Ende für Solarworld

Gläubigerversammlung beschließt Aus – 500 Arbeitsplätze in Gefahr

Deutschlands letzter großer Solar-Produzent Solarworld Industries GmbH stellt am 30.09.2018 endgültig den stark defizitären Geschäftsbetrieb ein, wenn sich bis dahin nicht doch noch ein Investor findet. Das hat die Gläubigerversammlung einer Medienmitteilung des Insolvenzverwalters Christoph Niering zufolge am 12.07.2018 beschlossen. Die mögliche Schließung vorbereitend hat der Insolvenzverwalter nach eigenen Angaben mit dem Gesamtbetriebsrat und den Betriebsräten in Arnstadt, Bonn (Foto unten) und Freiberg einen Interessenausgleich und Sozialpläne  ausgehandelt.

Zur Abfederung möglicher Entlassungen wurden in Absprache mit der Bundesagentur für Arbeit zwei Transfergesellschaften initiiert. In diese können die betroffenen 500 Mitarbeiter zum 01.08.2018 wechseln und werden dort nicht nur weiter qualifiziert, sondern sie erhalten nach den 30. September sechs Monate lang eine deutlich über dem Arbeitslosengeld liegende finanzielle Unterstützung. Hierdurch können eventuelle persönliche und finanzielle Härten abgefedert werden.

In der Versammlung beim Amtsgericht Bonn hatte der Insolvenzverwalter den anwesenden Gläubigern, Arbeitnehmern und Betriebsräten vor allem die aktuelle wirtschaftliche Situation und die fehlende Perspektive erläutert, die SolarWorld Industries GmbH in ihrer bisherigen unternehmerischen Ausrichtung zu erhalten. Die Gläubigerversammlung bestätigte daraufhin den Entschluss des Insolvenzverwalters und des vorläufigen Gläubigerausschusses

Kein Interesse der Politik

Für die Solartechnologie in Deutschland bedeute die Entscheidung einen großen Einschnitt, sagte Niering: “Die Bundesregierung hat allem Anschein nach die Forschung, Entwicklung und Produktion von Solarzellen in Deutschland aufgegeben. Anders kann ich mir die fehlende politische Reaktion auf die Insolvenz der SolarWorld als letzten großen deutschen Entwickler und Hersteller von Solarzellen nicht erklären.“ Das sei umso weniger verständlich, wenn man bedenke, dass „die Bundesregierung mit der Forschungsfabrik Mikroelektronik einen Weg aufgezeigt hat, wie wichtige Schlüsselindustrien auch in einem schwierigen marktwirtschaftlichen Umfeld erhalten werden können. Mit dem Projekt Forschungsfabrik Photovoltaik hätten nicht nur viele Arbeitsplätze gesichert, sondern vor allem das jahrelange Forschungs-Know-How und die hieraus hervorgegangenen Patente in Deutschland gehalten werden können.” so Niering weiter.

Nierings Pressemitteilung weiter: „Die SolarWorld Industries GmbH ist im vergangenen Jahr aus der Insolvenz der SolarWorld AG hervorgegangen und beschäftigte zuletzt fast 600 Arbeitnehmer an den Standorten Arnstadt, Bonn und Freiberg. In den überwiegend modernsten Anlagen werden Solarzellen und Solarmodule unter Einhaltung höchster Umweltstandards gefertigt. Asiatische Konkurrenzprodukte unterbieten jedoch seit langem deutlich die in Deutschland notwendigen Herstellungskosten. Dies hat nach der kürzlichen Entscheidung der chinesischen Regierung, weitere Überkapazitäten in den Export umzulenken, noch einmal zugenommen.“

SolarWorld-Mitarbeiter fordern Klarheit über Zukunft

Der Betriebsrat in Arnstadt (Foto li.) und die IG Metall haben allerdings gefordert, den Interessenausgleich nachzuverhandeln. „Wir wissen, dass es keine Totalschließungen der drei Standorte geben wird, sondern dass in Freiberg (Foto unten) die Produktion weiter laufen, das Werk möglicherweise sogar verkauft werden soll“, hatte ein IG Metall-Funktionär am 11.07.2018 in Erfurt gesagt. Die Mitarbeiter forderten denn auch Klarheit über ihre Zukunft. Betriebsrat Pierre Audehm sagte nach einer Belegschaftsversammlung, der Insolvenzverwalter habe ihnen zwar den Wechsel in eine Transfergesellschaft angeboten, aber es gebe auch Interesse von Investoren, den Standort zu übernehmen.

Die verbliebenen 200 Beschäftigten sind folglich verunsichert: sollen sie darauf setzen, dass sie doch noch ein Investor als Stammbelegschaft übernimmt, mit allen damit verbundenen Rechten? Oder sollen sie in die Transfergesellschaft wechseln und damit auch ihre Ansprüche wie etwa auf Tariflohn aufgeben? Offenbar sollten die Mitarbeiter in die Transfergesellschaft entlassen werden, um den Weg frei zu machen für eine Übernahme ohne Stammbelegschaft, sagte Audehm.

Nach Angaben der IG Metall hat der Insolvenzverwalter wissen lassen, dass einer der Kaufinteressenten ein deutscher Premium-Automobilhersteller sei. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN erwägt dieser Hersteller, in den ehemaligen SolarWorld-Hallen künftig Elektromotoren zu produzieren. In Arnstadt stehen die Maschinen, es werden keine Solarzellen mehr produziert. Anders in  Freiberg: Hier  werden weiter Module hergestellt – allerdings nicht mehr mit Zellen aus Arnstadt, sondern aus China.

Solarworld Industries war am 04.08.2017 aus der Insolvenz der Solarworld AG hervorgegangen. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten noch gut 3.000 Menschen in dem Unternehmen, das einst als Vorzeigebetrieb der deutschen Energiewende galt. Noch am 30.05.2018 hatte der Insolvenzverwalter mitgeteilt, es hätten sich „mehr als ein Dutzend Interessenten gemeldet“, die großes Interesse gezeigt hätten. „Die große Resonanz ist ein sehr gutes Zeichen“, so Niering damals.

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