Entwickelt sich die EU nachhaltig?

Statistische Bewertung von Eurostat

Am 01.09.2015 veröffentlichte das statistische Amt der EU Eurostat den sechsten Fortschrittsbericht über die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung. Daraus geht hervor, dass sich die Hälfte der Leitindikatoren des Berichts zum Negativen verändert hat: 2013 war fast jede vierte (24,5 Prozent) Person in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Deutschland liegt zwar unter dem EU-Durchschnitt, aber immer noch verfügen 20,3 Prozent der Deutschen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens.  Am stärksten sind die Menschen in Bulgarien betroffen (48 Prozent).

In dem Bericht werden die Fortschritte im Rahmen der EU-SDS (EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung – EU-SDS) anhand von mehr als 100 Indikatoren für nachhaltige Entwicklung bewertet, die in zehn Themenbereiche gegliedert werden. Bei der Bewertung werden zwei Zeiträume betrachtet: der langfristige Zeitraum unter Berücksichtigung der Fortschritte seit dem Jahr 2000 und der kurzfristige Zeitraum mit den Trends in den letzten fünf Jahren. Die Fortschritte werden anhand von Wettersymbolen bildlich dargestellt, die anzeigen, ob die Entwicklungen in diesen beiden Zeiträumen vorteilhaft oder nachteilig waren. Thematische Kapitel enthalten eine detaillierte Bewertung jedes Themenbereiches.

Durch die Politik für nachhaltige Entwicklung soll eine kontinuierliche Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger herbeigeführt werden. Dazu gehört das Streben nach wirtschaftlichem Fortschritt unter Wahrung der natürlichen Umwelt und Förderung der sozialen Gerechtigkeit. Die wirtschaftliche, die ökologische und die soziale Dimension sind Teil der EU-SDS, die im Jahr 2001 angenommen und 2006 erneuert wurde. Durch die Einführung von Verfahren für eine gute Staatsführung einerseits und einer globalen Partnerschaft für eine nachhaltige Entwicklung andererseits, umfasst die EU-SDS auch eine institutionelle und eine globale Dimension. Anhand dieser fünf Dimensionen werden im Rahmen der EU-SDS Ziele und Vorgaben festgelegt, durch welche die EU auf einen Weg der nachhaltigen Entwicklung geführt werden soll. Der Fortschrittsbericht von Eurostat bietet alle zwei Jahre eine quantitative Bewertung der Frage, ob die EU sich in die richtige Richtung bewegt.

Unverkennbar vorteilhafte Entwicklung bei drei Leitindikatoren, gewisse Verbesserungen bei zwei weiteren

Die Ressourcenproduktivität, der Leitindikator des Themas „Nachhaltigkeit bei Verbrauch und Produktion“, hat sich seit 2002 dank einer allgemeinen Verringerung des Inlandsmaterialverbrauchs und eines Anstiegs des BIP erheblich verbessert. Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer, der Leitindikator des Themas „Demografischer Wandel“, hat seit 2002 stetig zugenommen, und die EU hat im Jahr 2013 schließlich das Beschäftigungsziel von 50% für ältere Arbeitnehmer erreicht, das ursprünglich für das Jahr 2010 angestrebt worden war. Eine eindeutig positive Entwicklung war auch für Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) zu verzeichnen, einem der Leitindikatoren des Themas „Klimawandel und Energie“. Die THG-Emissionen sind langfristig stetig zurückgegangen. Sollte dieser Trend anhalten, wird die EU wahrscheinlich ihr für 2020 festgelegtes Ziel übertreffen, die Emissionen gegenüber den Werten von 1990 um 20% zu verringern.
Im Rahmen der wirtschaftlichen Dimension der nachhaltigen Entwicklung zeichnet der Leitindikator Reales BIP pro Kopf ein insgesamt vorteilhaftes Bild für die EU. Der Indikator stieg zwischen 2000 und 2014 um mehr als 13%. Die Lebenserwartung ist langfristig leicht angestiegen, was positive Entwicklungen im Bereich „Öffentliche Gesundheit“ erkennen lässt.

Leicht nachteilige Veränderungen bei fünf der zehn Leitindikatoren

Der Leitindikator des Themas „Soziale Eingliederung“ hat sich langfristig leicht nachteilig entwickelt, da im Jahr 2013 fast jede vierte Person in der EU weiterhin von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht war. Beim Primärenergieverbrauch, dem zweiten Leitindikator des Themas „Klimawandel und Energie“, war bis 2006 ebenfalls eine ungünstige Entwicklung zu verzeichnen. Seitdem kam es jedoch zu einer Trendwende und damit zu einem stetigen Rückgang des Primärenergieverbrauchs. Die divergierenden lang- und kurzfristigen Bewertungen spiegeln diese Trendwende wider. Ähnliche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Trends des Energieverbrauchs des Verkehrs im Verhältnis zum BIP ziehen, dem Leitindikator des Themas „Nachhaltiger Verkehr“. Bei diesem Leitindikator ist ein langfristig leicht nachteiliger, kurzfristig jedoch ein unverkennbar vorteilhafter Trend zu verzeichnen. Die Bestandssituation bei den weit verbreiteten Vogelarten, dem Leitindikator des Themas „Natürliche Ressourcen“, hat sich langfristig verschlechtert. Die kurzfristigen Entwicklungen waren aufgrund des deutlichen Rückgangs bei der Vielfalt der Ackerlandvogelarten sogar noch gravierender. Was schließlich die Verpflichtungen im Bereich „Globale Partnerschaft“ betrifft, so ist der Anteil des Bruttonationaleinkommens (BNE), den die EU für die öffentliche Entwicklungshilfe ausgibt, zu langsam gestiegen, um die EU in die Nähe ihres seit langem bestehenden Ziels, 0,7% ihres BNE der öffentlichen Entwicklungshilfe zu widmen, zu bringen. Dennoch ist die EU weiterhin der weltweit größte Geldgeber, und ihr Anteil an der öffentlichen Entwicklungshilfe für Länder mit niedrigem Einkommen hat langfristig stärker zugenommen. Ferner ist festzuhalten, dass bei den meisten Indikatoren des Themas „Globale Partnerschaft“ günstige Trends zu verbuchen sind.

->Quellen: