Greenpeace: Erneuerbare Energien einseitig bestraft

„Die geplanten Vergütungskürzungen bei Negativpreisen bestrafen einseitig die erneuerbaren Energien.”

Andresen: Nein, aus unserer Sicht ist das ein völlig falscher Ansatz. Natürlich müssen Ökostrom-Anlagen in den Markt integriert werden. Aber die geplanten Vergütungskürzungen bei Negativpreisen bestrafen einseitig die erneuerbaren Energien. Die nämlich sollen künftig die Zeche dafür zahlen, wenn unflexible Atom- und Kohlekraft mit ihrem schmutzigen Strom die Netze verstopfen und ein Überangebot mit negativen Börsenpreisen produzieren.

Frage: Die Strombörse wird künftig eine noch zentralere Rolle für den Verkauf von Ökostrom spielen. Denn schon ab 2016 – also früher als geplant – soll eine so genannte „verpflichtende Direktvermarktung“ für erneuerbare Energien eingeführt werden. Das dürfte dazu führen, dass neue Anlagen mit einer Leistung über 100 kW ihren Strom bald ausschließlich über die Börse verkaufen…

Andresen: ….und davor haben wir immer gewarnt, weil dieser Strom dann an der Börse zu Graustrom unbekannter Herkunft wird. Der Verbraucher kann also in Zukunft kaum direkt mit wertvollem Ökostrom beliefert werden. In Zukunft werden nämlich die meisten erneuerbare Energien Anlagen über die sogenannte „Marktprämie“ gefördert. Hier bekommen sie eine monatlich angepasste Prämie, die auf den Marktpreis aufgeschlagen wird. Es fallen aber zusätzliche Kosten für Vermarktung und Verwaltung an, die ab sofort nicht mehr mit vergütet werden. Da die Unsicherheit der Vermarktung mit der Marktprämie wächst, werden außerdem die Risikoaufschläge steigen und sich dadurch die Finanzierungskosten insgesamt erhöhen. Auch die Bonität von kleinen Akteuren dürfte dann eine sehr große Rolle spielen. Vor allem Bürger-Energieprojekte könnten dann aus dem Markt gedrängt werden.

Positiv: Direktvermarktung von Strom aus EEG-Anlagen direkt an die Stromkunden

Frage: Gibt es Alternativen zu dieser Form der Vermarktung?

Andresen: Die soll es geben! In der EEG-Novelle ist eine so genannte Verordnungsermächtigung enthalten, die eine Direktvermarktung von Strom aus EEG-Anlagen direkt an die Stromkunden ermöglichen soll. Das ist ein großer Erfolg, für den wir lange und ausdauernd gekämpft haben. Nun wird in der Branche über das beste Modell diskutiert. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die neue Form der Direktvermarktung insbesondere der dezentralen Energiewende nutzt, ökologisch sinnvoll gestaltet wird und gegenüber den EEG-Umlage-Zahlern fair bleibt.

Frage: Kleinere Energie-Akteure sehen sich durch die EEG-Reform ja gleich mehrfach unter Druck. Warum?

Andresen: Neben der Direktvermarktungspflicht ist das größte Problem, dass ab 2017 alle neuen Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen ausgeschrieben werden müssen. Schon 2016 soll es ein Pilotverfahren zu diesem neuen Ausschreibungsmodell geben. Wir haben zusammen mit andern Ökostromanbietern schon Anfang des Jahres vor diesem Modell gewarnt. Denn: kleinere Akteure sind durch die Ausschreibungen gleich mehrfach benachteiligt. Sie haben eine geringere Bonität als Großkonzerne und können sich die kostspielige Teilnahme an einer Ausschreibung oft gar nicht leisten oder sie personell nicht bewältigen – obwohl sie eine Anlage vielleicht günstiger bauen würden als ein großer Konkurrent. Das Ausschreibungsmodell kann also am Ende zu deutlichen Mehrkosten führen, statt zu einer Kostenersparnis. Wir fordern deshalb, Bürgerenergie-Projekte von diesem Modell teilweise auszunehmen – etwa über ein gesondertes Kontingent an Neubau-Projekten, bei denen die übermächtige Konkurrenz großer Anbieter außen vor bleibt.