Energiegespräche und Atom-Ultimatum an Russland

Hans-Josef Fell führt Gespräche mit Regierungsvertretern und Parlamentariern in Kiew

Eigentlich ist der grüne Energie-Experte und Energy-Watch-Präsident zu Gesprächen über erneuerbare Energien in die Ukraine gefahren, dann aber holte ihn die Krise ein. Er schreibt aus Kiew, dass „NATO und USA innerhalb weniger Tage  Befehlsmacht über die russische Atomwaffenabwehr erlangen könnten“.

Fells Gespräche gehen weiter, „weil sich endlich das Bewusstsein durchsetzt, dass die politische Ohnmacht der Ukraine und der EU gegenüber der russischen Aggression vor allem in der hohen Energieabhängigkeit von Russland begründet ist. Dazu werden auch in der Ukraine zunehmend Auswege gesucht.“

Ultimatum: Zugangscodes von 85 Prozent der russischen Atomwaffenabwehr an NATO und USA?
Entwarnung

Fell wunderte sich, dass ein fünftägiges Ultimatum der ukrainischen Firma Pivdenmasch von den Medien unbeachtet geblieben sei: Sie will „die in ihrem Besitz befindlichen Zugangscodes von 85 Prozent der russischen Atomwaffenabwehr an NATO und USA übergeben, falls Russland nicht sofort die Truppen aus der Ukraine abzieht.“

Fell hat den Text des Ultimatums, der in den ukrainischen Nachrichten kursiert übersetzt: „Wenn Russland nicht innerhalb von fünf Tagen seine Truppen abzieht und alle Städte freigibt, wird Pivdenmasch alle Informationen in Bezug auf die sogenannte nukleare Abwehr Russlands an die NATO und die USA geben, gemeinsam mit allen Codes und Frequenzen zur Raketenabwehr und -zerstörung! Die Russen sind sich dessen vielleicht nicht bewusst, aber nur dank der Ukraine verfügt Russland über diese Atomwaffenabwehr, wovon die Ukraine 85 % blockieren kann“ (ukrainische Medien). Die Medien hätten auch darüber berichtet, dass am 27.08.2014 „die Leiterin der Staatlichen Privatisierungsgesellschaft, Valentia Semenvyuk-Samsonenko, die auch Pivdenmasch privatisieren sollte, erschossen aufgefunden“ worden sei.

Konsequenzen „nicht zu Ende zu denken“

Fell: „Die Konsequenzen eines US- und NATO-Zugriffs auf die Codes der russischen Atomwaffen und Atomabwehr sind in ihrer Dimension überhaupt nicht zu Ende zu denken. Niemand in der Öffentlichkeit hat meines Wissens bisher ein solches Szenario für möglich gehalten. Klar ist nur: Es würde das Machtgefüge der Welt unabsehbar und grundlegend verändern.“

Fell findet es in diesem Zusammenhang „unglaublich“, dass „die Bundesregierung jüngst trotz aller russischen Aggression dem Verkauf der DEA, der Mineralöl-Tochter von RWE, an einen russischen Oligarchen zugestimmt hat und versucht, eine stärkere Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen mit einer den Ausbau der Erneuerbaren Energien bremsenden EEG-Novelle zu unterbinden“. Der Energy-Watch-Group-Präsident befürchtet in der Folge, dass „diese Zementierungen der Energieabhängigkeiten Deutschlands und der EU die politische Ohnmacht gegenüber den russischen Aggressionen weiter verschärfen“ würden.“

Am 08.09.2014 relativierte Fell nach Recherchen diese Information: „Ich hatte das Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit (BITS) gebeten, die Drohung der Firma Pivdenmasch zu analysieren. Der Leiter des BITS Otfried Nassauer konnte mit Hilfe seines internationalen Expertennetzwerk Folgendes herausfinden: Die schon zu Sowjetzeiten auf ukrainischem Boden aktive Firma Pivdenmasch liefert wie auch andere Firmen aus der Ukraine bis heute wichtige Komponenten für russische Atomraketen. Es wäre für Russland ausgesprochen schwierig, die nötige Expertise und Präzision auf russischem Territorium zu replizieren. Pivdenmasch könnte als Hersteller Kenntnis davon haben, wie solche Codes gemacht werden.
ABER: Die aktuellen Launch- und Blockadecodes (die regelmäßig gewechselt werden) werden von einem dem russischen Generalstab unterstellten mathematischen Fachinstitut entwickelt und sind der Firma Pivdenmasch sicherlich unbekannt. Zudem ist die letzte der angesprochenen SS-24 Scalpel-Interkontinentalraketen, zu der die Pivdenmasch-Codes angeblich gehören sollten, 2005 außer Dienst gestellt worden. Diese Raketen gibt es nicht mehr. Die Meldung kann daher in die Kategorie der psychologischen Kriegsführung und Propaganda eingeordnet werden, die es ja auch von ukrainischer Seite her gibt.“

->Quelle: