Experten-Stellungnahme zur Energiewende

6 Entwicklung der Versorgungssicherheit

Energieversorgungssicherheit lässt sich in geeigneter Weise entlang der Wertschöpfungskette von Primärenergie, Umwandlung, Transport und Verteilung bis hin zum Endverbraucher beschreiben.Zur Messung der langfristigen Stromversorgungssicherheit kann die verbleibende gesicherte Leistung als Resultat der Leistungsbilanz herangezogen werden.

Auch wenn die entsprechenden Berechnungen derzeit mit großer Unsicherheit behaftet sind, ist momentan noch kein genereller Kapazitätsengpass in Deutschland erkennbar. Doch mit dem geplanten Abstellen der noch verbleibenden Kernkraftwerke in Süddeutschland droht dort ein lokaler Kapazitätsengpass. Er wird verschärft durch den Rückstand beim Ausbau der Übertragungsnetze.

Der System Average Interruption Duration Index (SAIDI) weist auf eine recht entspannte Situation bei der kurzfristigen Stromversorgungssicherheit hin. Doch wegen der immer häufigeren Redispatch-Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber sowie der Problematik, dass Stromunterbrechungen von weniger als 3 Minuten in Deutschland dort immer noch nicht statistisch erfasst sind, muss die kurzfristige Versorgungssicherheit als weniger komfortabel bewertet werden als dies im SAIDI zum Ausdruck kommt.

Die im letzten Jahr realisierten Speicher- und Pipeline-Ausbauten haben die langfristige Versorgungssicherheit im Bereich von Erdgas verbessert. Die Sicherheit der Importe stellt aus Sicht der Expertenkommission ebenfalls keine akute Bedrohung dar, weil allfällige Störungen im Bereich der Importe spiegelbildlich mit wirtschaftlichen Ertragseinbußen auf Seiten der Exportländer verbunden sind. Ein entsprechender Indikator ist der Unterschied der relativen Diversifizierung der Exportländer gegenüber Deutschland.

7 Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung

Die Expertenkommission hat ihren Ansatz weiterentwickelt, die Bezahlbarkeit der Energieversorgung unter anderem anhand der gesamtwirtschaftlich aggregierten Letztverbraucherausgaben für Energie zu bewerten. Diese Indikatorik lässt Verteilungsaspekte zunächst unbeachtet, weil Verteilungsprobleme grundsätzlich entschärft bzw. einfacher lösbar sind, wenn sich die Letztverbraucherausgaben nicht überproportional zum nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) entwickeln.

Bezogen auf das nominale BIP blieben die Letztverbraucherausgaben für Elektrizität im Jahr 2012 weitgehend konstant bei etwa 2,5 %. Wir gelangen nach wie vor zur Einschätzung, dass sich der Anstieg der aggregierten Elektrizitätsausgaben bisher noch nicht so dramatisch zeigt, wie in der Öffentlichkeit oft behauptet. Die im Jahr 2012 um etwa 10 % gestiegenen Gesamtausgaben für Erdgas sind überwiegend abhängig von der internationalen Preisentwicklung und weniger der Energiewende zuzurechnen. Überproportional zum BIP sind im Jahr 2012 die Letztverbraucherausgaben für Treibstoffe gestiegen. Für die Letztverbraucherausgaben für Wärmedienstleistungen kann noch keine quantitative Aussage getroffen werden.

Neben der Gesamtsumme der Ausgaben für Energie sind zudem Verteilungswirkungen dieser Ausgaben zu beachten. Dies betrifft etwa die Verteilung der Umlage nach dem EEG auf die Stromletztverbraucher und in diesem Zusammenhang die besondere Ausgleichsregelung für die energieintensive Industrie.

Ungeachtet der Unsicherheiten über die genaue Höhe und Entwicklung der preissenkenden Wirkungen des Merit-Order-Effekts der erneuerbaren Energien eröffnen die Abschätzungen dazu einen politischen Gestaltungsrahmen, in dem eine dementsprechende Übernahme der EEG-Umlage für alle Verbraucher ohne nachteilige Wirkungen für die Wettbewerbsfähigkeit umsetzbar sein sollte. Verteilungsprobleme auf Haushaltsebene werden im Monitoring- Bericht durch konstruierte Haushaltstypen dargestellt. Aus Sicht der Expertenkommission gibt es allerdings bessere Indikatoren. Es wird ein „High Cost/Low Income“-Ansatz für das Monitoring vorgeschlagen. Danach können derzeit 10 bis 12 % der Haushalte als von Energiearmut gefährdet angesehen werden.

Zur Überprüfung dieser Auswirkungen bedarf es aber einer konsistenten Zeitreihe und weiterer Analysen, um auf Fehlentwicklungen hinweisen zu können. Auch ist zu bedenken, dass diese Problematik nicht allein Folge der Energiewende ist.
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