Widersprüchliches übers Ozonloch

DLR: Ozonloch erreicht wieder Rekordniveau

Hieß es noch vor einem Jahr, das Ozonloch über der Antarktis werde sich nach UN-Prognosen bis zur Mitte des Jahrhunderts wieder völlig erholen, so gibt jetzt das DLR Entwarnung von der Entwarnung: Das Ozonloch über der Antarktis erstreckt sich derzeit über 26 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche, größer als der nordamerikanische Kontinent. Aktuell ist es um circa 2,5 Millionen km2 größer als zum selben Zeitpunkt im Jahr 2014.

Nur 2006 sei es mit 27 Millionen km2 noch größer. Mit Hilfe von Satelliten haben Wissenschaftler des Erdbeobachtungszentrums (EOC) am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) diese Entwicklung dokumentiert. Sie beobachten permanent die schützende Ozonschicht und analysieren die Veränderungen.

Der starke Ozonabbau über der Antarktis ist ein jährlich wiederkehrendes Phänomen. In der Stratosphäre, in einer Höhe von circa 10 bis 50 Kilometern, haben sich Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) über den Winter bei tiefen Temperaturen angereichert. Jetzt, im Frühling auf der Südhemisphäre, führt die Sonneneinstrahlung dazu, dass diese Stoffe ihre ozonzerstörende Wirkung entfalten. Daher erreicht das Ozonloch seine maximale jährliche Ausdehnung in den Frühlingsmonaten der Südhalbkugel und schließt sich im dortigen Spätfrühjahr. Zuletzt schien sich das Ozonloch stabilisiert zu haben, so dass eine ganz allmähliche Erholung der Ozonschicht vermutet wurde. Dieses Jahr hat sich das Ozonloch jedoch einen Monat später gebildet und ist jetzt nahezu so groß wie vor neun Jahren.

Veränderte Luftströmungen in der oberen Atmosphäre

Die aktuelle Größe des Ozonlochs und sein verspätetes Auftreten überraschten die DLR-Wissenschaftler. Bei ihren Analysen zu den Ursachen anhand von Satellitendaten konnten sie veränderte Luftströmungen in der Stratosphäre beobachten, die als mögliche Ursache für das Ausmaß des derzeitigen Ozonloches in Frage kommen.

Die Zirkulation in der Stratosphäre wird dominiert durch sogenannte planetare Wellen, die auch für den Luftaustausch zwischen den Polargebieten und den mittleren Breiten sorgen. Prof. Dr. Michael Bittner, verantwortlich für das Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre im EOC sagt: „Noch im August 2015 beobachteten wir eine ungewöhnlich starke südliche Strömung, die warme und ozonreichere Luftmassen aus niedrigeren Breiten über die Antarktis lenkt. Der typische polare Wirbel, der für eine Isolation der Antarktis sorgt, konnte sich unter diesen Bedingungen nicht gut entfalten.“ Ende August änderte sich die Situation dann abrupt: Die Zufuhr warmer Luftmassen stoppte. Es folgte eine sehr ruhige atmosphärische Phase. In dieser hat sich der polare Wirbel über der Antarktis derart stabilisiert, dass verstärkt Ozon abgebaut wird. Ein riesiges, fast kreisrundes Ozonloch entstand.

„Das Beispiel zeigt die enorme Bedeutung der Erdbeobachtung: Nur mit Satelliten können derart großräumige Veränderungsprozesse beobachtet und verstanden werden“, sagt Prof. Dr. Stefan Dech, Direktor im EOC. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Klimawandel auch die Ausprägung der genannten planetaren Wellen verändert. Auf diese Weise dürfte der Klimawandel also auch Auswirkungen auf die Ozonlochsituation haben. Die Details sind dabei Gegenstand der aktuellen Forschung.

Das Erdbeobachtungszentrum des DLR entwickelt seit vielen Jahren Prozessoren zur hochgenauen Ableitung von Spurengasinformationen aus Satellitendaten. Gleichzeitig betreibt es ein Weltdatenzentrum für Fernerkundung der Atmosphäre und entwickelt Verfahren zur Früherkennung von Klimasignalen in der Atmosphäre.

[note Im September 2014 meldete der FOCUS mit Quelle dpa: „Zur Abwechslung einmal gute Nachrichten – UN-Experten sagen voraus: Die Ozonschicht erholt sich wieder komplett. Bis zur Mitte des Jahrhunderts könnten wieder Ozonwerte in der Größenordnung der 1980er Jahre erreicht werden. Dies geht aus einem in New York veröffentlichten Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hervor. Die Fachleute führen die Entwicklung vor allem auf das Montrealer Protokoll von 1987 zurück. Darin haben sich zahlreiche Staaten dem Schutz der Ozonschicht verschrieben und die Produktion von ozonschädigenden Chemikalien, vor allem von FCKW, gestoppt. Die Experten schätzen: Von 1989 bis 2030 könnten so jährlich im Durchschnitt zwei Millionen Fälle von Hautkrebs verhindert worden sein.]

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