Der Klimawandel macht nur Pause

Erderwärmung geht weiter, auch wenn schlimmste Prognosen weniger wahrscheinlich werden

Die Erderwärmung stellt Klimaforscher immer wieder vor Rätsel, aber eines steht so gut wie fest: In den nächsten Jahrzehnten wird sich die Durchschnittstemperatur auf der Erde weiter erhöhen, auch wenn sie in den Jahren von 2001 bis 2010 deutlich langsamer gestiegen ist als im Jahrzehnt zuvor. Das belegt die neue Prognose eines internationalen Forscherteams, das von Wissenschaftlern der Universität Oxford geleitet wurde und an dem auch die beiden Direktoren Jochem Marotzke und Björn Stevens des Max-Planck-Instituts für Meteorologie beteiligt waren. Die Wissenschaftler haben anhand aktueller Klimadaten neu berechnet, wie stark sich die Luft an der Erdoberfläche erwärmt haben wird, sobald sich der Kohlendioxid-Gehalt der Luft verdoppelt hat. Das wird etwa in der Mitte des Jahrhunderts der Fall sein, wenn die Konzentration des Treibhausgases weiter unvermindert wächst. Dann wird die Durchschnittstemperatur im Vergleich zu vorindustriellen Werten wahrscheinlich um 0,9 bis 2,0 Grad Celsius angestiegen sein. Bis zum Ende des Jahrhunderts würde sich die Atmosphäre deutlich stärker aufheizen als um zwei Grad, auf die die UN-Klimakonferenz die Erwärmung begrenzen will.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten zeigte sich der Klimawandel wechselhaft. Während die globale Durchschnittstemperatur in den 1990er-Jahren schneller stieg als jemals zuvor, nämlich um 0,24 Grad Celsius, erhöhte sie sich im darauffolgenden Jahrzehnt nur noch um etwa 0,03 Grad Celsius. „Diese Abschwächung der Temperaturerhöhung an der Erdoberfläche können wir mit unseren Modellen bisher nicht erklären“, sagt Jochem Marotzke. „Insgesamt hat sich die Erde allerdings weiter erwärmt, aber diese Erwärmung hat vor allem in tieferen Schichten der Ozeane stattgefunden.“

Jochem Marotzke gehört zu einem Team der weltweit renommiertesten Klimaforscher, das die jüngste Entwicklung der Oberflächentemperatur nun in einer neuen Vorhersage berücksichtigt, wie die Erde durch den Treibhauseffekt vor allem von Kohlendioxid (CO2) aufheizen wird. Diese Prognose bestätigt, dass die Klimamodelle den Trend der Erderwärmung über mehrere Jahrzehnte, also etwa bis zur Mitte oder bis zum Ende des 21. Jahrhunderts, richtig vorhersagen. Es gibt also in keiner Weise Grund zur Entwarnung.

Endgültige Erwärmung nach einer CO2-Verdopplung braucht hunderte Jahre

Das Team um Alexander Otto und Myles R. Allen von der Universität Oxford unterscheidet dabei zwischen einer mittelfristigen und einer langfristigen Reaktion des Klimas auf eine Verdopplung des Kohlendioxid-Gehaltes in der Luft, die voraussichtlich um das Jahr 2050 erreicht sein wird. Der dadurch verursachte Treibhauseffekt macht sich schon unmittelbar bemerkbar, sobald die Kohlendioxid-Konzentration so weit zugenommen hat. Wie stark, drücken Klimaforscher in der vorübergehenden Klimaantwort aus (TCR für englisch: transient climate response).

Da das Klimasystem sehr träge ist und etwa die Ozeane sich nur sehr langsam aufheizen, dauert es jedoch bis sich die Wirkung der Treibhausgase voll entfaltet: Eine Erwärmung durch den Treibhauseffekt wird durch zahlreiche Rückkopplungen verstärkt, durch einige Prozesse aber auch abgeschwächt. Erst wenn dieses komplizierte Wechselspiel zur Ruhe gekommen ist, erreicht das Klima wieder einen stabilen Zustand. Diese langfristige Reaktion des Klimas berechnen Klimaforscher in der Gleichgewichts-Klimasensitivität (ESC für equilibrium climate sensitivity). Sie entspricht der endgültigen Temperaturerhöhung durch eine verdoppelte CO2-Konzentration, die sich vermutlich erst nach einigen 100 Jahren einstellt.