Anthropogene Dürren in Europa

27.080 Holzstücke aus mehr als zweitausend Jahren untersucht

„Unsere Rekonstruktion zeigt, dass die Abfolge der jüngsten europäischen Sommerdürren seit 2015 n. Chr. in den letzten 2.110 Jahren beispiellos ist“, schreibt ein internationales Forscherteam in Nature Geoscience. „Chemische Fingerabdrücke von europäischen Eichen“ aus mehr als zweitausend Jahren belegen, besonders aber die untersuchten Baumproben von 2015 bis 2018, belegen eindeutig, „dass die Trockenheit in den vergangenen Sommern alle anderen Schwankungen übertrifft“, dass die Sommerdürren in Mitteleuropa seit 2015 weitaus gravierender waren als in den 2.100 Jahren davor.

Jahresringe eines gefällten Baums – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Eine fast zeitgleich erschienene Studie des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) sieht die jüngsten Trockenperioden allerdings eher noch im Rahmen der natürlichen Schwankungen, berichtet der Berliner Tagesspiegel: „Trotz unterschiedlicher historischer Einstufung der jüngsten Dürrephasen kommen aber auch die AWI-Forschenden zu einem eher alarmierenden Ergebnis. Denn der Blick in das vergangene Jahrtausend zeige, dass Dürren in Deutschland noch extremer werden könnten.“ Die AWI-Studie erschien unter dem Titel „Past megadroughts in central Europe were longer, more severe and less warm than modern droughts“ (Vergangene Megadürren in Mitteleuropa waren länger, heftiger und weniger warm als heutige Dürreperioden) in „Communications Earth & Environment“ (open access).

Die Forschenden aus Cambridge, Brno, Geesthacht, Birmensdorf (Schweiz), Freiburg und Mainz formulieren wissenschaftlich vorsichtig: Ihrer Überzeugung nach wird die „hydroklimatische Anomalie wahrscheinlich durch die anthropogene Erwärmung und die damit verbundenen Veränderungen in der Position des sommerlichen Jetstreams verursacht“. Ko-Autor Mirek Trnka vom Czech Globe: „Das noch nie dagewesene Waldsterben in weiten Teilen Mitteleuropas unterstreicht unsere Resultate“.

Obgleich in Europa schon immer ein Trend zur Trockenheit bestanden habe, sei es jüngst nach jahrhundertelangem stetigem Rückgang zu einem auffälligen steilen Abfall gekommen. „Seit 2015 hat sich die Dürresituation plötzlich verschärft“, so das Fazit der großangelegten Geoscience-Untersuchung.  Allerdings, schränken die WissenschaftlerInnen ein, sorge die anthropogene Erderwärmung nicht überall für Dürren. Im Gegenteil: Manche Orte könnten auch feuchter oder kälter werden – man müsse häufiger „verheerende“ Extremwetterereignisse befürchten, mit Folgen vor allem für die Landwirtschaft, aber auch generell für Ökosysteme und Gesellschaft.

Weitere Resultate der Baumringanalyse: 40, 590, 950 und 1510 habe es auch schon trockene Sommer gegeben (aber auch sehr feuchte Sommer: 200, 720 und 1100): Vor allem Rekonstruktionen des mitteleuropäischen Sommer-Hydroklimas über zweitausend Jahre hindurch. Untersuchungen an 147 europäischen Eichenholzstücken aus historischen Brunnen, Häusern und Pfahlbauten, aber auch von Ufersedimenten aus den Jahren von 75 v. Chr. bis 2018 n. Chr. ermöglichten zusammen mit einigen lebende Bäumen mehr als 27.080 Messungen der Isotopenverhältnisse von Sauerstoff und Kohlenstoff. Letztere hängen von der Photosynthese ab, die Sauerstoffwerte werden von der Wasserversorgung beeinflusst, so Professor Paolo Cherubini von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in Birmensdorf.

Der Mainzer Paläoklimaforscher Jan Esper hob in der Frankfurter Allgemeinen vor allem eine der „größten und detailliertesten Datensammlungen ihrer Art in Mitteleuropa“ hervor: Die stabilen Isotope von Baumringen lieferten sehr genaue Angaben, die nicht mit herkömmlichen dendrochronologischen Untersuchungen zu vergleichen seien.

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