Künstliches Blatt kommt doch?

Berliner Durchbruch?

Die Berliner Zeitung bejubelte am 24.10.2013 einen „Durchbruch“ für die künstliche Photosynthese. Für die künstliche Photosynthese spreche, dass sie den verlustreichen Umweg vermeide, der bei der derzeit in der Entwicklung befindlichen Speichertechnik „Power to Gas“ benutzt werde. Dabei wird zuerst Strom produziert, der dann in einem weiteren Gerät zur Gasgewinnung eingesetzt wird. Berliner Forscher entwickeln derzeit eine besondere Art von Solarzelle, die Wasserstoff direkt aus Wasser gewinnen kann. Wasserstoff gilt zudem als der beste Speicher für die Energiewende, denn Wind und Sonne sind nicht gleichmäßig verfügbar.

„Noch ist solch ein Photoelektrolyseur eine Vision, zu der wir mit unseren grundlegenden Arbeiten beitragen möchten“, sagt Lutz Geelhaar vom Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI). Der Halbleiterphysiker warnt vor übereilten Erwartungen: „Das ist Grundlagenforschung, das kann man in drei Jahren noch nicht kaufen.“

Gemeinsam mit seinem japanischen Kollegen Jumpei Kamimura und anderen Wissenschaftlern verfolgt Geelhaar das Ziel, die Grundlagen für ein künstliches Blatt zu schaffen. Die Solarzelle befindet sich dazu in einem Wasserbad, in das Sonnenlicht scheint. Die Bindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoff gehört zu den energiereichsten überhaupt. Umgekehrt können aus der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff wieder große Energiemengen zurückgewonnen werden. Das Ganze ist zudem sehr umweltfreundlich, denn es entsteht ja nur Wasser.

Die direkte Abspaltung von Wasserstoff unter Lichteinfall war 1970 von den japanischen Forschern Honda und Fujishima erstmals beobachtet worden; der nach ihnen benannte Effekt beschäftigt seitdem die Wissenschaft. Denn die Entdeckung gelang mit Titandioxid, ein Material, das kaum Licht absorbiert, die Wasserstoffausbeute war extrem gering. „Wir haben deshalb nach dunklen Halbleitermaterialien gesucht, die durch Umwandlung von Sonnenlicht genau die Energiemenge im Kontakt mit Wasser übertragen können, durch die Wassermoleküle aufgespalten werden“, berichtet Kamimura. Und diese Zelle sollte natürlich über Jahre stabil funktionieren: „Es gibt Materialien, die die Wasserspaltung phantastisch gut hinbekommen, aber schon nach einer Minute kaputt gehen.“

Gemeinsame Messungen mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) zeigten, dass das von ihnen entwickelte Material basierend auf Indium-Gallium-Nitrid als Elektrode für die Wasserstofferzeugung aus Sonnenlicht besonders vielversprechend war; es arbeitet effizient und stabil. Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid, die mit einigen Fremdatomen Magnesium versehen sind (p-dotiert), zeigen einen relativ hohen Photostrom und gleichzeitig entwickelt sich Wasserstoff an der Grenzfläche der Nanodrähte mit Wasser. Co-Katalysatoren wie Platin verbessern zudem die Reaktion. „Das sind sehr ermutigende Ergebnisse“, meint der Halbleiterphysiker. „Unsere Nanofasern absorbieren bereits über ein breites Spektrum Licht und wandeln es in Strom um. Die Proben lösen sich zudem nicht auf, sondern liefern über längere Messzeiten konstante Ergebnisse bei der Wasserstoffproduktion.“ Dennoch liegt noch ein weiter Weg vor Geelhaar und Kamimura. Zur Erzeugung des Sauerstoffs an einer Gegenelektrode musste bislang mit einer von außen angelegten elektrischen Hilfsspannung gearbeitet werden. Das nächste Ziel ist nun, die Wasserstofferzeugung autark nur aus der Energie des Sonnenlichts zu erreichen.
Folgt: Künstliche Photosynthese von Sun Catalytix in Cambridge, MA.