Einer ist die fehlende Prozessverantwortlichkeit für die Erreichung der gesellschaftlich vereinbarten Energiesparziele. Die Zuständigkeiten sind noch stärker zersplittert als bei der Energieerzeugung. Die Programme sind nicht zielgerichtet, müssten besser abgestimmt und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Der zweite Punkt ist, dass es genau wie bei der Markteinführung der erneuerbaren Energien verbindliche Markteintrittsbedingungen für die Techniken der Energieeffizienz braucht.“

Der Effizienzmarkt sei enorm komplex, so Hennicke, verspreche aber auch „enorme wirtschaftliche Vorteile“. Deshalb seien für die Einsparung von Energie ebenso verbindliche Ziele notwendig wie für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Minderung von Treibhausgasen, wie die Europäische Union das beschlossen hat. In Artikel sieben der neuen EU-Energieeffizienzrichtlinie sei festgelegt, dass die Mitgliedsstaaten „jedes Jahr gesamtwirtschaftlich 1,5 Prozent ihrer Endenergie im Vergleich mit einem Trendszenario einsparen“ müssten. In Deutschland gelte das besonders für die Stromeffizienz. Da habe das Wuppertal Institut errechnet, dass etwa 150 Terawattstunden (150 Milliarden kWh)  – die gesamte ehemalige Atomstromproduktion – eingespart werden könne. Die möglichen Zusatzkosten für Effizienzgeräte würden bei einem ohnehin stattfindenden Austausch bei weitem durch Stromeinsparungen überkompensiert.

Und Hennicke macht eine einleuchtende Rechnung auf: Im Durchschnitt koste der eingesparte Strom zwischen zwei und acht Cent/Kilowattstunde – der Strompreis für Haushalte liege für Haushaltskunden bei etwa 27 Cent und für die Industrie bei etwa 14 Ct./kWh. Hennicke: „Daran sieht man, dass es für die Verbraucher fast immer günstiger ist, in Einspartechnologien zu investieren als in den Kauf von Strom.“ Als Beispiel nennt er Haushaltsgeräte: Da ließen sich im Vergleich zwischen den Luxusgeräten, den größten Stromfressern, und den effizientesten Geräten bei LCD-Fernseher, Kühl-Gefrier-Kombinationen und Waschmaschinen innerhalb von zehn Jahren 1500 Euro einsparen. Das sei den wenigsten bewusst. Denn sie würden lediglich über den Energieverbrauch informiert, aber nicht über die eingesparten Energiekosten. Sie würden auch nicht darüber informiert, dass „je größer die Diagonale des Bildschirms ist, die Energiekosten um ein Vielfaches steigen“.[nextpage]

Jeder öffentliche Euro löst acht  Euro an Investitionen aus

Im Energiekonzept der Bundesregierung steht das Ziel, dass Gebäude in Deutschland bis 2050 ihren Energieverbrauch um 80 Prozent reduzieren sollen. Um das zu erreichen, sind laut Hennicke zwei Strategien unabdingbar:

  1. „Die jährliche Sanierungsrate muss von etwa einem Prozent auf etwa zwei Prozent steigen. Das geht nur mit Förderung.
  2. Weil der Gebäudemarkt aber so komplex ist, sollte am besten neben den erfolgreichen Förderprogrammen der KfW-Bank eine mehr kommunal und regional ausgerichtete Umsetzungsebene geschaffen werden, beispielsweise über Effizienzagenturen. Die könnten dazu beitragen, dass Sanierungen möglichst kostenoptimal und effektiv umgesetzt werden“

Das Ganze sei ein Vorfinanzierungsproblem: Die KfW rechne, „dass jeder Euro öffentlicher Mittel mindestens um den Faktor acht Investitionen auslöst und damit auch neue Steuereinnahmen, Arbeitsplätze und Innovationen einbringt. Es geht also darum, diejenigen, die nicht auf längere Sicht investieren können, weil sie zu alt sind oder nicht die finanziellen Möglichkeiten dazu haben, als Hauseigentümer zu unterstützen, damit sie das, was langfristig wirtschaftlich ist, auch tun können. Hier braucht es mehr Förderung als wir sie bisher zur Verfügung haben.“ Es gebe Beispiele in Dänemark und England, wo durch eine Umlage auf die Energiekosten ein Fonds geschaffen werde, um die energetische Sanierung zu finanzieren. Bereits 0,2 Cent pro Kilowattstunde Strom oder Gas ergäben 1,5 Milliarden Euro im Jahr. Der Enercity-Klimafonds in Hannover, ereiche mit genau einem solchen Umlagesystem große regionalwirtschaftliche Effekte. Dafür gebe es eine hohe Akzeptanz, und es seien auch attraktive Geschäftsfelder entstanden. Auf die Bundesebene wäre die Finanzierung unabhängig von Haushaltsmitteln. Hennicke: „Die Verbraucher würden durch diese Umlage minimal belastet aber durch die eingesparte Energie maximal entlastet.“
->Quelle: Grundlage des Textes ist mit freundlicher Genehmigung ein Interview im Berliner Tagespiegel vom 22.03.2013 von .