Kapazitätsmärkte vom Tisch

Entwurf für Strommarktgesetz bekannt geworden

Bundeswirtschafts- und Energieminister Gabriel hat jetzt offenbar die Diskussion um die Kapazitätsmärkte beendet: Sie werden nicht kommen. Das steht so im Entwurf für ein Gesetz zum Strommarkt 2.0, der in Berlin bekannt wurde. Damit sind Energiebranche (BDEW), Gewerkschaften (IG BCE, ver.di) und vku  endgültig mit ihren Forderungen nach neuen Dauersubventionen für fossile Kraftwerke auf taube Ohren gestoßen. Allerdings wird die geplante Reserve die Verbraucher viel Geld kosten.

Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Die großen Strom-Konzerne wie Eon und RWE, die sich nicht rechtzeitig auf den Ökostrom-Boom eingestellt haben und deren Gewinne und Aktienkurse entsprechend kränkeln, wollten hohe Prämien durchsetzen, wenn sie der Kapazitätsmarkt-Idee folgend unrentable Kohlekraftwerke im großen Stil in eine Strommarkt-Reserve überführt hätten. Nach der EEG-Reform gilt der Umbau zum Strommarkt 2.0 als Gabriels wichtigstes Vorhaben bis zur nächsten Bundestagswahl 2017 – kein Wunder, betrifft er doch jeden Wähle direkt.

„Kapazitätsmärkte führen zu Überkapazitäten und Regulierungsversagen“

„Der Preis für Elektrizität bildet sich nach wettbewerblichen Grundsätzen frei am Markt. Die Höhe der Strompreise am Großhandelsmarkt wird regulatorisch nicht beschränkt“ – Staatssekretär Baakes “Grundgesetz für den Strommarkt“ hat Eingang in den Referentenentwurf gefunden. Und weiter: „Kapazitätsmärkte führen sehr häufig zu Überkapazitäten, weisen eine hohe Komplexität auf und bergen eine erhebliche Gefahr von Regulierungsversagen“. Damit ist die Entscheidung für eine Entwicklung hin zu einem Strommarkt 2.0 gefallen, mit geringeren Kosten und Risiken.

Jakob Schlandt im phasenprüfer: „Mit 127 dicht bepackten Seiten (inklusive Begründungen) ist es ein Mammutwerk. Als sogenanntes ‚Artikelgesetz‘ schafft es keinen eigenen Rechtsraum, sondern enthält Änderungen an der Mehrzahl der für die Energiewirtschaft relevanten Gesetze und Verordnungen. Im Einzelnen sind das:

  • Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
  • Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
  • Stromnetzentgeltverordnung
  • Stromnetzzugangsverordnung
  • Reservekraftwerksverordnung
  • Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung
  • Anlagenregisterverordnung
  • Gesetz zur Neuregelung
    energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften.“

Verbände wie der BDEW und Gewerkschaften wie ver.di und die IGBCE hatten sich stark für die Einführung von Kapazitätsmärkten eingesetzt – die dicke Sonderprämien für das Vorhalten konventioneller Kraftwerke vorgesehen hätten. Deren Betreiber argumentierten mit Arbeitsplätzern und hofften so, ihre unrentablen Meiler weiter erhalten zu können. Allerdings hatte das BMWi schon im Weiß- und Grünbuch klar Signale in Richtung des Strommarkt 2.0 und gegen Kapazitätsmärkte gesetzt.

BMWi: Strommarkt 2.0 -Ein Strommarkt für die Energiewende – Das Anfang Juli 2015 vorgelegte Weißbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ war Ergebnis eines breiten und transparenten Diskussionsprozesses zur Gestaltung des Strommarktes. Im Oktober 2014 hat das BMWi ein Grünbuch veröffentlicht und vier Monate zur öffentlichen Konsultation gestellt. Die Beteiligung war rege: Rund 700 Stellungnahmen von Behörden, Verbänden, Gewerkschaften, Unternehmen und Bürgern sind eingegangen und in das Weißbuch eingeflossen. Im Weißbuch spricht sich das BMWi klar für eine Weiterentwicklung des Strommarktes hin zu einem Strommarkt 2.0 und gegen die Einführung eines Kapazitätsmarktes aus. Im Strommarkt 2.0 refinanzieren sich die benötigten Kapazitäten über bestehende Marktmechanismen. Das Weißbuch enthält die Eckpunkte für 20 Maßnahmen, mit denen der Strommarkt 2.0 umgesetzt wird.

Folgt: „Kapazitäts- und Klimareserve“ als „Kapazitätsmarkt light“