SWR-Windräder-Doku in der Kritik

Miserables Handwerk

Ein mieses Agitprop-Stück ist zu beklagen: Am 1. August, um 21.45 Uhr – also zu bester Sendezeit – sendete der SWR (der Schreiber dieses Textes war Chefreporter dieses Senders und hat das ARD-Medienhaus in Deutsch-Südwest in besserer Erinnerung) die „Dokumentation“ „Der Kampf um die Windräder – Die Auswüchse der Boombranche“. Der primitive Angriff auf die Energiewende hatte die scheinbare Objektivität insinuierende Unterzeile „Eine Recherche von ‚Report Mainz'“- scheinbar deshalb, weil das Polit-Magazin eigentlich als seriöse Veranstaltung gilt, besser: galt- denn, so die Selbstdarstellung: „Wir decken Missstände und Fehlentwicklungen auf, zeigen die Wahrheit dahinter und nennen die Verantwortlichen beim Namen. Uns ist wichtig, sorgfältig zu berichten und einen langen Atem zu haben. Wir sind unvoreingenommen, unabhängig….“ Wie? Pustekuchen…!
Denn dem Film ging es ganz offensichtlich nicht um objektive Darstellung der Konflikte um Windräder: Stattdessen schlugen sich die Autoren auf die Seite der Windkraftgegner und übernahmen kritiklos deren „Argumente“ – zwar oft nachweisbar falsche, dafür aber bejubelt von der Bildzeitung. Die Windenergie sei ein korruptes Milliarden-Geschäft ohne Einflussmöglichkeit der Bürger, das am Hungertuch nagende Geringverdiener finanzieren müssten. So die simple Botschaft, mit O-Tönen republik-bekannter Energiewendegegner verziert, wie etwa Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs: „Ich habe es nie bei einer anderen Lobby so erlebt, dass so brutal vorgegangen wurde“.
Immerhin: Nach der Ausstrahlung brach ein Proteststurm los. „Lehrstück perfider Demagogie, das allen Grundsätzen journalistischer Aufrichtigkeit Hohn spricht“, lautete eine Verurteilung, eine andere: „Bei derart einseitigem Journalismus wie in diesem Film kann man schon ins Zweifeln kommen, ob die Autoren wirklich selbst die Unabhängigkeit vorleben, die sie von anderen einfordern.“ Eine dritte („der Bericht strotzt nur so von Mutmaßungen, verfälschten Tatsachen“) diagnostizierte „eine journalistische Fehlleistung erster Güte“. Wieder andere sahen schlimmste „Hetzpropaganda“, „ein Lehrstück perfider Demagogie“ und Journalismus im Bildzeitungs-Stil. Ein anderer Kritiker protokolliert Halb- und Unwahrheiten im Dutzend, z.B. die Behauptung, die Onshore-Windenergie kassiere 2016 acht Milliarden Euro Subventionen; Erneuerbare Energien erhalten keine Subventionen, sondern werden über die EEG-Umlage vergütet; diese betrug für Onshore-Strom rund fünf Milliarden Euro. Wieder ein anderer erkannte zahlreiche Szenen als alte Hüte, Archivmaterial, teilweise schon 2015 in verschiedenen anderen Beiträgen gesendet, aber nicht kenntlich gemacht.
Die Report-Mainz-Redaktion („offenbar unfähig, differenziert auf begründete Kritik einzugehen“) verteidigte den Film inzwischen rückhaltlos. Es sei nur um Auswüchse (Titel)  gegangen – der Film aber schließt diffamierend von den Auswüchsen aufs ganze System, mit einem „süffisanten, bisweilen höhnischen Tonfall des Kommentars, den die Autoren über ihre Bilder legen“ (Kritikertext), schein-unschuldige Suggestiv-Fragen gipfeln in der Behauptung: „Einige wenige machen satte Gewinne auf Kosten der Bürger und der Natur“. Den Gipfel von Manipulation (oder Recherche-Schlamperei) erklimmen die Autoren aber mit der „Information“, sie verfügten über geheime Dokumente, die den kriminellen Einfluss der Windbranche auf die aktuelle EEG-Novelle beweisen – in Wirklichkeit Referentenentwürfe von der Internet-Seite des BMWi. Ein Musterbeispiel für das „Handbuch der Manipulation“. aber auch ein Tiefstpunkt des mit Gebührengeldern finanzierten Journalismus im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. -Gerhard Hofmann-