SF: Viertausendmal klimaschädlicher als CO2

Sulfuryiodifluorid immer häufiger in Gebrauch

Wikipedia wusste es schon seit langem – nur: Es fiel niemandem auf: Wohl wegen der geringen Mengen lief es unter dem Treibhausgasradar durch. „Sulfurylfluorid ist ein farb- und geruchloses Gas, das als Insektizid bei Lebensmitteln wie Getreide, Nüssen, Schalen- und Trockenfrüchten verwendet wird. Des Weiteren dient es zur Bekämpfung von Holzschädlingen. Das Gas hat ein hohes Treibhauspotential.“ Erst die Anfrage zweier Linken-Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft brachte die Sache schon Mitte Januar 2020 ans Licht (Solarify hatte es auf der Seite), und jetzt hat es der Spiegel „entdeckt“: Sulfurylfluorid ist einige tausendmal so klimaschädlich wie CO2.

Gift – Bild © OpenIcons auf Pixabay

Genau 4.090 mal. “Bis vor wenigen Tagen war SF nur Chemiedoktoren und Hafeninsidern ein Begriff – nun ist es zum Politikum geworden,” schrieb das Hamburger Abendblatt schon am 15.01.2020. Denn im Hamburger Hafen (und nicht nur dort) wird immer öfter ein Klimagas verwendet: das Insektizid Sulfuryldifluorid, SO2F2, kurz SF, wird zum Beispiel beim Export von Holz und Nüssen genutzt, damit keine Schädlinge ins Zielland eingeschleppt werden. Das hochgiftige Gas wird zum Schutz vor Stinkwanzen eingesetzt, wird von Staaten wie China oder Australien zwingend für Import­güter vorsgechrieben und hat eine verheerende Klimabilanz, so der NDR.

Eine Ursache für den Anstieg ist laut Hamburger Umweltbehörde im Klimawandel zu suchen: Bedingt etwa durch den Borkenkäfer-Befall haben die Holzexporte stark zugenommen. Dadurch habe sich der Einsatz des Klimakiller-Gases verzwölffacht: Von 17 Tonnen 2015 auf 51,2 Tonnen 2018 und schließlich bis hin zum Rekordwert von 203,7 Tonnen 2019 – so die Antwort auf eine Anfrage des Umweltpolitikers Stephan Jersch. 203,7 Tonnen Sulfuryldifluorid entsprächen 833.000 Tonnen CO2. Außerdem sei das Gas stark gesundheitsschädlich, gilt laut Senat als „akut toxisch und giftig beim Einatmen“.

Die Hamburger Linke ließ nicht locker – auf eine weitere Anfrage antwortetete der Senat am 27.10.2020: „Auf Vorschlag Hamburgs hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) als Arbeitsgremium der Umweltministerkonferenz (UMK) Ende März einstimmig einen Beschluss zum Thema Sulfuryldifuorid (SF) gefasst, wonach der dynamisch ansteigende Verbrauch und die Freisetzung von SF-Gasen wegen der klimaschädigenden Wirkung sehr kritisch gesehen werden. Daher hat die LAI darum gebeten, in der Überarbeitung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) die bisherige Ausnahme für Sulfuryldifluorid in der Regelung zur Begasung von Gütern zu streichen. Zudem unterstützt die LAI eine Prüfung von Ethandinitril (EDN) als Begasungsmittel. Eine weitere Befassung fand auf der UMK im Frühjahr aufgrund der Corona-Pandemie und einer dadurch bedingten verkürzten Tagesordnung nicht statt. Eine Befassung auf der Herbst-UMK ist nicht vorgesehen, da eine Umsetzung des LAI-Beschlusses bereits in die entsprechenden Verfahren eingeführt ist.“

In der bremischen Bürgerschaft „erzielte“ die Linke folgende Antwort: „Schon seit mehreren Jahren gibt es Bemühungen, alternative Behandlungsverfahren wie Hitzebehandlung und Begasung mit Kohlendioxid oder auch Abscheide-und Rückgewinnungstechniken für SF zu entwickeln. Es konnte sich bislang jedoch kein System durchsetzen. Hamburg hat eine Vorabstudie vergeben zu bestehenden Abscheideverfahren.“

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