Mikroalgen – kommerziell produziert

Vom Labormaßstab zur Großproduktion

Bevor eine bestimmte Algenart gezüchtet wird, untersuchen die Forscher vom IGB im Labor, unter welchen Bedingungen diese Algen am besten gedeihen. Ihre Kollegen vom CBP übertragen diese Bedingungen dann auf die große Anlage. „Was so einfach klingt, ist eine große Herausforderung, für das man viel Know-how braucht – denn es sind verschiedene Reaktoren miteinander verschaltet“, erläutert Schmid-Staiger. „Diese müssen beispielsweise zur gleichen Zeit mit den Algen versehen werden. Zudem sollten die Algen in jedem gleich gut wachsen, damit sie zur gleichen Zeit geerntet werden können.“ Die Forscher starten zunächst mit 6-Liter-Reaktoren, von denen sie mehrere miteinander koppeln, und übertragen die Ergebnisse anschließend auf 30- und 180-Liter-Volumen.

„Mit der Anlage in Leuna erhalten wir jetzt ausreichend Biomasse für weiterführende Experimente im Pilotmaßstab“, so Gordon Brinitzer, Ingenieur am CBP. „Auch kann die Betriebsmannschaft so wichtige Erfahrungen für den Betrieb solcher Großanlagen sammeln. Zukünftig könnte daraus der Beruf des Algenfarmers entstehen.“ Das gesamte Fassungsvermögen der Pilotanlage umfasst im Gewächshaus 65 Reaktoren mit 3,6 Kubikmetern, in der Freilandanlage 45 Reaktoren mit 8,1 Kubikmetern Inhalt.

Aus den geernteten Algen löst eine Extraktionsanlage die fettlöslichen Inhaltstoffe heraus – etwa Omega-3-Fettsäuren. Oder aber die Wasserpflanzen gehen an Partner und Kunden, die sie dann weiterverarbeiten. So nutzen Landwirte die Algen für den ökologischen Anbau, etwa zur Pilz- oder Insektenbekämpfung. Denn ihr Geruch vertreibt beispielsweise Kohlfliegen: Sind Algen unter den Dünger gemischt, legen die Fliegen ihre Eier lieber anderswo ab. „Da die Herstellung der Mikroalgen nach wie vor teuer ist, liegt das Ziel vor allem darin, möglichst viele Wertstoffe zu nutzen“, fasst Schmid-Staiger zusammen.

Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna schließt die Lücke zwischen Labor und industrieller Umsetzung. Durch die Bereitstellung von Infrastruktur und Technikums-/Miniplant-Anlagen ermöglicht das Fraunhofer CBP Kooperationspartnern aus Forschung und Industrie die Entwicklung und Skalierung von biotechnologischen und chemischen Prozessen bis zum industriellen Maßstab.

Auf mehr als 2.000 m² Fläche für Anlagen, Technika, Labors, Büro- und Lagerräume entstand innerhalb der letzten fünf Jahre, dank der Anschubfinanzierung durch das Land Sachsen-Anhalt, Projektförderungen über das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie die Fraunhofer-Gesellschaft, eine einmalige Plattform zur Entwicklung neuer Verfahren bis in produktrelevante Dimensionen mit direkter Anbindung an die chemische Industrie einerseits und die Fraunhofer-Forschung andererseits. Nach erfolgreicher Evaluierung 2014 wird die Projektgruppe am Fraunhofer CBP mit Beginn des Jahres 2015 in die Bund-Länder-Finanzierung der Fraunhofer-Gesellschaft überführt.

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