Gute Nachrichten aus Finnland für AKW-Gegner

taz: „Wieder ein AKW-Bau verschoben“

Finnland setze zwar immer noch auf Atomenergie, mit Russland als Partner. Aber „so richtig klappt das nicht“, schrieb taz-Skandinavien-Korrespondent Reinhard Wolff am 02.01.2018 –  und nannte das „eine gute Nachricht für Anti-AtomenergieAtomkraft-Aktive“: Der finnische Betreiber Fennovoima des geplanten AKW Hanhikivi 1 nahe dem nordwestfinnischen Pyhäjoki hat nämlich Ende 2018 mitgeteilt, dass sich die Fertigstellung von Hanhikivi 1 bis 2028 verzögern wird.

Dass Fennovoima für seine Pressemitteilung die Zeit zwischen den Jahren gewählt habe, sei verständlich: „Denn die Nachricht freute nur Atomkraftgegner: Der Bau von Finnlands neuestem Problemreaktor hat noch gar nicht begonnen und schon ist die Fertigstellung um mindestens vier Jahre verspätet.“

Das Fennovoima-Kraftwerkskonsortium hatte noch im Juni vergangenen Jahres versichert, die Anlage werde 2024 in Betrieb gehen, meldete der öffentlich-rechtliche finnische Rundfunk Yleisradio auf seiner Webseite. Russlands staatlicher Atomkonzern Rosatom, Auftragnehmer und Mitbesitzer des Projekts, habe Fennovoima jedoch kürzlich einen aktualisierten Produktionsplan übermittelt, aus dem hervorgehe, dass die Anlage nicht vor 2028 mit der Stromerzeugung beginnen werde. Die Bauarbeiten sollen jetzt erst 2021 beginnen. Die finnische Behörde für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit Stuk warte seit Jahren auf die für die Durchführung eines Sicherheitsaudits der Pläne erforderlichen Unterlagen.

Die mittlerweile zu einem Drittel Rosatom gehörende Fennovoima hatte schon 2010 die Baugenehmigung erhalten und 2013 einen Liefervertrag über einen 1.200-MW-Reaktor abgeschlossen. Baubeginn sollte 2018, Inbetriebnahme 2024 sein. Um den ursprünglichen Zeitplan einzuhalten, hätten sie der finnischen Atomaufsichtsbehörde Stuk im Juli 2018 vorliegen müssen. Zuletzt meldete die Behörde, bislang habe sie 10 Prozent der Unterlagen erhalten. „Finnische Sicherheitsvorschriften sind die strengsten der Welt und deshalb hat das Design länger gedauert als erwartet“, sagte Fennovoima-Chef Toni Hemminki.

Obwohl sich die Bauarbeiten am Reaktor selbst lange verzögert haben, trieben die Bauunternehmer die Infrastrukturarbeiten auf der Baustelle voran – Foto © fennovoima.fi

Das Atomprojekt wurde von Kontroversen und Verzögerungen belastet, so Yleisradio, Investoren zogen sich unterwegs zurück – Umweltschützer protestierten gegen das Bauvorhaben. Auch die Investorenstruktur wurde intensiv geprüft, da die Regierung verlangte, dass das Projekt mindestens 60 Prozent inländischer oder EU-Besitz hat, bevor es vorankommen konnte.

Fennovoima hat das Kernkraftwerk als schlüsselfertige Lieferung geordert. Als Anlagenlieferant ist RAOS Project Oy, eine Tochtergesellschaft der Rosatom-Gruppe verantwortlich für Planung, Bau, Installation und Inbetriebnahme der Anlage. Die Gesamtinvestitionskosten belaufen sich auf 6,5-7 Mrd. €, zu denen die anfänglichen Anlagenkosten, die Finanzierung und die Abfallwirtschaft gehören. Diese Schätzung ist seit dem Frühjahr 2014, als die ursprüngliche Investitionsentscheidung getroffen wurde, unverändert geblieben. Hanhikivi 1 basiert auf einem ähnlichen Design wie seine Referenzanlage LAES-2 in Sosnovy Bor, Russland. LAES-2 arbeitet derzeit mit fast 100% voller Leistung und wird voraussichtlich 2018 in den kommerziellen Betrieb gehen. Die Erfahrungen aus LAES-2 sollen bei der Planung und dem Bau des Kernkraftwerks Hanhikivi 1 bei Pyhäjoki helfen.

Sarkastisch stellte taz-Autor Wolff fest: Mit AKW-Neubauten hat Finnland bekanntlich keine guten Erfahrungen. So begann 2005 der Bau des Atomreaktors Olkiluoto 3. Der „sollte 2010 ans Netz gehen. 14 Jahre nach Baubeginn ist er immer noch nicht fertig. Jetzt soll er ab Januar 2020 Strom liefern. 10 Jahre später und dreimal so teuer wie geplant. Wenn überhaupt.“ Damit es Hanhikivi nicht ebenso ergehe, setzte man auf den weltgrößten AKW-Bauer Rosatom und dessen bewährten Druckwasserreaktor, im finnischen AKW Loviisa seit 1977 bzw. 1981 im Betrieb.

Rosatom machte es sich einfach und lieferte Kopien von russischen Bauunterlagen an die Stuk. „Man muss sich fragen, wie seriös Fennovoima ist“, sagt Hanna Halmeenpää, Reichstagsabgeordnete der finnischen Grünen: „Kopieren Pläne eines russischen Reaktors und glauben, den finnischen Behörden genügt das!“ Laut Wolff werden die finnischen Investoren allmählich nervös. Denn wie nicht sonderlich überraschend, soll der ursprünglich mit 5 Milliarden Euro kalkulierte Reaktor jetzt 6,5 bis 7 Milliarden Euro kosten. Zu allem Überfluss publizierte vor kurzem der Maschinenbaukonzern Wärt­silä eine Studie, wonach Windenergie mindestens 27 Prozent billiger wäre als der Atomstrom von Hanhikivi.

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