Rätsel um Antimaterie lösen

Großexperimente SuperKEK und Belle II

Im japanischen Tsukuba hat sich eine Wissenschaftlergruppe von 100 Forschungseinrichtungen aus 25 Ländern an eine Herkules-Aufgabe gemacht: Sie wollen nichts weniger als das Geheimnis der Antimaterie lösen, wollen herausbekommen, warum es im Universum so viel mehr Materie als Antimaterie gibt. Oder: warum die Erde nicht längst von einer Anti-Erde verschlungen worden ist. Das Großexperiment heißt „SuperKEKB“ und „Belle II“.

Um diese fundamentale Frage zu klären, begannen Forscher des Exzellenzclusters Universe im Rahmen einer internationalen Forschungszusammenarbeit mit einem Experiment: Nach achtjähriger Umbaupause werden im im erneuerten Teilchenbeschleuniger SuperKEKB Elektronen und Positronen zur Kollision gebracht. Der ebenfalls umgebaute Detektor Belle II zeichnet dann die Ereignisse mit erhöhter Präzision auf und soll damit neues Licht auf das Verständnis der kleinsten Materieteilchen werfen.

Mit dem Belle-II-Experiment wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine seltene Symmetrieverletzung untersuchen – und die Frage klären, warum im heutigen Universum kaum mehr Antimaterie vorkommt. Denn bei der Entstehung des Weltalls müssen die Massen an Materie und Antimaterie gleich gewesen sein. Heute ist das anders. Die merkwürdige Antimaterie, die sich mit Materie zu reiner Energie vereinigt, scheint nahezu verschwunden. Dafür gibt es keine Erklärung, nur Vermutungen. Eine entscheidende Rolle dabei spielen jedenfalls die Zerfälle der beim Zusammenprall von Elektronen und Positronen entstehenden B-Mesonen.

Der neue SuperKEKB-Beschleuniger produziert 40mal so viele Kollisionsereignisse wie sein Vorgänger – und damit auch deutlich mehr Daten. Um diese analysieren zu können, wird derzeit auch der sogenannte Belle-Detektor nachgerüstet. An Belle II arbeiten etwa 100 Forschungseinrichtungen aus 25 Ländern mit. Das Exzellenzcluster Universe ist mit dem Max-Planck-Institut (MPI) für Physik, der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) am Bau des innersten Detektors und der Entwicklung der Software zur Auswertung der Daten beteiligt.

Daher soll der SuperKEKB dichte Elektronenpakete, die durch einen Ring rasen, auf Positronenpakete treffen lassen, auf Teilchen, die ebenso groß wie Elektronen, aber positiv geladen sind. In ihrem Endlosrohr flitzen die Positronen entgegen der Elektronenrichtung. Wenn die Elektronen mit ihren Antiteilchen kollidieren, entstehen neue, extrem kurzlebige Teilchen, so genannte B-Mezonen, die gleich wieder in andere Teilchen zerfallen. Aus diesen Ereignissen hoffen die Forscher Hinweise darauf zu erhalten, warum Antimaterie nicht die gesamte Materie in Energie verwandelt hat. Anders ausgedrückt, warum die Erde und die unzähligen anderen Himmelskörper nicht von ihren Gegenobjekten verschlungen worden sind.

Die Speicherringe sind jeweils rund drei Kilometer lang, der Large Hadron Collider des im europäischen Kernforschungszentrums Cern in Genf, misst gut 27 Kilometer, aber beide sind keine Konkurrenten. In Genf werden keine Elektronen, sondern die vielfach größeren Hadronen auf die Reise geschickt. Dazu gehören beispielsweise Protonen. Belle II wird gigantische Datenmengen produzieren: Mehr als 200 Gigabit pro Sekunde. „Mit der erfolgreichen Inbetriebnahme des Beschleunigers und des Belle-II-Experiments in Japan öffnet sich nun die Tür für einzigartige wissenschaftliche Resultate und hoffentlich viele Überraschungen“, sagt LMU-Professor Thomas Kuhr.

Mit der Modernisierung stellt SuperKEKB einen neuen Rekord auf. Im Vergleich mit anderen Beschleunigern erzielt er die höchste Luminosität. Darunter versteht man die Anzahl von Kollisionen pro Sekunde und definierter Fläche. Auch gegenüber seinem Vorgänger legt SuperKEKB deutlich zu: Pro Sekunde entstehen 1.000 B-/Anti-B-Mesonenpaare. Bei KEKB waren es 25.

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