300 neue Risse in AKW Doel, 70 in Tihange

Belgische Atomreaktoren erneut im Kreuzfeuer

Fachleute haben bei jüngsten Kontrollen in den belgischen Schrott-Reaktoren Tihange und Doel weitere Risse entdeckt. Im Hochdruckkessel von Tihange 2 habe man bei per Ultraschall 70 Risse mehr als bei der vorigen Inspektion im Jahr 2014 gefunden, in Doel seien 300 neue Risse im Reaktor 3 entdeckt worden, antwortete der belgische Innenminister Jan Jambon zahlreichen Medienberichten zufolge auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Die Sicherheit von Tihange sei damit in keiner Weise infrage gestellt, soll Jambon nach Medienangaben am 09.06.2017. Die 70 zusätzlichen Risse habe man nur deshalb entdeckt, weil die Kamera bei der neuen Untersuchung anders positioniert worden sei, erklärte Jambon.

NRW verkaufte indirekte AKW-Anteile

Unterdessen hat Nordrhein-Westfalen seine indirekte Beteiligung an den umstrittenen AKW Tihange und Doel verkauft. Der NRW-Pensionsfonds war mit mehr als 20 Millionen Euro u.a. am französischen Konzern ENGIE (Logo: aufgehende Sonne) beteiligt. Dieser betreibt über eine Tochter die belgischen AKW Doel und Tihange. Die indirekte Beteiligung an den umstrittenen Atomreaktoren sei jetzt veräußert worden, teilte das Düsseldorfer Finanzministerium am 13.06.2017 mit. Auch CDU und FDP, welche die nächste Regierung in NRW bilden, hatten ein Ende der Beteiligung gefordert.

Innenminister definiert Risse weg

Einige frühere Hinweise würden – so Jambon – nach der neuen Kontrolle nicht mehr als Schäden beurteilt. Das Ergebnis der Prüfung insgesamt habe dazu geführt, dass die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC keinerlei Einwände gegen ein Wiederanfahren des Reaktors erhoben habe. Atomkraftgegner in Belgien und im benachbarten Deutschland sehen das allerdings anders: sie prangern den Betrieb des AKW bei Huy seit Jahren als unsicher und gefährlich an.

BBU verlangt Brennstab-Exportverbot – Aufruf zur Menschenkette

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hat derweil die Forderung nach einem Exportverbot für Brennelemente aus der emsländischen Brennelementefabrik in Lingen (Niedersachsen) bekräftigt. Initiativen und Verbände sind der Auffassung, dass die Bundesregierung die Exporte für belgische und andere ausländische Atomkraftwerke unterbinden kann. Grundsätzlich fordert der BBU die sofortige Stilllegung aller AKW und sonstiger Atomanlagen.

Umweltinstitut München – „Die belgische Atomaufsicht wiegelt ab: Es bestehe kein Sicherheitsrisiko. Gleichzeitig hatte Belgien bereits im letzten Jahr die Verteilung von Jodtabletten an die gesamte Bevölkerung für den Fall eines Atomunfalls verfügt. Vertrauen in die Sicherheit der eigenen Atomkraftwerke sieht anders aus! Tihange 2 ist nur rund 50 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Ein Atomunfall bedroht uns in Deutschland genauso wie die Menschen in Belgien und Holland. Mit einer 90 Kilometer langen Menschenkette durch alle drei Länder, von Tihange bis nach Aachen, setzen wir am 25.06.2017 ein starkes Zeichen – für die sofortige Abschaltung der Risikoreaktoren und für ein Europa ohne Atomkraft!“

Udo Buchholz vom Vorstand des BBU unterstrich die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit gegen die Atomindustrie: „Immer wieder waren es grenzüberschreitende Aktionen, die im Widerstand gegen Atomanlagen wichtige Zeichen setzten. So fanden z. B. vor rund 40 Jahren im Sommer und Herbst 1977 große internationale Demonstrationen gegen Atomkraftwerke vom Typ Schneller Brüter in Frankreich und in der Bundesrepublik Deutschland (Kalkar) statt.“

Insgesamt 3149 Hinweise auf Schäden in Tihange 2

Die Atomaufsicht hatte der Nachrichtenagentur Belga zufolge im Jahr 2015 insgesamt 3149 Hinweise auf Schäden in Tihange 2 festgestellt. Diese Zahl sei mit der jüngsten Überprüfung um 2.22 Prozent auf 3219 gestiegen, errechnete die Organisation Nucléaire Stop und urteilte, wegen dieser Risse sei der Betrieb des Reaktors unverantwortlich.

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