Klimawandel lässt Ernten schrumpfen

Anstieg der Getreidepreise befürchtet

Im Rahmen der Tagung Impacts World in Potsdam wagten Forscher erstmals eine Prognose, wie die Erderwärmung die Ernten weltweit zurückgehen lassen könnte, mit der Folge, dass Weizen, Reis, Mais und Soja im fünfjährigen Durchschnitt um 10 bis 60 Prozent teurer würden als ohne die Erderwärmung. Dürren könnten die Preise zeitweise noch weitaus höher treiben, so das Ergebnis der internationalen Großstudie des Agricultural Model Intercomparison and Improvement Projects (AgMIP), die bei Impacts World vorgestellt wurde. Das Ergebnis soll in den nächsten UN-Klimabericht einfließen.

Für die Prognose haben Wissenschaftler die Wirkung des Klimawandels auf den Getreidehandel berechnet: Zunächst modellierten sie die Witterung der nächsten Jahrzehnte. Zugrunde gelegt wurde die Annahme, dass ungebremster Treibhausgasausstoß die Luft weiter erwärmen wird. Die Ergebnisse von fünf Klimamodellen wurden dann eingespeist in Computermodelle, die die Wirkung des Klimas auf Getreide berechnen.

Erste Trends

Anhand der Ernteerträge wiederum simulierten neun ökonomische Modelle, wie sich im Welthandel neue Marktpreise für die wichtigsten Getreidesorten einstellen. Die Prognosen gründeten auf der Annahme, dass die Weltbevölkerung bis Mitte des Jahrhunderts auf neun Milliarden wächst und auch die Wirtschaftsleistung stetig zunimmt.

Die Unsicherheiten der Szenarien seien zwar erheblich, räumt die Umweltforscherin Cynthia Rosenzweig vom US-Forschungsinsitut Nasa ein, die die Berechnungen koordiniert. Allerdings hätten neuere Modelle die Ernteentwicklung vergangener Jahrzehnte zufriedenstellend nachgebildet. Folglich ließen sich erste Trends ableiten.

CO2-Düngeeffekt nicht überbewerten

Die steigende atmosphärische CO2(Kohlenstoffdioxid)- Konzentration wirkt in der Regel positiv auf das Pflanzenwachstum. Dieser CO2-Düngeeffekt darf jedoch nicht überbewertet werden, da die Auswirkungen ansteigender Temperaturen und zunehmenden Wassermangels sehr maßgeblich sind. Höhere atmosphärische CO2-Konzentrationen verändern das Pflanzenwachstum nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ, so dass Veränderungen bei der chemischen Zusammensetzung des pflanzlichen Gewebes bis hin zu veränderten Gehalten an Nähr- und Inhaltsstoffen festgestellt werden können.

Zunahme der Witterungsextreme

Kritisch ist die Zunahme der Witterungsextreme zu sehen, denn sie mindern die Ertragssicherheit. Bei vermehrtem Stress durch Hitze, Kälte, Trockenheit oder Nässe ist mit zum Teil erheblichen Ertragsausfällen zu rechnen, insbesondere wenn dieser bereits während sensitiver Phasen (wie Blüh- beziehungsweise Reproduktionsstadien) auftritt. Zusätzlich könnten Schäden durch Starkniederschläge, Überflutung bei Hochwasser und Hagel, durch erhöhte Spätfrostgefährdung (vor allem im Obstbau) sowie verringerte Winterhärte zunehmen. Darüber hinaus könnten sich Pflanzenschutzprobleme verstärken, die mit neuen Schadorganismen sowie einer Zunahme des Befallsdrucks durch derzeit unauffällige Schadorganismen einhergehen. Auch sich verändernde Bodenzustände, insbesondere die zunehmende Trockenheit während der Vegetationsperiode und eine höhere Vernässungsgefahr vor allem im Herbst, stellen weitere Herausforderungen an die Bewirtschaftung. Der Humuserhaltung kommt in diesem Zusammenhang eine erhöhte Bedeutung zu.

Gefahr für Tierproduktion

In der Tierproduktion können höhere Sommertemperaturen die Nahrungsaufnahme und die Produktivität verringern und dadurch deutliche Produktionseinbußen verursachen. Auch für Einschleppung und Ausbreitung neuer, durch tierische Vektoren verbreitete Krankheiten (z.B. der Blauzungenkrankheit bei Wiederkäuern) hat der Klimawandel eine wichtige Bedeutung. Eingeschleppte Insekten können zu neuen Überträgern werden. Die mit hohen wirtschaftlichen Einbußen verbundenen Ausbrüche der Blauzungenkrankheit bei Wiederkäuern seit Mitte August 2006 sind auf ein Virus zurückzuführen, das entgegen früherer Erkenntnisse auch durch einheimische Gnitzenarten übertragen wird. Auch die Nagetierpopulation, die Träger von Zoonoseerregern (z.B. der Tularämie – „Nagerpest“) sind, unterliegt dem Einfluss des Klimawandels.
->Quelle(n): www.spiegel.de; climate-impacts-2013.org; solarify.eu/potsdamer-klimakonferenz-keine-entwarnung; www.agmip.org; klimawandel-und-klimaschutz.de