Greenpeace: Stromriesen in der Klemme

Große Energiekonzerne haben sich verkalkuliert

Die prekäre Wirtschaftslage der deutschen Energieriesen sei selbstverschuldet, sagt Greenpeace und stützt sich auf eine umfangreiche Analyse von Heinz-Josef Bontrup und Ralf-Michael Marquardt von der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen. Auslöser der prekären Lage aber ist nicht die Energiewende, sondern viel mehr gravierende und anhaltende Managementfehler der Stromriesen.

Die konkreten Probleme der Konzerne sind zum einen kontinuierlich sinkende Marktanteile im früheren Kerngeschäft der Stromversorgung. Zum anderen haben sich im Zukunftsgeschäft der Erneuerbaren Energien schlagkräftige neue Konkurrenten etabliert.  Das heißt: Die ehemaligen ‚Big 4‘ verlieren im alten Energiegeschäft und fassen auf dem neuen Strommarkt der Energiewende nicht Fuß – so die Studie.

„Stures Festhalten an überkommenem Geschäftsmodell“

Ob Atomausstieg, Energiewende oder der zu reformierende Emissionshandel – alles was den Versorgern heute die Geschäftszahlen verhagle, sei im Voraus absehbar gewesen. Doch während findige Stadtwerke, Energiegenossenschaften und kleine Ökostromanbieter den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantgerieben hätten, hätten die großen Stromkonzerne gebremst und für eine Laufzeitverlängerung ihrer Atomkraftwerke gekämpft. Die Konzerne hätten die Energiewende schlicht nicht wahr haben wollen. „Das Management der großen Versorger hat die Augen zu lange vor dem absehbaren neuen Energiemarkt verschlossen“, so Studienautor Bontrup. „Jetzt rächt sich das sture Festhalten an einem überkommenen Geschäftsmodell.“

Die Autoren sehen für die Konzerne kaum Aussicht auf wirtschaftliche Besserung. Der Schuldenstand ist hoch, die Kredit-Ratings sind schlecht. Zudem sinkt der Wert von konventionellen Kraftwerken beständig – während gleichzeitig der Anteil an Erneuerbaren Energien steigt. „Diese Schraubzwinge wird für die ehemaligen ‚Big 4‘ absehbar nicht lockerer werden, sondern enger“, fasst Co-Autor Marquardt zusammen.

„Steuerzahler soll nicht für Managementfehler aufkommen“

Die Folgen dieser Misere gehen über die schwachen Bilanzzahlen von RWE, Eon und Co hinaus: Die schlechten wirtschaftlichen Aussichten der Konzerne bedrohen deren finanzielle Verpflichtungen – etwa die Milliardenkosten für den Rückbau der Atommeiler und die Umweltfolgen des Braunkohletagebaus.

Für diese Kostenherde haben die Konzerne Gelder zurückgestellt. Gesichert werden diese größtenteils durch den Wert ihrer eigenen Kraftwerke. Doch deren Wert sinkt, die Rückstellungen werden unsicherer. „Die Bundesregierung muss dringend dafür sorgen, dass die Rückstellungen der Energieversorger in einer öffentlich-rechtlichen Stiftung gesichert werden“, fordert Greenpeace-Energieexperte Austrup. „Der Steuerzahler soll nicht für die Managementfehler von vormals blendend verdienenden Konzernen aufkommen müssen.“

[note Nicht nur die Big4 – energy watch-Präsident Hans-Josef Fell kommentiert: „Greenpeace hat nur die vier großen Stromkonzerne herausgestellt. Doch das dramatische Fehlverhalten gilt auch für andere Unternehmen der Energiebranche: Viele, vor allem größere Stadtwerke haben noch im letzten Jahrzehnt Neubaupläne für Kohle- und Erdgaskraftwerke verwirklicht und stehen nun vor dem Scherbenhaufen unrentabler Kraftwerke. Es ist nicht akzeptabel, der gerade der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) nun die Politik auffordert über Kapazitätsmärkte die Fehlentscheidungen der hochdotierten Vorstände der letzten Jahre auch noch nachträglich mit öffentlichen Geldern zu finanzieren.“]

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