EU-Staaten einigen sich auf Plastiksteuer – u.a.

CO2-Grenzsteuer, überarbeiteter Abgashandel, Finanztransaktionssteuer, Emissionshandel, Steuer für Digitalunternehmen

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich in Brüssel zwar zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bekannt. Doch im Schatten der Milliardenbeschlüsse des Gipfels ist eine revolutionäre Entscheidung bislang kaum beachtet worden: Die EU-Plastikabgabe soll Abfallberge bekämpfen, soll schon nächstes Jahr kommen und in der Corona-Krise neue Einnahmen bringen. In Europa soll ab 2021 eine Plastiksteuer in Höhe von 80 ct/kg eingeführt werden. Die EU setze damit zwar um, was die Bundesregierung seit Jahren schon hätte tun müssen: Sie besteuere endlich umweltschädliche Plastikverpackungen, aber sie gehe dabei viel zu zaghaft vor, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe DUH.

Plastikmüll – Foto © Solarify

In Privathaushalten und Industrie ist der Verpackungsmüll aus Kunststoff um zehn Prozent gestiegen – schlecht für die Umwelt, denn  – so die Süddeutsche Zeitung – „wegen des niedrigen Rohölpreises wird weniger recycelt. Hersteller, die bislang geschreddertes Altplastik oder Rezyklat für ihre Produkte und Verpackungen verwendet haben, schwenken daher auf Neuplastik aus billigem Rohöl um, beklagen Vertreter der Recyclingindustrie. Eine Plastiksteuer soll den Trend umkehren. Die Plastiksteuer soll den Trend umkehren. Allein in Deutschland fallen etwa 38 Kilo Kunststoff pro Kopf und pro Jahr an – Tendenz wegen Corona steigend. Wenn nichts passiert, so die Mahner aus der Recyclingindustrie, hat das vorbildliche, aber aufwendige Trennen von Haushaltsabfällen in Deutschland irgendwann keinen Sinn mehr.“

Außerdem setze der aktuelle Entwurf am falschen Ende an. Geplant ist demnach, als Berechnungsgrundlage die nicht-recycelten Kunststoffverpackungsabfälle zu nehmen. Effektiver sei es aber, neu produziertes Primärplastik in Verpackungen bereits dann zu besteuern, wenn sie in Umlauf gebracht werden. Zusätzlich zu der Steuer fordert der Umwelt- und Verbraucherschutzverband eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf besonders problematische Einwegartikel, wie Plastikflaschen, Plastiktüten oder Coffee-to-Becher.

Verteilung des Geldes aus dem Corona-Sonderfonds

70 Prozent sollen bis 2022 ausgegeben werden, 30 Prozent sind für 2023 reserviert. 2022 werden die Zahlungen für 2023  überprüft. Die betroffenen Staaten sollen selbst Pläne für die Verwendung vorlegen, die die EU-Kommission dann innerhalb von zwei Monaten prüft. Die Kriterien richten sich nach den länderspezifischen, ohnehin von der EU-Kommission aufgestellten Empfehlungen. Eine Voraussetzung dafür soll sein, dass Geld auch für Klimaschutz- und Digitalisierungs-Projekte eingesetzt wird. Die EU-Regierungen müssen die Kommissionsentscheidung dann mit qualifizierter Mehrheit absegnen. Dies soll garantieren, dass die Zuschüsse nicht einfach in den normalen Haushalt der EU-Staaten einfließen. Falls „eine oder mehrere“ Regierungen Zweifel haben, können sie eine Debatte auf dem nächsten EU-Gipfel beantragen.

Die Brüsseler Beschlüsse kurz aufgezählt:

  • Die Abgabe der Mitgliedstaaten auf nicht recyceltes Plastik ab dem 01.01.2021 vor. Bis spätestens 2023 sollen eine Abgabe bei der Einfuhr von CO2-intensiven Produkten aus Drittstaaten sowie eine spezielle Steuer für Digitalunternehmen folgen. Die Plastiksteuer wird nach Gewicht berechnet: Jeder Mitgliedstaat muss demnach ab nächstem Jahr 80 Cent pro Kilo Plastik, das nicht wieder verwertet wird, an Brüssel abführen. Durch die Maßnahme erhofft sich die EU vor allem eine Reduzierung von Plastikmüll – die Einnahmen dürften mit der Zeit also sinken.
  • Eine langfristig stabilere neue Einnahmequelle Brüssels soll eine CO2-Grenzsteuer darstellen. Bei Importen von Produkten, die auf klimaschädliche Weise in Drittstaaten hergestellt werden, soll demnach ein Aufschlag erhoben werden. Ziel ist es, eine Abwanderung der Industrie in Länder zu verhindern, die beim Klimaschutz weniger ehrgeizig sind, als die EU. Unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) waren diesem Vorhaben in der Vergangenheit mit Skepsis begegnet, weil andere Länder dies als Protektionismus auffassen könnten. Die EU-Kommission soll nun im nächsten Jahr einen konkreten Gesetzesentwurf zur Einführung der Steuer vorlegen.
  • Bis 2023 soll ebenfalls die geplante Steuer für Digitalunternehmen kommen. Seit Jahren laufen Verhandlungen, um sie auf internationaler Ebene zu regeln. Besonders die USA blockierten hier zuletzt aber Fortschritte.
  • Ebenfalls Erwähnung finden in der Haushaltseinigung ein möglicherweise auf den Flug- und Schiffsverkehr auszuweitender „überarbeiteter Abgashandel“, der  werden soll, sowie
  • die Finanztransaktionssteuer. In beiden Fällen vereinbarten die Staats- und Regierungschefs keinen konkreten Zeitrahmen. Über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene bereits seit Jahren erfolglos diskutiert.
  • Der Emissionshandel berge das Problem, dass die Einnahmen daraus in Deutschland zum Beispiel bereits im nationalen Haushalt verbucht seien, sagte Merkel. Insgesamt dämpfte die Kanzlerin bei den neuen Eigenmitteln der EU die Erwartungen: Da „steht uns noch ein weiterer Weg bevor.“

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