Handelsblatt-Jahrestagung Erneuerbare Energien 2014

Onshore Wind als Säule der Energiewende

Mit der Bedeutung des Gezeitenwechsels für die Windenergiebranche befassten sich Martin Grundmann von der ARGE Netz GmbH und Helge Rau vom Windparkprojektierer wpd. Beide sehen noch Potenzial für neue Parks und Repowering-Projekte in Deutschland, doch müssten neue Geschäftsfelder und Märkte erschlossen werden. So sah Martin Grundmann großes Potenzial im Ausbau der Systemdienstleistungen und in neuen Allianzen auf dem Weg zur Industrie 4.0, beispielsweise in den Bereichen Energie und IT. Auch die Einführung von virtuellen Kraftwerken könne dezentral erzeugte regenerative Energie bündeln und schrittweise konventionelle Kraftwerke ablösen.

Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir sieht für Hessen noch viel Entwicklungspotenzial. „Wir kommen von ganz hinten“, so Al Wazir. Hessen sei ein Energie-Importland, das 30 bis 40 Prozent des Stromes importieren müsse. „Bis zum Ende der Legislaturperiode wollen wir den Anteil der erneuerbaren Energien von 12,5 Prozent auf 25 Prozent steigern.“ Dabei setzt die hessische Landesregierung vor allem auf Onshore Wind. „Unser Ziel ist es, zwei Prozent der Landesfläche als Windvorrangfläche auszuweisen“, erklärte Al Wazir.

„Am Anfang der Lernkurve“ – Offshore Windenergie in Deutschland

6,5 GW bis 2020 – die Bundesregierung hat im Rahmen der EEG-Novelle klare Ausbauziele für Offshore Windenergie vorgegeben. „Der Ausbaukorridor hat die Planungssicherheit für die Branche erhöht“, so Markus Tacke von Siemens Energy. Die Projekte für 2020 seien bereits in Planung, allerdings sei die Technologie noch jung: „Wir befinden uns am Anfang der Lernkurve.“  Doch lege man die Entwicklung der Kosten im Onshore Windbereich zugrunde, sei eine Kostensenkung um 40 Prozent – von 14,5 Cent pro kW/h auf 10 Cent in 2020 – realistisch. Potenzial zur Kostenoptimierung sehe er vor allem bei der Industrialisierung der Produktion von Fundamenten und Turbinen, aber auch beim Betrieb und der Wartung. Das Ziel: „In zehn Jahren werden Onshore- und Offshore-Wind die kostengünstigsten Energieträger sein“, zeigte sich Tacke optimistisch.

Photovoltaik im Wandel

Zuversichtlich zeigte sich auch Christopher Burghardt von First Solar: „Wenn man neue Anlagen vergleicht, sind die Gestehungskosten von PV-Freiflächenanlagen bereits heute wettbewerbsfähig und können zum Senken der Strompreise beitragen.“ Da sie vor allem tagsüber, wenn der Verbrauch am höchsten sei, Strom produziere, spiele Photovoltaik eine wichtige Rolle in der Gesamterzeugung von Energie. Auch die Marktintegration sieht Burghardt eher positiv. Gerade für PV-Freiflächenanlagen habe das Ausschreibungsmodell eine „wiederbelebende Wirkung“. Damit sprach er die geplante Pilotausschreibung für 400 bis 600 MW in 2015 an. Dabei solle aber nicht nur der Preis, sondern auch die Systemdienlichkeit darüber entscheiden, welches Projekt realisiert werde.

Ähnlich wie in der Windenergie sahen die PV-Experten bei der 5. Handelsblatt Jahrestagung aber auch die Notwendigkeit, neue Geschäftsmodelle zu erschließen – beispielsweise bei dezentralen Erzeugerstrukturen, die Strom, Wärme und Speicher kombinieren. Was die Wirtschaftlichkeit von Speichern angeht, gingen die Meinungen jedoch auseinander. Thomas Unnerstall von N-ERGIE geht davon aus, dass Speicher erst 2019 wirtschaftlich betrieben werden können: „Wir können neue Geschäftsmodelle in der Photovoltaik zum Erfolg führen – dafür brauchen wir aber einen langen Atem und Fehlertoleranz. Wir müssen viel lernen.“

Energiewende europäisch

Eine der größten aktuellen Herausforderungen für die Branche sehen Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien in einem harmonisierten europäischen Marktdesign, das Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit zu angemessenen Preisen sicherstellen soll. Mit einer höheren Nachfrage nach erneuerbaren Energien wird aber auch in Europa der Wettbewerb bei den Herstellern steigen und eine effektivere Serienproduktion mit Kostensenkungen auslösen, lautete das positive Fazit der Tagung.