Die Sonne scheint noch lange

Vom Ursprung der Solarenergie

Mit dem Borexino-Detektor im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor konnten Physiker (Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg, Technische Universitäten München und Dresden, Universitäten Mainz und Hamburg) die beim Verschmelzen zweier Wasserstoffkerne im Sonneninneren entstehenden Neutrinos direkt und in Echtzeit beobachten. Damit ist es zum ersten Mal in der Geschichte der Sonnenforschung gelungen, die Sonnenenergie im Moment ihrer Freisetzung zu messen. Diese Reaktion ist der erste Schritt der Kernfusion in Sternen wie unserer Sonne.

Bisherige Analysen der Sonnenenergie beruhten auf Messungen der Sonnenstrahlung von der Oberfläche, die uns Licht und Wärme bringt. Im Sonneninneren entsteht die Energie zusammen mit Neutrinos bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium. Der erste Schritt dabei ist das Verschmelzen von zwei Wasserstoffkernen (Protonen) zu einem Atomkern von schwerem Wasserstoff (Deuterium). Diese Reaktion ist Ausgangspunkt einer Kette von thermonuklearen Reaktionen, die etwa 99 Prozent der Sonnenenergie liefern und für die 15 Millionen Grad im Inneren unserer Sonne verantwortlich sind. Die Energie, welche die Sonnenoberfläche zum Leuchten bringt und die wir derzeit wahrnehmen können, ist jedoch bereits vor sehr langer Zeit im Inneren der Sonne freigesetzt worden. Denn im Durchschnitt braucht Strahlung über 100.000 Jahre, um aus dem dichten Sonneninneren an die Sonnenoberfläche zu gelangen.

Ganz anders verhalten sich die nun gemessenen Neutrinos: Weil Neutrinos mit anderer Materie kaum in Wechselwirkung treten und sich deshalb frei bewegen können, verlassen sie auch die Sonne wenige Sekunden nach ihrer Erzeugung. Sonnenneutrinos aus dem primären Fusionsprozess konnten die Wissenschaftler der Borexino-Kollaboration nun erstmals direkt messen. In den früheren radiochemischen Experimenten GALLEX und SAGE wurden zwar auch solare Neutrinos aus der Wasserstofffusion beobachtet, allerdings konnte man damals nicht deren Energie messen und hatte somit keine Information, aus welchen der Fusionsreaktionen die Neutrinos stammen. Borexino, das auch die Energie der Neutrinos bestimmen kann, hat seit seiner Inbetriebnahme 2007 schon Neutrinos aus den anderen Reaktionen des Fusionszyklus nachgewiesen.