Bremsen Windparks einander aus?

Windenergie mit Grenzen

Wenn zu viele Offshore-Windgeneratoren eng beieinander stehen, sinkt ihre Leistung. Denn immer mehr Länder forcieren den Ausbau von Windparks auf dem Meer. Werden diese Offshore-Windparks aber zu dicht geplant, nehmen sie einander den Wind und damit die Stromausbeute weg. Dass die Verluste erheblich sein können, zeigt eine Studie des Helmholtz-Zentrums Hereon, die jetzt open access in Nature Scientific Reports erschienen ist.

Offshore Windpark Rampion, Brighton – Foto © Zoltan Tasi auf unsplash

Der Ausbau der Windenergie in der Deutschen Bucht und der Ostsee hat sich in den vergangenen Jahren enorm beschleunigt. Im Jahr 2008 gingen die ersten Anlagen in Betrieb. Heute drehen sich in deutschen Gewässern Windgeneratoren mit einer Leistung von rund 8000 Megawatt, was etwa acht Atomkraftwerken entspricht. Doch der Platz ist begrenzt. Deswegen werden Windparks zum Teil recht dicht nebeneinander gebaut.

Ein Team um Naveed Akhtar, Experte für Regionale Klimamodellierung, vom Helmholtz-Zentrum Hereon hat herausgefunden, dass benachbarte Windparks einander dadurch mitunter ausbremsen. Strömt Wind durch einen großen Offshore-Park, verlangsamt sich die Luft-Strömung. Diese Bremswirkung wirkt sich erstaunlich großräumig aus. Im Durchschnitt reicht sie 35 bis 40 Kilometer weit – bei bestimmten Wetterlagen sogar bis 100 Kilometer. Die Leistung eines benachbarten Windparks kann sich damit um 20 bis 25 Prozent verringern, was letztlich zu wirtschaftlichen Verlusten führt. Werden Windparks dicht nebeneinander geplant, sollte man diese Bremswirkung künftig berücksichtigen.

Ein ähnliches Phänomen ist schon im August 2015 auf Solarify veröffentlicht worden:

„MPI: Große Windparks bremsen Wind und Energiegewinnung – ‚Viel Wind – weniger Energie?‘ fragte die Deutsche Welle am 24.08.2015 in einem Artikel über eine am gleichen Tag veröffentlichte Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena – dessen Forscher gemeinsam mit Experten aus den USA und Frankreich errechnet haben, dass dem Windenergiepotenzial überraschende Grenzen gesetzt sind. Die Nutzung des Windes für die Stromproduktion ist weniger effektiv als angenommen. Bisher galt: Bis zu sieben Watt könnten pro Quadratmeter produziert werden – jetzt sagen die Jenaer: lediglich gut ein Watt pro Quadratmeter. Die ursprünglichen Daten basierten allein auf Windgeschwindigkeiten. Über ihre Ergebnisse berichten sie in den Proceedings der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS).“

Kombination von Klima- und Windparkdaten

Für ihre Studie haben Naveed Akhtar und Kollegen das Computer-Modell COSMO-CLM verwendet, das auch Wetterdienste nutzt und in der Lage ist, die Wettersituation regional detailliert aufzulösen – in diesem Falle für die gesamte Nordsee. Das Modell berechnet, wie sich Wetter und Klima im Laufe der Zeit verhalten und damit auch, wie stark der Wind aus welcher Richtung weht. Naveed Akhtar hat das COSMO-CLM-Modell mit den Daten über die Windparks kombiniert – ihrer Fläche oder auch der Zahl und Größe der Anlagen. Als Grundlage nutzte er die Windparkplanung für die Nordsee aus dem Jahr 2015. Diese enthält Windparks, die zum Teil auch heute noch nicht gebaut worden sind. Sie wirft damit einen Blick in die Zukunft – gewissermaßen auf den Zielzustand des Offshore-Ausbaus.

Bremswirkung bei stabilen Wetterlagen

Anschließend errechnete er mit dem COSMO-Modell für den Zeitraum von 2008 bis 2017 die Bewegung des Windes über der Nordsee. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Bremswirkung der Windparks vor allem bei stabilen Wetterlagen, wenn in der Atmosphäre nur wenige Turbulenzen auftreten, sehr weit reicht. Vor allem im März und April. In stürmischen Zeiten hingegen – besonders im November und Dezember – ist die Atmosphäre so stark durchmischt, dass der Windpark-Effekt kaum ins Gewicht fällt. Um die vom Computer erstellten Modelldaten abzusichern, wurden diese mit realen Windmessungen von 2008 bis 2017 verglichen. Zum einen mit Messungen, die an zwei Forschungsplattformen in der Nordsee aufgezeichnet wurden, zum anderen mit Windmessflügen, die Kollegen von der TU Braunschweig über den Windparks durchgeführt haben. Der Vergleich zeigt, dass die Hereon-Forschenden mit ihrer Wind-Modellierung richtig liegen. Das Besondere an der Arbeit ist, dass erstmals für die ganze Nordsee ein voller Zehnjahreszeitraum berechnet wurde. „Herkömmliche Strömungsmodelle für die Analyse von Windparks haben eine sehr hohe räumliche Auflösung, betrachten ein Windfeld aber nur über kurze Zeiträume“, sagt Akhtar. „Zudem lässt sich damit nicht ermitteln, wie ein Windpark die Luftströmung großräumig verändert.“

Während sich die Gruppe in der aktuellen Arbeit vor allem damit befasst hat, wie stark die Windparks einander beeinflussen, will sie in nächster Zeit untersuchen, welchen Einfluss die Bremswirkung auf das Leben im Meer hat. Wind und Wellen durchmischen das Meer. Dadurch verändern sich der Salz- und Sauerstoffgehalt des Wassers, seine Temperatur oder auch die Menge an Nährstoffen in bestimmten Wassertiefen. Akhtar dazu: „Wir möchten jetzt herausfinden, wie sich die reduzierte Durchmischung auf das Verhalten der Tiere und ihre Vermehrung auswirkt.“

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