Ende der Plastiktüte verschoben

DUH: Umweltministerin Hendricks und Handelsverband Deutschland verhindern – Unions-Fraktion: Kostenpflicht für Kunststofftüten richtiger Ansatz

Die freiwillige Selbstverpflichtung des deutschen Handels zu Plastiktüten ist voller Schlupflöcher und soll eine funktionierende gesetzliche Regelung verhindern. Umweltministerin Hendricks verlängerte den massenhaften Verbrauch von Plastiktüten durch einen faulen Kompromiss mit dem Handelsverband Deutschland.  Die Deutsche Umwelthilfe forderte am 10.02.2016 Bundestagsabgeordnete auf, eine bundesweite Plastiktütenabgabe von 22 Cent über das Parlament zu initiieren. Die Union im Bundestag findet den Ansatz allerdings richtig.

Durch eine seit April 2015 gültige europäische Richtlinie zu Plastiktüten steht das umweltschädliche Wegwerfprodukt vor dem Aus. Viele europäische Länder, wie zum Beispiel Irland, Dänemark oder England, haben bereits wirksame gesetzliche Maßnahmen zu deren Vermeidung umgesetzt und die Plastiktütenflut erfolgreich eingedämmt. Nicht so in Deutschland, denn Umweltministerin Barbara Hendricks plant statt einer wirksamen gesetzlichen Regelung eine freiwillige Vereinbarung mit dem Handel, die voller Schlupflöcher ist und die milliardenfache Herausgabe von Plastiktüten auch in Zukunft ermöglicht. Ab dem 1. April 2016 möchte ein Teil der deutschen Händler freiwillig einen nicht näher festgelegten Preis für Plastiktüten verlangen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass diese geplante Vereinbarung die Menge an verbrauchten Plastiktüten in Deutschland nicht signifikant senken wird und fordert stattdessen die Einführung einer gesetzlichen Abgabe von mindestens 22 Cent.

„Ausgerechnet mit dem bisher in der Umweltpolitik ausnahmslos gescheiterten Instrument der ‘freiwilligen Selbstverpflichtung‘ will nun das BMUB die Plastiktütenflut stoppen. Der vom Handelsverband Deutschland für den 1. April angekündigte Vorschlag ist nicht mehr als eine Nebelkerze. Er sieht weder vor, eine konkrete Höhe des Preises für Plastiktüten festzulegen, noch soll es Sanktionsmaßnahmen geben, falls sich Händler nicht an die Selbstverpflichtung halten. Die deutsche Bundesumweltministerin lässt sich die Regelung einmal mehr von der Wirtschaft diktieren“, kritisiert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Deutschland: Pro Jahr mehr als sechs Milliarden Plastiktüten

In Deutschland werden pro Jahr mehr als sechs Milliarden Plastiktüten verbraucht. Die DUH fordert seit langem eine einheitliche gesetzliche Abgabe auf Einweg-Plastiktüten in Höhe von 22 Cent pro Stück. Nach Einschätzung von Resch will der deutsche Einzelhandel noch immer nicht auf Plastiktüten als besonders günstiges Marketinginstrument verzichten. Er verweist auf die in Irland erfolgreich eingeführte Abgabe in Höhe von 22 Cent. Sie konnte den Plastiktütenverbrauch in Irland von 328 pro Kopf und Jahr auf nur noch 16 Stück senken.

„Wenn die Händler in Deutschland selbst festlegen dürfen, wie viel eine Plastiktüte kostet, darf man daran zweifeln, ob deren Verbrauch wirklich sinken wird. Die Verpflichtung gilt zudem nur für die Mitglieder des Handelsverbandes Deutschland. Dreißig Prozent der deutschen Handelsunternehmen gehören dem Verband jedoch gar nicht an. Außerdem weigert sich bereits jetzt ein großer Teil des Textilhandels für Plastiktüten Geld zu verlangen und wird die Selbstverpflichtung boykottieren“, erklärt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Die DUH betont, dass bereits ein sehr geringer Preis für Plastiktüten dazu führen kann, dass Unternehmen an ihnen Geld verdienen und sich deren Angebot erst recht lohnt. Bei einer gesetzlichen Abgabe verbleibt das Geld jedoch beim Staat und die Plastiktüte wird unattraktiv. Mit den Einnahmen einer Plastiktütenabgabe könnten Projekte zur Vermeidung von Abfall finanziert werden.

Eine Richtlinie der Europäischen Union vom April 2015 verpflichtet die Bundesregierung, den Verbrauch von Plastiktüten deutlich zu reduzieren. Ab 2020 soll der Verbrauch auf 90 Plastiktüten und ab 2026 auf 40 Stück pro Einwohner gesenkt werden. Derzeit werden in Deutschland pro Kopf und Jahr 76 Plastiktüten verbraucht. In anderen europäischen Ländern sind es deutlich weniger: In Luxemburg 20 und in Dänemark sowie Finnland nur 4 Tüten pro Kopf und Jahr.

[note Marie-Luise Dött und Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU-Fraktion): Kostenpflicht für Kunststofftüten ist richtiger Ansatz – Handel will Tüten aus Kunststoff nicht mehr kostenlos abgeben
Am 09.02.1016 hat der Handel angekündigt, künftig Tüten aus Kunststoff nicht mehr kostenlos abzugeben. Auf diese Weise soll der Verbrauch von Kunststofftüten verringert werden. Hierzu erklären die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Marie-Luise Dött und der zuständige Berichterstatter Thomas Gebhart:
„Wir hatten dem Handel bereits im April vergangenen Jahres vorgeschlagen, eine freiwillige Selbstverpflichtung einzugehen, wonach Tüten aus Kunststoff nicht mehr kostenlos abgegeben werden. Auch das Bundesumweltministerium hatten wir aufgefordert, Gespräche mit dem Handel über eine sinnvolle Ausweitung der freiwilligen Selbstverpflichtung auf Bereiche über den Lebensmittelhandel hinaus zu führen. Wir freuen uns, dass unser Vorschlag aufgegriffen wurde und jetzt ein Erfolg zu vermelden ist. Die vom Handel vereinbarte Bezahlpflicht für Kunststofftüten ist eine unbürokratische und einfache Lösung für mehr Ressourcenschutz und weniger Abfall. Wir erwarten, dass sich jetzt schnell alle Unternehmen an dieser Initiative beteiligen.“]

Hintergrund:

Aufgrund einer EU-Richtlinie müssen die EU-Mitgliedsstaaten entscheiden, ob sie eine Bezahlpflicht bis 2018 einführen oder bestimmte Reduktionsziele anstreben. Der Verbrauch pro Kopf soll bis 2019 auf 90 und bis 2025 auf 40 Tüten verringert werden. Im Durchschnitt verbraucht jeder Deutsche gut 70 Tüten pro Jahr. Damit liegen wir deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 198 Tüten. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Vermüllung durch Plastiktüten in Deutschland zudem ein geringeres Problem. Der weit überwiegende Teil der Plastiktüten wird hierzulande über funktionierende Recyclingsysteme umweltverträglich entsorgt. Dennoch kann der Verbrauch auch in Deutschland weiter reduziert werden.

Die Vereinbarung für die Handelsunternehmen, wonach Plastiktüten in Zukunft nur noch gegen Entgelt herausgegeben werden sollen, soll ab April 2016 umgesetzt werden. Durch kostenpflichtige Tüten soll ein Anreiz entstehen, künftig auf selbst mitgebrachte Transportmöglichkeiten auszuweichen oder gekaufte Tüten mehrmals wiederzuverwenden“

->Quellen: