Wirtschaft warnt vor übereiltem Kohleausstieg

Konzerne fürchten Milliardenverluste – Netzagentur: Rein politische Entscheidung

Energieintensive Branchen schlagen (wieder einmal) Alarm: Der Kohleausstieg werde die Verbraucher Milliarden kosten,  denn er könnte zu einer Verknappung führen, folglich die Strompreise antreiben, warnen Experten laut Handelsblatt. Über die Folgen für die deutsche Wirtschaft zeigt sich das Wirtschaftsblatt besorgt.

Kohleausstiegs-Demo in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Laut Eurostat, dem EU-Statistikamt der EU, zahlten deutsche private Stromverbraucher die höchsten Preise in Europa. Deutschland habe Dänemark an der Spitze abgelöst. Deutschland produziert zuviel Strom und verkauft ihn teilweise mit Verlusten ins Ausland. Der Spiegel nannte das eine „unerwünschte Nebenwirkung der Energiepolitik: Deutschland verkauft Strom an Nachbarländer – und zahlt bei dem Geschäft zusätzlich Geld.“ Die Dauer negativer Strompreise sei in den vergangenen Jahren in der Tendenz gestiegen – laut Bundesnetzagentur von 15 Stunden im Jahr 2008 auf 146 Stunden 2017.

Zahlen müssen das hauptsächlich die Stromverbraucher. Denn die Übertragungsnetzbetreiber müssen Strom aus Erneuerbaren Quellen auch dann einspeisen, wenn dafür an der Strombörse keine Nachfrage besteht, mit der Folge negativer Strompreise. Die Kosten dafür legen die EVU auf die Kundschaft um. Für manche Kraftwerksbetreiber ist es nämlich günstiger, ihren Strom zu produzieren und mit Verlust zu verkaufen, als in der gleichen Zeit ein Kraftwerk abzuschalten, um es dann ein paar Stunden später wieder anzuschalten. Vor allem Kohlekraftwerke sind nnicht  besonders reaktionsschnell zu fahren.

Patrick Graichen von Agora Energiewende sieht (laut Welt) in den negativen Strompreisen einen „Anreiz – denn allzu oft möchte man als Kraftwerksbetreiber einen solchen Bonus ja auch nicht zahlen. Also investieren Kraftwerksbetreiber in die Flexibilität ihrer Anlagen, damit das Runter- und Hochfahren einfacher und günstiger geschehen kann“.

Vorsorglich drohte der Braunkohlekonzern RWE mit Klagen. „Wer zu früh aus der Kohle aussteigt, wird dafür teuer bezahlen müssen“, sagte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz am 23.06.2018 der Rheinischen Post. Am 25.06.2018 konterte Greenpeace-Geschäftsführer und Kohle-Kommissionsmitglied Martin Kaiser im gleichen Blatt: „Damit der Ausstieg irgendwann nicht zu brachial kommt, sollten bis 2020 insgesamt 17 Gigawatt oder rund 20 Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden.“

Die Bundesnetzagentur sieht das offenbar ähnlich; sie rechnet in ihrem neuen Szenariorahmen 2019 bis 2030 mit einer Reduzierung der Kohlekraftwerkskapazitäten bis 2025 um die Hälfte. Eigentlich war das erst für 2030 vorgesehen. Indirekt sage die Bundesnetzagentur damit (so Clemens Weiß auf energiezukunft): „Die Halbierung der Kohlekapazitäten innerhalb von sieben Jahren gefährdet nicht die Versorgungssicherheit und ist somit eine rein politisches Entscheidung. Die Kraftwerksbetreiber halten dagegen und warnen vor Blackouts und Massenentlassungen.“

->Quellen: