Die Stromversorgung der Zukunft

Wie können Stromüberschüsse verwendet werden?

Power-to-Heat ist eine kostengünstige Möglichkeit, überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien sinnvoll zu verwenden, da die Investitionskosten gering sind. In den Warmwassertanks klassischer Heizsysteme werden zusätzlich zu den Erdgas- oder Erdölbrennern Tauchsieder installiert. Sie erhitzen das Wasser, wenn überschüssiger Wind- und Photovoltaikstrom zur Verfügung steht, so dass sich der Gas- beziehungsweise Ölverbrauch reduzieren lässt.

Der Einsatz von Power-to-Gas als reine Flexibilitätstechnologie lohnt sich wohl erst, wenn eine erhebliche Überinstallation von Wind- und Photovoltaik-Anlagen erfolgt, um auch andere Sektoren zu elektrifizieren und damit zu dekarbonisieren. Der Grund: Die Investitionskosten der Elektrolyseure und Methanisierungsanlagen sind so hoch, dass sich der Betrieb nur bei einer hohen Auslastung lohnt.

Geringere Abhängigkeit von Energieimporten – was sind die Folgen?

Erdgaskraftwerke sind flexibel regelbar, kostengünstig und verursachen im Vergleich zu Kohlekraftwerken geringere CO2-Emissionen. Dies führt in einigen Szenarien dazu, dass der Erdgasverbrauch 2050 etwa doppelt so hoch wie heute ist. Die damit verbundene Abhängigkeit von Erdgas-Importen birgt jedoch Risiken für die Versorgungssicherheit. Reduzieren lässt sich der Erdgaseinsatz durch einen hohen Anteil an Wind- und Photovoltaikstrom, die gezielte Langzeitspeicherung von Überschüssen und einen hohen Einsatz von Biogas.

Auch Braunkohle mit Carbon Capture and Storage (CCS) wäre eine Option, sowohl den Erdgas- als auch den Biogasbedarf zu verringern. Derzeit ist jedoch nicht absehbar, dass der Einsatz der CCS-Technologie von der Gesellschaft mitgetragen würde.

Eine weitere Alternative ist die geothermische Stromerzeugung. Allerdings müssten die Kosten der Technologie um 75 Prozent sinken, um damit wirtschaftlich vertretbare Stromgestehungskosten zu erzielen – ein äußerst ambitioniertes Ziel, das erhebliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen erfordern würde. Wie auch Braunkohlekraftwerke erfordern geothermische Kraftwerke zudem immer eine hohe Auslastung, um wirtschaftlich zu sein. Daher kommen beide Technologien nur bei einem eher geringen Wind- und Photovoltaikanteil in Frage.

Methodik
Modellrechnungen und Arbeitsweise

Ausgehend von repräsentativen Energieszenarien wurde der jeweilige Flexibilitätsbedarf ermittelt. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für Modellrechnungen: Auf Basis des Wind- und Photovoltaikanteils sowie des Stromverbrauchs der Energieszenarien wurde das Portfolio der Flexibilitätstechnologien so berechnet, dass die mittleren Stromgestehungskosten möglichst gering sind.

Um die Technologien im Modell realistisch abbilden zu können, haben mehr als 100 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft die Flexibilitätstechnologien für das Jahr 2050 analysiert und deren technischen Fortschritte sowie Kostenentwicklungen abgeschätzt. Mögliche Hindernisse durch Materialengpässe, fehlende Akzeptanz und rechtliche Rahmenbedingungen wurden ebenfalls ermittelt.

Auf dieser Basis wurden rund 130 mögliche Konstellationen des Stromsystems berechnet. Ihnen liegen jeweils unterschiedliche politisch-gesellschaftliche Rahmenbedingungen zugrunde, etwa unterschiedlich hohe CO2-Einsparziele, Präferenzen für bestimmte Technologien oder geopolitische Risiken.

Vereinfachungen und Annahmen

Die Berechnungen beschränken sich auf Deutschland, Kapazitäten zur Bereitstellung von Flexibilität in den europäischen Nachbarländern wurden nicht berücksichtigt. Im Fokus steht außerdem das Stromsystem. Die Sektoren Wärme und Verkehr wurden nur insofern einbezogen als sie gesicherte ganzjährige Flexibilität für das Stromsystem liefern können. So wurden beispielsweise die Prozesswärme in der Industrie berücksichtigt, nicht aber Gebäudeheizungen.

Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass alle Anlagen im Jahr 2050 „auf der grünen Wiese“ neu errichtet werden. Tatsächlich setzen technische und wirtschaftliche Fortschritte wie Wirkungsgradsteigerungen und Kostensenkungen in der Regel voraus, dass die Technologien fortlaufend weiterentwickelt werden. Die damit verbundenen Kosten der Systemtransformation sind somit nicht erfasst. Gleiches gilt für Marktmodelle, die in der Praxis andere Systemkonstellationen begünstigen. So könnten etwa Verbraucher wesentlich mehr eigene Speicher installieren, um ihre betriebswirtschaftlichen Kosten zu optimieren.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Experten sind hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht werden. Für die gemeinsame Initiative „Energiesysteme der Zukunft“ hat acatech die Federführung übernommen.

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