Wasserstoffpotenziale von Häfen heben

Erheblicher Nutzen für Logistik und Verkehrswirtschaft durch CO2-Neutralität

Logistik und Verkehrswirtschaft können erheblichen Nutzen aus innovativen Konzepten und klimaneutralen Verfahrensweisen auf Basis von Wasserstofftechnologien ziehen. Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) legt mit seiner durch die Kieserling Stiftung geförderten Untersuchung den Grundstein für diese Konzepte und Verfahrensweisen. Zunächst wird der Energiebedarf an fossilen Energieträgern von Umschlag- und Logistikunternehmen im Bereich der Bremerhavener Häfen exemplarisch ermittelt.

Wasserstoffpotenziale in den Häfen heben – Foto © Julius Silver auf Pixabay

Dann werden auf dieser Basis die Anwendungspotenziale für CO2-neutrale Wasserstofftechnologien eruiert. Betrachtet werden dabei sowohl die direkte Anwendung von Wasserstoff als auch die Anwendung von Wasserstoffprodukten (Power to Liquid, Power to Gas) in exemplarischen Teilbereichen in der maritimen Logistik. Dieses Einsparpotenzial für fossile Energieträger ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum grünen Hafen.

Ziel ist es, Potenziale zur Anwendung von Wasserstofftechnologien im Hafen von Bremerhaven zu identifizieren. Betrachtet werden dabei alle Bereiche wie zum Beispiel Containerterminals (z.B. Van Carrier), Hafenbahn (z.B. Rangierbetrieb), hafenseitiger Schiffsbetrieb (z.B. Schlepper, Arbeitsboote, Fähren) sowie dem Hafenzulauf. Auf die Ergebnisse dieser Analyse können Hafenbetreiber, Politik und sonstige Akteure im Hafenumfeld ihre weiteren Planungen zu Wasserstoffaktivitäten gründen. Die Methodik der Studie ist auch auf andere Häfen übertragbar. Auch in einem kürzlich veröffentlichten Thesenpapier hat das ISL aktuelle Technologien und Voraussetzungen für die Herstellung, den Einsatz und den Transport von Wasserstoff beleuchtet.

Executive Summary Thesenpapier (Ausschnitte)

Aufgrund der vielseitigen Einsetzbarkeit ermöglicht der großflächige Einsatz von grünem Wasserstoff die Ausschöpfung sektorübergreifender Dekarbonisierungspotenziale. Derzeit sind allerdings 99 % des weltweit erzeugten Wasserstoffs „grau“, da diese Art der Herstellung die günstigste ist. Um den Anteil grünen Wasserstoffs zu erhöhen, müssen daher sowohl die Erzeugungskapazitäten als auch steuernde politische Rahmenbedingungen, zum Beispiel in Form eines höheren CO2-Preises, geschaffen werden.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Nationale Wasserstoffstrategie, in der für 2030 ein Wasserstoffbedarf in Höhe von mindestens 90 TWh prognostiziert wird. Um diesen Bedarf zu decken, sollen bis dahin nationale Erzeugungskapazitäten zur Herstellung von 14 TWh grünem Wasserstoff pro Jahr aufgebaut werden. Die entstehende Angebotslücke von 76 TWh soll durch Importe von grünem Wasserstoff gedeckt werden. Zu diesem Zweck werden Energiepartnerschaften mit sonnenreichen Ländern geschlossen, wodurch zwei Problemfelder entstehen, die gelöst werden müssen. Zum einen ist das für die Wasserstoffherstellung benötigte Trinkwasser in diesen Ländern eine begrenzte Ressource, weshalb derzeit die Nutzung von Meerwasser erforscht wird. Zum anderen ist es die Wasserstofflogistik über große Distanzen. Da selbst verflüssigter Wasserstoff noch eine geringe Dichte hat, entsteht ein riesiges Transportvolumen je Energieeinheit: So enthält ein Kubikmeter Rohöl die vierfache Menge an Energie eines Kubikmeters Flüssigwasserstoff. Das bedeutet, dass die Angebotslücke von 76 TWh circa 25.000 Ladungen des derzeit größten verfügbaren Flüssigwasserstofftankers oder etwa 6.000 Ladungen eines Rohöltankers mit demselben Tankvolumen entspricht. Da bei einer langen Seereise immer ein Teil der Ladung verdampft, ist der Transports von reinem Wasserstoff mit einem Schiff derzeit nur über kurze Strecken sinnvoll, um die Verluste gering zu halten. Alternativ können auch Pipelines eingesetzt werden, wenn die geographischen Begebenheiten geeignet sind. Pipelines sind aber vor allem über weite Strecken kostenintensiv.

Eine effiziente Lösung für den Transport über weite Seestrecken sind sogenannte E-Fuels. Um diese herzustellen, wird grüner Wasserstoff durch unterschiedliche Prozesse z. B. in synthetisches Rohöl oder in Methanol umgewandelt. Für den Transport von E-Fuels werden herkömmliche Transportmittel eingesetzt, die gleichzeitig mit E-Fuels klimaneutral betrieben werden können. Zwar gehen mit der Nutzung von E-Fuels Umwandlungsverluste einher, allerdings ermöglichen sie eine kurzfristige Umstellung von Logistik und Verkehr auf erneuerbare Energien durch die Nutzung vorhandener Infrastruktur. Eine Möglichkeit, die Umwandlungsverluste im stationären, industriellen Einsatz von Wasserstoff zu reduzieren, ist die lokale Erzeugung von grünem Wasserstoff. Voraussetzung dafür ist ein deutlich größerer Anteil erneuerbarer Energien am Strommix. Im mobilen Einsatz, zum Beispiel bei Lkw, wo Batterien aufgrund ihres Gewichts keine einsetzbare Option sind, bietet die Direktnutzung von Wasserstoff mit Brennstoffzellen ein deutlich höheres Entwicklungspotenzial. Durch Brennstoffzellen können langfristig die Umwandlungsverluste bei der Herstellung von E-Fuels vermieden werden. Voraussetzung dafür sind ein höherer technologischer Reifegrad von Brennstoffzellen und ein gut ausgebautes Wasserstofftankstellennetzwerk. Letztendlich werden unterschiedliche Technologien verschiedene Nischen ausfüllen, so dass Batterie- und Brennstoffzellentechnik gleichwertig neben E-Fuels koexistieren werden.

->Quellen: