Klimawandel verschlimmert Kinder-Ausbeutung

Zusammenfassung des terre des hommes-Kinderarbeitsreports 2017

Weltweit leben mehr als eine halbe Milliarde Kinder in Gebieten mit extremer Hochwassergefahr und knapp 160 Millionen Kinder in Gebieten mit starker Trockenheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 26 Prozent der 6,6 Millionen Sterbefälle bei Kindern unter fünf Jahren mit umweltbezogenen Ursachen und Bedingungen in Verbindung stehen. Darüber hinaus sind Kinder überproportional stark von Umweltverschmutzung betroffen, und zwar nicht nur in Bezug auf die Sterblichkeitsraten, sondern auch hinsichtlich ihrer kognitiven und körperlichen Entwicklung.

[note Das vorliegende Dokument ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse des terre des hommes-Kinderarbeitsreports 2017: „The Neglected Link – Effect on Climate Change and Environmental Degradation on Child Labour“.]

Der Bericht zeigt, dass sich verändernde Umweltbedingungen erhebliche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Kindern haben und dazu führen können, dass Kinder in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse gedrängt werden. Daten und Fakten zu Kinderarbeit liegen vor, der Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung, Klimawandel und der Ausbeutung von Kindern hingegen wurde bisher kaum untersucht, so dass die Datenlage nicht ausreichend ist, um hierzu allgemeingültige Aussagen zu treffen. Über die Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltzerstörung als solche hingegen liegen bereits zahlreiche Daten vor, allerdings beziehen sich diese hauptsächlich auf Gesundheitsfragen. Daher sind weitere Untersuchungen und Kenntnisse zum Zusammenhang zwischen Umweltveränderungen und Kinderarbeit nötig, um zu vermeiden, dass diese Thematik bei der Entwicklung und Umsetzung der entsprechenden Richtlinien und Programme vernachlässigt wird.

Die UN-Kinderrechtskonvention spielt bisher für klima- und umweltbezogene Richtlinien, Maßnahmen, Investitionen und Diskussionen keine maßgebliche Rolle. Besonders deutlich wird das, wenn es um spezifische Fragen wie zum Beispiel die Kinderarbeit geht. Kinder müssen in den Mittelpunkt internationaler und nationaler Klimastrategien gestellt werden und die Interessen der Kinder sollten bei der Gestaltung, Umsetzung und Überwachung von Umwelt- und Arbeitsrichtlinien und der Entwicklung von Verbesserungs- und Anpassungsstrategien an erster Stelle stehen. Die fünf Fallstudien aus Nepal, Indien, Burkina Faso, Peru und Nicaragua zeigen, dass ökologische Veränderungen durchaus dafür verantwortlich zu Burkina machen sind, dass Kinder in ausbeuterische Arbeit gedrängt werden bzw. sich ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern, sie ihren ursprünglichen Lebensmittelpunkt als Migranten verlassen oder gefährlichere Arbeiten übernehmen müssen. Allerdings hatten nicht alle Umweltveränderungen die gleichen Auswirkungen auf Kinderarbeit:

  • Der Fall Burkina Faso zeigt, dass der Klimawandel in der Sahelzone zu nicht vorhersehbaren Wetterbedingungen und einer Auslaugung der Böden führt, so dass Familien vermehrt gezwungen sind, alternative Einnahmequellen zu suchen. Die Kombination aus armen Lebensverhältnissen, geringen Bildungschancen und fehlenden guten Arbeitsbedingungen für junge Menschen und Erwachsene sowie der jüngste Goldrausch haben dafür gesorgt, dass immer mehr Kinder unter gefährlichen und schädlichen Bedingungen in Goldminen arbeiten müssen.
  • Das Beispiel Indien zeigt, dass insbesondere Kinder von Migranten leicht in die Falle gefährlicher Arbeitsformen geraten, weil ihre Familien aus ihren Heimatregionen im Staat Odhisa vor  Umweltbelastungen fliehen müssen. Aufgrund des Klimawandels hat sich die Dauer der saisonalen Migration von drei auf mittlerweile sechs Monate ausgeweitet, was zur Folge hat, dass Kindern der Zugang zu Bildung verwehrt bleibt. Zudem zeigt das Beispiel, dass die Gruppe der Migranten kaum von Entwicklungs- und Regierungsprogram-men erreicht wird. Sie fallen durch das Raster, ob-wohl das Gebiet generell eine positive Entwicklung mit sinkenden Kinderarbeitszahlen aufweist.
  • Die Fallstudie aus Nepal veranschaulicht, wie allmählich auftretende Ereignisse beginnender Klimaveränderungen (wie abweichende Niederschlagsmuster) Menschen bedrohen, die im landwirtschaftlichen Sektor arbeiten. Diese sehen sich dadurch oft gezwungen, ihre Kinder nach anderen Einkommensquellen suchen zu lassen, um ihre Familien zu unterstützen. Naturkatastrophen, wie das Erdbeben im Jahr 2015, haben zur Folge, dass bestehende Nutzflächen in dramatischem Ausmaß zerstört werden. Um sich anzupassen, entscheiden sich viele Familien für eine saisonale Migration, weil sie so die Abhängigkeit von der Landwirtschaft mindern. Oft ziehen Ziegeleien Familien als Saisonarbeitskräfte an und Kinderarbeit scheint häufig unvermeidlich, um Kredite zurückzuzahlen.
  • Ländliche Gebiete, in denen die Existenzgrundlage von Familien vom Land abhängt, werden durch Umweltzerstörung und Klimawandel erheblich beeinträchtigt. Aufgrund von Dürren, extremen Temperaturen und sich verändernden Umweltbedingungen steigt die Armut, so dass Familien vermehrt unter Druck geraten und ihre Kinder arbeiten lassen, da erwachsene Ernährer allein nicht genug verdienen, um die grundlegenden Bedürfnisse zu stillen. Auch wenn es Fälle gibt, in denen Kinder alleine fortgeschickt werden, erfolgt eine Umweltmigration meistens mit der unmittelbaren oder gar der erweiterten Familie. Die Landflucht ist die häufigste Art der Migration. Sie ist abhängig von der Art der umweltbezogenen Faktoren, die zu einer Migration von Kindern führen, und sie kann sowohl saisonal als auch dauerhaft erfolgen. Die Landflucht erhöht den Druck auf Städte und Gemeinden, so dass der Teufelskreis bestehen bleibt.Wenn die Versuche, sich mit den Folgen der Umweltzerstörung (wie dem Klimawandel und Veränderungen im Ökosystem) zu arrangieren, nicht fruchten, entscheiden sich viele Familien für eine Migration, um alternative Einkommensquellen zu erschließen.
  • Migration – sowohl saisonal als auch dauerhaft – ist als eine der wichtigsten Ursachen für Schulabbrüche von Kindern anzusehen. In einigen Fällen mussten Kinder ihre Schulbildung abbrechen, weil Migrantenkindern keine oder nur unzureichende Schulen zur Verfügung stehen. In anderen Fällen konnten Eltern nicht nachvollziehen, wie wichtig Bildung ist, wenn sie doch ihren Lebensunterhalt nicht aufbringen konnten. Ein weiteres Problem bei Migranten – insbesondere bei Saisonarbeitern – ist die Tatsache, dass diese oftmals nicht bei den örtlichen Behörden gemeldet sind und daher keinen Zugang zu öffentlichen Diensten wie Gesundheitsversorgung und Bildung haben. Einige Fallstudien zeigen, dass manche Kinder Arbeit und Bildung miteinander verbinden. Trotzdem mussten die meisten Kinder aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten oder, weil sie Schule und Arbeit nicht miteinander verbinden konnten, die Schule abbrechen.
  • Im Gegensatz zu anderen Fallstudien in diesem Bericht zeigt der Fall Nicaragua, wie durch die Umweltzerstörung neue Formen der Arbeit für Erwachsene und für Kinder entstehen. Da die landwirtschaftliche Produktivität aufgrund des Klimawandels und der Häufigkeit extremer Witterungsbedingungen sinkt, wandern Familien entweder saisonal oder permanent weiter in Richtung städtischer Umgebungen ab, um dort eine gesicherte Versorgung mit Lebensmitteln und Arbeit zu finden. Große Deponien stellen eine lukrative Einkommensquelle dar, weil diese Art von Arbeit einfach zugänglich ist. Gleichzeitig sind Müllsucher Teil der Lösung, weil ihre Arbeit als Beitrag für eine sauberere und gesündere Umwelt gesehen werden kann.
  • Peru ist ein Beispiel für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft. Lokale Subsistenzbauern verfügen nicht über die geeigne-ten Mittel, um Einkommensverluste, die durch den Klimawandel entstehen, auszugleichen, so dass sie Alternativen suchen und vermehrt in Städte abwandern, wo sie ihre Kinder (zum Beispiel in Ziegeleien) arbeiten lassen, um das Überleben der Familie zu sichern.“

->Quellen: