Risiko bis heute

Reaktorruine bis heute Gefahr für Menschen in ganz Europa

Von der Reaktorruine geht bis heute eine Gefahr für die Menschen durchaus in ganz Europa aus. Der Sarkophag über dem havarierten Reaktor vier, der 1986 hastig errichtet wurde, hat seine Altersgrenze erreicht. Es war deshalb ein wichtiger Erfolg der deutschen G7-Präsidentschaft im vergangenen Jahr, dass die großen Industriestaaten gemeinsam mit vielen anderen Ländern die Finanzierung für den Weiterbau der neuen Schutzhülle fest zugesagt haben. Wir werden versuchen, auch darüber hinaus zu helfen. Weite Landschaften der Ukraine, Russlands und Weißrusslands sind bis heute belastet.

Hunderttausende leiden unter den Folgen. Sie sind heimatlos, sie sind erkrankt, oder sie pflegen kranke Angehörige. Wir lassen diese Menschen nicht allein. Das zeigt auch das Engagement der vielen ehrenamtlichen Gruppen aus ganz Europa, die sich den Opfern widmen.

Dank an die Antiatomkraftbewegung

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Tschernobyl gab denjenigen recht, die schon lange vor den Gefahren der Atomkraft gewarnt hatten, in Wyhl, in Brokdorf, in Wackersdorf, in Kalkar und an vielen anderen Orten. Gerade weil die Atomkraftgegner über lange Zeit so manches an Schmähungen über sich haben ergehen lassen müssen und sogar in die Ecke von Staatsfeinden gerückt wurden, sage ich heute in diesem Hohen Haus: Die Antiatomkraftbewegung war keine gegen den Staat gerichtete Bewegung. Ganz im Gegenteil: Es waren Freunde des Staates und der Gesellschaft, weil sie nicht hinnehmen wollten, dass wir alle den Risiken einer zu gefährlichen Art der Energieerzeugung ausgesetzt sind. Ich danke diesen Menschen heute ganz ausdrücklich; denn sie haben sich um unser Land verdient gemacht.

Dass es bis Fukushima brauchte, bis alle Fraktionen dieses Hauses sich hinter dem Ziel eines zügigen Ausstiegs aus der Atomenergie versammelt haben, gehört natürlich zur Geschichte dazu. Fukushima liefert den endgültigen Beweis, dass es auch in hochindustrialisierten Ländern mit hohen Sicherheitsstandards zu Ereignissen kommen kann, die zu nicht mehr beherrschbaren Störfällen führen. Auch dort mussten Hunderttausende ihre Heimat verlassen. Auch dort wurden unter anderem Mitarbeiter der Firma Tepco gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, um die Katastrophe einzudämmen.

Sorgen wegen Philippsburg, Fessenheim, Tirange und Doel

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 2022 wird das letzte deutsche Atomkraftwerk abgeschaltet. Unsere Arbeit ist aber noch nicht getan. Die Sicherheit der Atomkraftwerke muss bis zum letzten Betriebstag gewährleistet bleiben. In den vergangenen 30 Jahren haben Bund und Länder dafür gesorgt, dass die deutschen Atomkraftwerke ein hohes Sicherheitsniveau haben. Wir müssen für die gleiche Sicherheit sorgen, wenn wir die Meiler stilllegen und zurückbauen; das sage ich auch im Hinblick auf die Vorkommnisse im AKW Philippsburg. Wir werden die Bewertung des Sachverhaltes und die Maßnahmen des Betreibers EnBW und der baden-württembergischen Landesregierung abwarten. Klar ist aber, dass sowohl der Betreiber als auch die zuständigen Landesbehörden solche Täuschungen nicht dulden dürfen.

Gerade die letzten Wochen zeigen, dass trotz des deutschen Atomausstiegs Risiken bestehen bleiben. Radioaktivität macht an Grenzen ja nicht halt. Fessenheim, das nächst gelegene französische Atomkraftwerk, liegt, wie wir wissen, direkt am Rhein. Besondere Sorgen machen uns die belgischen Kraftwerke Tihange und Doel. Natürlich liegt die Entscheidung für oder gegen die Nutzung der Atomenergie in der nationalen Souveränität des jeweiligen Staates. Aber ich erwarte, dass unsere Nachbarn die Sorgen der Menschen in den Grenzgebieten ernst nehmen und für ein höchstmögliches Sicherheitsniveau sorgen. Das ist auch der Grund, warum ich die belgische Regierung gebeten habe, die Blöcke Tihange zwei und Doel drei bis zur Klärung aller Sicherheitsfragen vom Netz zu nehmen. Ich bedauere sehr, dass dieser dringenden Bitte von belgischer Seite bislang nicht entsprochen wurde.

Deutschland hat sich auf EU-Ebene mit Erfolg für die Festlegung von verbindlichen Sicherheitszielen in der Europäischen Union und für ein System wechselseitiger Kontrolle stark gemacht. Wir setzen uns außerdem für eine verpflichtende grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung ein, wenn unsere Nachbarn Laufzeiten verlängern. Wir werden uns weiterhin mit ganzer Kraft für ein hohes Sicherheitsniveau in Europa und weltweit einsetzen. Wir werben dafür, dass der Ausstieg aus der Atomenergie in Europa und möglicherweise auch weltweit Schule macht.

Atomenergie Sackgasse der technischen Entwicklung

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Atomenergie ist eine Sackgasse der technischen Entwicklung. Die Orte Tschernobyl und auch Fukushima sind dafür ewige Mahnungen. In Deutschland haben wir uns auf einen anderen Weg gemacht. Wir steigen um auf Energien, die Wohlstand ermöglichen, ohne Menschen und Umwelt zu gefährden. Wir stehen heute – ohne Zweifel – am Beginn des Zeitalters der Erneuerbaren Energien. Lassen Sie uns diesen Weg entschlossen weitergehen.

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