Regierung unterstützt CCS-Entwicklung

Aber Beitrag zu CO2-Minderungszielen nicht quantifiziert

Die Bundesregierung hat mit dem Klimaschutzprogramm 2030 das Förderprogramm „CO2-Vermeidung und -Nutzung in Grundstoffindustrien“ angekündigt, mit dem die Entwicklung von Technologien zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) für anderweitig nicht vermeidbare prozessbedingte Emissionen unterstützt werden soll. Dem Förderprogramm stehen bis 2025 circa 585 Millionen Euro zur Verfügung, schreibt die Bundesregierung laut dem parlamentseigenen Pressedienst heute im bundestag in der Antwort (19/3077724) auf eine Kleine Anfrage (19/30054) der FDP-Fraktion. Der Beitrag, den die CCS-Technologie zu den CO2-Minderungszielen leisten soll, sei nicht quantifiziert.

CO2-Emissionen unter die Erde – Fotomontage © Solarify

Die EU-Kommission sehe CCS jedoch als wichtige Technologie für negative Emissionen an und gehe für 2050 davon aus, dass die Technologie eine relevante Rolle zur Minderung und Kompensation von Rest-Emissionen spielen werde, so die Bundesregierung. (hib/JS)

Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lukas Köhler, Frank Sitta,Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 19/30054 –

CO2-Speicherung als Voraussetzung für Klimaneutralität

Vorbemerkung der Fragesteller

Der Klimawandel stellt uns im 21. Jahrhundert vor große Herausforderungen. Die globale Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad bis zum Jahr 2100 erfordert nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft erhebliche Anstrengungen. Der Sonderbericht des Weltklimarates (IPCC) bescheinigt, dass ohne Technologien zur Entnahme und Speicherung von Kohlendioxid eine Erreichung dieses Ziels nur sehr schwer und zu sehr hohen Kosten realisierbar ist. Gleiches zeigen Studien der Stiftung Wissenschaft und Politik (https://www.swp-berlin.org/10.18449/2020S10/), der Deutschen Energie-Agentur (https://www.dena.de/integrierte-energiewende/) und des BDI (https://bdi.eu/artikel/news/studie-zum-klimaschutz-kernergebnisse-der-klimapfade-fuer-deutschland/) Die Notwendigkeit von CCS (Carbon Capture and Storage) liegt in erster Linie darin begründet, dass es in den letzten Jahren zu keiner ausreichenden Emissionsminderung kam und ein großer Teil des weltweiten Budgets an CO2 bereits aufgebraucht ist. CCS-Technologien sind dabei keineswegs ein Ersatz für Maßnahmen zur Emissionsreduktion, aber ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Erreichung der Pariser Klimaziele, indem sie den Ausgleich der restlichen, nicht vermeidbaren Emissionen ermöglichen.
Die CCS-Technologie umfasst im Wesentlichen drei Schritte im Prozess: die Abscheidung von CO2, dessen Transport und die abschließende Speicherung bzw. Einlagerung. Wie das Verfahren der Abscheidung konzipiert wird, hängt entscheidend von der CO2-Quelle und CO2-Konzentration ab. Bei der Abscheidung von Kohlenstoffdioxid unterscheidet man drei Verfahren in Abhängigkeit vom Zeitpunkt: die Post-Combustion-Abscheidung, das Oxyfuel-Verfahren und die Variante der Pre-Combustion. Erstere nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als dass sie als einzige End-of-pipe-Variante gilt und dem-entsprechend eine Nachrüstung bestehender Anlagen ermöglicht. Im darauffolgenden Schritt muss das abgeschiedene CO2 verdichtet werden, bevor der Transport zur Speicherstätte erfolgen kann. Als besonders geeignet zum Transport gelten Pipelines und Tankschiffe. Die Transportkosten und zusätzlich entstehende Emissionen hängen dabei in hohem Maße von den Kraftwerksstandorten, den Speicherstätten, der Entfernung zwischen diesen beiden und den Sicherheitsanforderungen ab. Zur Speicherung des abgetrennten CO2, stehen verschiedene Varianten zur Verfügung. Als besonders geeignet gelten geologische Formationen und der Meeresuntergrund.
Bezogen auf die Entwicklung jener Technologien galt Deutschland lange Zeit als einer der Vorreiter. Ein erfolgreich abgeschlossenes Forschungsprojekt des Geoforschungszentrums in Potsdam verlief ohne Probleme und lieferte umfangreiches Material an Daten und Wissen zu Speichertechnologien. Kommerzielle CCS-Projekte im Großmaßstab folgten jedoch nicht. Nehmen wir die politischen Klimaziele jedoch ernst und wollen Restemissionen bis zum Jahr 2050 in vollem Umfang ausgleichen, dann muss nach Ansicht der Fragesteller jetzt verstärkt in die Weiterentwicklung von CCS-Technologien investiert werden. Sie können ihre Wirkung nur in dem angestrebten Maß erreichen, wenn sie zeitnah in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Neben der Technologie an sich, gilt es zudem, Transportwege möglichst effizient zu konstruieren und ein umfassendes Monitoring einzuführen, um die Wirkung der Verfah-ren bewerten zu können.

Die unterirdische Speicherung des CO2 wird derzeit in Deutschland mehr als in anderen Ländern, wie z. B. Norwegen, Großbritannien, den Niederlanden oder den USA, kritisch betrachtet. Eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung ist aus diesem Grund unerlässlich. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge, wie z. B. von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundesfolge, wie z. B. von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages (https://www.bundestag.de/resource/blob/567342/f356ac5bb411dca92e8a18c8c3037c28/WD-8-055-18-pdf-data.pdf) oder der Acatech (https://www.acatech.de/publikation/ccu-und-ccs-bausteine-fuer-den-klimaschutz-in-der-industrie-analyse-handlungsoptionen-und-empfehlungen/) dargestellt, zeigen nach Ansicht der Fragesteller, dass Sicherheitsbedenken nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keinen Grund für die Ablehnung dieser Technologien dar-stellen. Weltweit sind aktuell 26 kommerzielle Projekte im Bereich CCS in Betrieb. In Europa gilt Norwegen als Pionier bei der Abscheidung und Speicherung von CO2. Seit 1996 wird mit der Technologie praktisch gearbeitet, um das CO2, das bei der Aufbereitung von Erdgas anfällt, im Meeresboden zu lagern. Mit dem Konzept „Northern Lights“ will Norwegen die Speicherung von Kohlendioxid zu einem europäischen Projekt machen. Mit einer Speicherkapazität von 100 Millionen Tonnen an CO2 ist dieses Projekt einmalig, wird jedoch nur funktionieren, wenn es von den Staaten Europas gemeinsam vorangetrieben wird. Das CO2 soll an europäischen Industriestandorten eingesammelt werden, von dort aus per Tankschiff an einem Onshore-Standort der norwegischen Westküste konditioniert und mittels einer Pipeline in die Johansen-Formation gepresst werden. Die Bundesregierung ist angehalten, ihre Rolle in diesem Projekt zeitnah zu definieren (https://background.tagesspiegel.de/energie -klima/norwegen-bietet-sich-fuer-co2-speicherung-an). Die Angst vor einem Austritt des CO2, auf die nach Ansicht der Fragesteller auch ein großer Teil des Akzeptanzproblems in Deutschland zurückzuführen ist, ist insbesondere in diesem Projekt unbegründet, da sich das Kohlendioxid mit zunehmender Tiefe und steigendem Druck verflüssigt und später mineralisiert. Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier betont in seiner Industriestrategie 2030, dass die Abschiebung und Speicherung von CO2 in tiefliegenden Gesteinsschichten erforderlich sein wird. Als möglichen Kooperationspartner nannte er u. a. Norwegen ( https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/industriestrategie-2030.pdf?__blob=publicationFile&v=20). Großbritannien hat die Notwendigkeit der CO2-Speicherung ebenfalls erkannt und vor kurzem eine Förderung von rund 200 Mio. Euro für neun Großprojekte beschlossen. Ziel ist es, im Jahr 2040 die ersten CO2-Netto-Null-Industrie?Cluster entstehen zu lassen, um den ehrgeizigen Klimazielen Rechnung zu tragen.

Im Juni 2020 hat die Bundesregierung die nationale Wasserstoffstrategie vor-gestellt und die Bedeutung des Energieträgers Wasserstoff betont. Im Rahmen der CO2-Speicherung bietet CCS die Chance zur Herstellung blauen Wasserstoffs aus Methan. Dieser spielt für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende eine nach Ansicht der Fragesteller bedeutsame Rolle, insbesondere in energieintensiven Industrien, die im Gegensatz zum Stromsektor noch weitgehend am Anfang stehen. Der „blaue Wasserstoff“ kann als Ergänzung zu „grünem Wasserstoff“ fungieren, um der Wasserstoffwirtschaft den Weg zu ebnen. „Blauer Wasserstoff“ lässt sich gegenwärtig zu wettbewerbsfähigen Kosten produzieren und kann durch eine Umstellung bestehender Gasleitungen in eine regulierte Wasserstoffinfrastruktur eingespeist werden. Aufgrund der etablierten Strukturen sollte er in einem ersten Schritt dazu genutzt werden, den „grauen Wasserstoff“ zu ersetzen. Für eine Kopplung der CO2-Speicherung mit der Herstellung von „blauem Wasserstoff“ spricht insbesondere das Poten-zial, signifikante Einsparungen an CO2 in einem relativ kurzem Zeitraum zu realisieren (https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Wasserstoff-und-wasserstoffbasierte-Brennstoffe.pdf).

      1. Welche langfristigen Ziele verfolgt die Bundesregierung bei der Weiter-entwicklung von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CCS?
        Die Bundesregierung hat mit dem Klimaschutzprogramm 2030 das Förderprogramm „CO2-Vermeidung und -Nutzung in Grundstoffindustrien“ angekündigt, mit dem die Entwicklung von Carbon Capture and Utilization (CCU) sowie Carbon Capture and Storage (CCS) für anderweitig nicht vermeidbare prozess-bedingte Emissionen unterstützt werden soll. Neben einer effizienten Kohlendi?bedingte Emissionen unterstützt werden soll. Neben einer effizienten Kohlendi-oxid-(CO2-)Kreislaufführung zielt das Programm im Einzelnen auf die Anpassung und Skalierung von CO2-Abscheidemethoden in industriellen Anlagen, die Modellierung und ggf. Entwicklung von regionalen und ggf. europäischen CO2-Netzwerken, die europäische Zusammenarbeit zur Speicherung von CO2 im tiefen Untergrund unterhalb der Nordsee sowie auf einen Dialogprozess CCU/CCS im Gesamtkontext der Reduktionstechnologien mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Verbänden, Unternehmen und Wissenschaft ab. Für das Förderprogramm stehen aus dem Energie- und Klimafonds bis 2025 circa 585 Millionen Euro zur Verfügung. Der Entwurf der Förderrichtlinie wird der585 Millionen Euro zur Verfügung. Der Entwurf der Förderrichtlinie wird derzeit von der Kommission geprüft.
      2. Welchen Beitrag sollen CCS-Technologien planmäßig zu den CO2-Reduktionszielen der Bundesregierung leisten (bitte nach Prozent und Tonnen für die Jahre 2030 und 2050 aufschlüsseln)?
        Der Beitrag, den die CCS-Technologien zu den Reduktionszielen der Bundesregierung leisten sollen, ist nicht quantifiziert. Laut Klimaschutzprogramm 2030 sollte CCS insbesondere für unvermeidbare prozessbedingte Treibhaus?2030 sollte CCS insbesondere für unvermeidbare prozessbedingte Treibhaus-gas-(THG-)Emissionen aus der Grundstoffindustrie zum Einsatz kommen. Ins-gesamt haben Industrieprozesse einen Anteil von circa 7,5 Prozent an den Gegesamt haben Industrieprozesse einen Anteil von circa 7,5 Prozent an den Ge-samtemissionen Deutschlands, d. h. circa 55 bis 65 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Diese Emissionen sind teilweise z. B. durch Prozessumstellung, Elektrifizierung oder die Verwendung anderer Einsatzstoffe vermeidbar. Für anderweitig nicht vermeidbare Prozessemissionen könnten nachhaltige CCU- und CCS-Technologien eine Option sein.
      3. Wie sehen laut Kenntnis der Bundesregierung die Pläne der EU hinsichtlich des Beitrags von CCS-Technologien an den CO2-Reduktionszielen in den Jahren 2030 und 2050 aus, und welchen Anteil würde Deutschland an den gesamten Speichervolumina übernehmen (müssen)?
        Die Europäische Kommission hat ihre Pläne zum Klimaschutz umfassend im Klimazielplan für 2030 dargelegt und dazu auch eine umfassende Folgenabschätzung veröffentlicht. Die Kommission sieht CCU sowie CCS als wichtige Technologien an, insbesondere im Industriesektor und für negative Emissionen (dann in Kombination mit Bioenergie oder Direct Air Capture). Die EU-Kommission geht für 2050 davon aus, dass CCS eine relevante Rolle zur Minderung und zur Kompensation von Restemissionen (insbesondere in Kombination mit Bioenergie) spielen wird. Aus Sicht der Kommission wird die Technologie bis 2030 vor allem in großem Maßstab erprobt und ausgebaut werden, so-dass bis dahin keine relevanten Treibhausgasminderungen durch die Anwendung von CCS zu erwarten sind. Detaillierte Pläne der Kommission zum Beitrag von CCS-Technologien an den CO2-Reduktionszielen für 2030 und 2050 sind der Bundesregierung nicht bekannt.
      4. Mit welchen unvermeidlichen Restemissionen in Tonnen CO2 rechnet die Bundesregierung im Jahr 2050, die es durch CCS-Technologien auszugleichen gilt?
        Prinzipiell ist CCS nur dann zur Kompensation von unvermeidbaren Restemis-sionen geeignet, wenn das gespeicherte CO2 zuvor der Atmosphäre entzogen wurde. Nach derzeitigem Stand kommen dafür nur die direkte Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture) mit CCS und die Kombination von Bioenergie und CCS in Betracht. Viele andere mögliche Anwendungen, z. B. im Industrieund CCS in Betracht. Viele andere mögliche Anwendungen, z. B. im Industrie-bereich, können lediglich der Minderung von CO2-Emissionen dienen.
        Nach derzeitigen Annahmen zu technischen und sonstigen THG-Vermeidungsoptionen ist zur Erreichung von Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 eine Minderung der menschlich veranlassten Freisetzung von Treibhausgasen um mindestens 97 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 anzustreben. Damit verblieben rund 37,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr Restemissionen im Jahr 2045, die durch Senken auszugleichen sind. Der Senkenbeitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft zum Klimaschutz bis 2045 soll nach dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes bei mindestens minus 40 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent liegen.
      5. Welche Speicherkapazitäten umfassen erschöpfte Erdgaslagerstätten so-wie saline Aquiferen nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte jeweils nach Kapazität in Tonnen CO2 und Bundesland aufschlüsseln)?
        Das Speicherpotenzial von Erdgaslagerstätten wurde von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vor mehr als 10 Jahren auf Basis veröffentlichter Produktionszahlen und Reserven abgeschätzt. Dabei wurden nur Erdgasfelder einbezogen, die eine kumulierte Erdgasförderung von 2 Milliarden Kubikmeter überschritten hatten. Die Speicherkapazität dieser in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gelegenen Erdgasfelder (ausschließlich Festland) wurde mit etwa 2,75 Milliarden Tonnen CO2 beziffert. Die damals betrachteten Erdgasfelder sind größtenteils immer noch in der Produktionsphase.
        Im Rahmen von Potenzialstudien hatte die BGR für einige Regionen in Deutschland CO2-Speicherkapazitäten für salinare Aquifere abgeschätzt. Der dafür verfolgte Ansatz umfasste die Abschätzung statischer, volumetrischer CO2-Speicherkapazitäten in Aquiferstrukturen, ohne die geotechnische Eignung an jedem Standort geprüft zu haben. Die abgeschätzten Kapazitäten sind als theoretisches Speicherpotenzial aufzufassen, welches erst durch standortspezifische Erkundungen und Abschätzung dynamischer Speicherkapazitäten konkretisiert werden müsste. Der strukturspezifische Ansatz wurde zudem nicht deutschlandweit verfolgt, deckte aber einen Großteil der Flächen der wichtigsten deutschen Sedimentbecken „Norddeutsches Becken“ (inklusive des Deutschen Nordseesektors), „Oberrheingraben“ und „Alpenvorlandbecken“ ab. Im Ergebnis wurde für die betrachteten Untersuchungsgebiete eine volumetrische CO2-Speicherkapazität von 6,3 bis 12,8 Milliarden Tonnen CO2 abgeschätzt, davon 1,9 bis 4,5 Milliarden Tonnen im Deutschen Nordseesektor. Bei der Erstellung des Speicherkatasters Deutschland durch die staatlichen Geologischen Dienste wurden untersuchungswürdige Gebiete ausgewiesen, jedoch auf eine Abschätzung von Speicherkapazitäten verzichtet, da für belastbare Schätzungen umfangreichere, standortspezifische Untersuchungen der Speichereigenschaften des Untergrunds erforderlich gewesen wären. Daher liegen solche Abschätzungen zu den Bundesländern derzeit nicht vor.
        International ist neben dem strukturspezifischen Ansatz auch ein anderer Ansatz gebräuchlich, bei dem die Kapazitäten nur auf Basis der räumlichen Gesamtverbreitung von Speichergesteinen abgeschätzt werden. Ein solcher regionaler Ansatz ergibt größere, optimistischere Speicherkapazitäten im Vergleich zum strukturspezifischen Ansatz.
      6. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gilt es nach der Einschätzung der Bundesregierung zu ändern, um die Speicherung von CO2 in geologischen Formationen auf dem Bundesgebiet zu ermöglichen?
        Damit CO2 im tiefen Untergrund auf dem Bundesgebiet gespeichert werden könnte, müssten Bestimmungen des Kohlendioxid-Speicherungsgesetztes (KSpG) geändert werden.
      7. Sind der Bundesregierung konkrete Modellprojekte in Deutschland bekannt, in denen CO2-Abscheidung und CO2-Speicherung zusammen mit der Wirtschaft erprobt werden, und wenn ja, welche (bitte nach Kapazität in Tonnen CO2 auflisten)?
        Nein, derzeit werden nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland keine Modellprojekte zur CO2-Abscheidung und Speicherung zusammen mit der Wirtschaft erprobt.
      8. Welche Fördersummen stellt die Bundesregierung für welche CCS-Projekte derzeit zur Verfügung (bitte einzeln mit Fördersumme aufführen)?
        ACT, Accelerating CCS Technologies, ist eine internationale Initiative, um die Erforschung von CO2-Abtrennung, -Nutzung und -Speicherung zu etablieren. Dazu wurden bislang drei gemeinsame Fördermaßnahmen, ACT 1, 2 und 3 ausgeschrieben. Die aktuell 16 Partnerstaaten fördern damit gemeinsame, internationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte für den künftigen Einsatz sicherer und kosteneffektiver CCU/CCS-Technologien. Seit 2017 förderte die Bundesregierung im Rahmen von ACT insgesamt 24 Vorhaben in insgesamt zehn Verbünden mit einer Gesamtzuwendung in Höhe von 13,7 Millionen Euro. Aktuell befinden sich im Rahmen von ACT 2 Vorhaben zu CCS in der Durchführung mit einer gesamten Förderhöhe von 1,1 Millionen Euro.
      9. Was hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode unternommen, um einen einen offenen gesellschaftspolitischen Dialog zu CCS innerhalb der Bevölkerung voranzutreiben?
        Der CCU/CCS-Dialog muss einen offenen, fairen, neutralen, wissenschaftsbasierten und transparenten Austausch zwischen den relevanten Stakeholdern bestehend aus NGOs und sonstigen Vertreterinnen und Vertretern der Öffentlichkeit, Verbänden, Unternehmen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglichen und CCU/CCS im Gesamtkontext der CO2-Reduktionstech? nologien für die Industrie beleuchten. Der gesellschaftspolitische Dialogprozess wird derzeit vorbereitet.
      10. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass CCS im Emissionshandel anrechenbar und im Rahmen der europäischen Sustainable-Finance-Strategie als förderfähig eingestuft wird?
        Die dauerhafte CO2-Speicherung ist gemäß Artikel 49 der Monitoring-Verordnung anrechenbar im Emissionshandel.
        In Annex I zum Delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung sind die Voraussetzungen aufgeführt, unter denen der CO2-Transport und die CO2-Speicherung als taxonomiekonform gelten.
      11. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung bezüglich des Aufbaus einer regionalen und grenzüberschreitenden CO2-Infrastruktur bereits un-ternommen, und welche Vorhaben sind in Planung?
        Mit dem Förderprogramm „CO2-Vermeidung und -Nutzung in Grundstoffindustrien“ werden auch Vorhaben für CO2-Infrastruktur gefördert werden können. Darüber hinaus steht das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) insbesondere im Rahmen der sogenannten North Sea Basin Task Force mit den Nordseeanrainern Norwegen, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und der Region Flandern im Austausch und berät sich zu allen Fragestellungen der CO2-Speicherung im tiefen Untergrund unterhalb der Nordsee; hiervon sind auch die Fragestellungen für eine grenzüberschreitende Infrastruktur erfasst. Das BMWi ist darüber hinaus Mitglied in der sogenannten Thematischen Gruppe für Projekte von gemeinsamem Interesse, sogenannte PCIs (Projects of Common Interest), für eine CO2-Infrastruktur auf der Grundlage der Energie-Infrastrukturverordnung der EU. Insgesamt befinden sich fünf CO2-Infrastrukurprojekte auf der aktuell gültigen vierten PCI-Liste vom 31. März 2020. Das Athos-Projekt nimmt den etwaigen Anschluss deutscher deutscher Industrieregionen an eine geplante CO2-Infrastruktur in den Blick: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020R0389&from=en
      12. Plant die Bundesregierung, Meeresboden unter der Nordsee, speziell Gebiete rund um ehemalige Erdöl- oder Erdgas-Bohrlöcher, für die Speicherung von CO2 im Sinne des Klimaschutzes zu nutzen, bzw. in welchem Planungsstadium befindet sich die Bundesregierung bei dieser Thematik?
        Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen.
      13. Befindet sich die Bundesregierung in Gesprächen mit Ländern, die sich aufgrund ihrer Offshore-Potenziale als Kooperationspartner für die CO2-Speicherung eignen, und falls ja, um welche Länder handelt es sich dabei konkret?
        Das BMWi ist als Mitglied in der North Sea Basin Task Force mit den anderen Mitgliedstaaten im Austausch (siehe Antwort zu Frage 11). Darüber hinaus bestehen bilaterale CCU/CCS-Arbeitsgruppen mit Norwegen und den Niederlanden.
      14. Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit noch rechtliche Hindernisse oder bürokratische Schwierigkeiten für Unternehmen, die ihr abgeschiedenes CO2 in andere Länder exportieren möchten, um es dort speichern zu lassen, und falls ja, welche konkreten Änderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen müssten nach Ansicht der Bundesregierung vorgenommen werden?
        Die Bundesregierung plant die Ratifikation des geänderten Artikel 6 des London-Protokolls (zum London-Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972), der den grenzüberschreitenden CO2-Transport zwecks Speicherung im tiefen Untergrund unter dem Meeresboden ermöglicht. Hierfür sind noch Änderungen im nationalen Recht erforderlich.
        Im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Transport von CO2 sowie eine hier-für notwendige CO2-Infrastruktur in Deutschland wird geprüft, ob und wie das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz hierfür angepasst werden muss und welche Regelungen eine entsprechende Rechtsverordnung beinhalten muss.
        Die grenzüberschreitende Kooperation zum CO2-Transport und zur CO2-Speicherung mit Nordseeanrainern setzt nach Ansicht der Bundesregierung bi-laterale oder multilaterale Vereinbarungen zu solchen Fragen voraus, die in der Richtlinie 2009/31/EG zur geologischen Speicherung von Kohlendioxid (CCS-Richtlinie) derzeit nicht abgedeckt sind. Das sind bei grenzüberschreitenden Projekten vor allem Regelungen zur Zuständigkeit der beteiligten Länder für die Erteilung von Genehmigungen, für die Überwachung und bei Unregelmäßigkeiten oder Leckagen der Transport- und Speicherinfrastruktur.
      15. Welche rechtlichen Hindernisse bestehen laut der Bundesregierung aktuell für die Speicherung von CO2 in Deutschland, und plant die Bundesregierung, gesetzliche Änderungen vorzunehmen, um z. B. Modellprojekte zur Erkenntnisgewinnung im Bereich CO2-Speicherung zu ermöglichen?
        Auf die Antworten zu den Fragen 1, 2, 6, 11 und 14 wird verwiesen.
      16. Welche CO2-Einsparpotenziale bietet nach Kenntnis der Bundesregierung der Einsatz des „blauen Wasserstoffs“ in der deutschen Industrie (bitte nach Branche und Kapazität in Tonnen CO2 aufschlüsseln)?
        Die Bundesregierung geht davon aus, dass ein signifikanter Teil der direkten CO2-Emissionen in der Industrie durch den Einsatz von Wasserstoff auf Basis von erneuerbaren Energien eingespart werden kann. Dies gilt insbesondere für die Stahlbranche, deren Hochofenroute fast vollständig über die Direktredukti-on von Wasserstoff dekarbonisiert, und die Chemiebranche, in der heute einge-setzter Wasserstoff auf Basis von fossilem Erdgas substituiert werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Vermeidungspotenziale durch den Einsatz von Wasserstoff bei bis zu Wasserstoff bei bis zu 50 Millionen Tonnen pro Jahr in der Stahl- und bis zu 190 Millioen Tonnen pro Jahr in der Chemieindustrie liegen (Agora, 2019).190 Millionen Tonnen pro Jahr in der Chemieindustrie liegen (Agora, 2019). Berechnungen der exakten Höhe der Emissionseinsparungen des Einsatzes von blauem Wasserstoff sind dabei auch von den angesetzten Systemgrenzen abhängig, welche ggf. auch Emissionen der Bereitstellung von fossilem Erdgas einschließen können.
        Aus Sicht der Bundesregierung ist nur Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde („grüner“ Wasserstoff), auf Dauer nachhaltig. Daher ist es Ziel der Bundesregierung, grünen Wasserstoff zu nutzen, für diesen einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren. Die Bundesregierung geht jedoch gleichzeitig davon aus, dass sich in den nächsten zehn Jahren ein globaler und europäischer Wasserstoffmarkt herausbilden wird. Auf diesem Markt wird auch CO2-neutraler (z. B. „blauer“ oder „türkiser“) Wasserstoff gehandelt werden. Aufgrund der engen Einbindung von Deutschland in die europäische Energieversorgungsinfrastruktur wird daher auch in Deutschland CO2-neutraler Wasserstoff eine Rolle spielen und, wenn verfügbar, auch übergangsweise genutzt werden.
      17. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Bedarf an CO2-neutralem Wasserstoff für die nächsten zehn Jahre ein?
        Welcher Anteil davon muss nach Einschätzung der Bundesregierung über Importe beschafft werden, und welche Lieferländer werden hierfür besonders in Betracht gezogen?
        Die Bundesregierung sieht bis 2030 einen Wasserstoffbedarf von circa 90 bis 110 Terawattstunden. Um einen Teil dieses Bedarfs zu decken, sollen bis zum Jahr 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen von bis zu 5 Gigawatt Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass hiermit bis zu 14 Terawattstunden grünen Wasserstoffs hergestellt werden könnten wofür eine erneuerbare Strommenge von bis zu 20 Terawattstunden benötigt würde. Für den Zeitraum bis 2035 werden nach Möglichkeit weitere 5 Gigawatt zugebaut, spätestens bis 2040.
        Um den zukünftigen Bedarf zu decken, wird der überwiegende Teil (circa 80-100 Terawattstunden) des Wasserstoffs importiert werden müssen und kann nicht nur mit der nationalen Erzeugung von grünem Wasserstoff bedient wer-den. Dazu wird die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten intensivieren, insbesondere im Bereich der Nord- und Ostsee, aber auch in Südeuropa. Die Bundesregierung wird gemeinsam mit den Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee die Wasserstoffproduktion mithilfe eines verlässlichen Regulierungsrahmens für Offshore-Windenergie forcieren. Zudem strebt sie an, auch in anderen Partnerländern, z. B. im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, aber auch weiteren Industrie- und Schwellenländern Produktionsmöglichkeiten systematisch zu erschließen.
      18. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Experten des Oxford Institutes for Energie Studies, die davon ausgehen, dass die Klimaneutralstellung von Prozessen im industriellen Maßstab, z. B. in der Stahl- und Chemieindustrie, ohne den Einsatz von „blauem Wasserstoff“ in absehbarer Zeit nicht denkbar ist (https://www.oxfordenergy.org/wpcms/wp-content/uploads/2020/06/Blue-hydrogen-as-an-enabler-of-green-hydrogen-the-case-of-Germany-NG-159.pdf)?
        Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Bedarf an „blauem Wasserstoff“ in den nächsten zehn Jahren ein, und welcher Beschaffungsweg soll dafür genutzt werden?
        Die Bundesrhttps://www.bundestag.de/hib#url=L3ByZXNzZS9oaWIvODUwNzkwLTg1MDc5MA==&mod=mod454590egierung macht sich generell Studien Dritter nicht zu eigen. Hinsichtlich des künftigen Bedarfs an Wasserstoff und dessen Herstellung wird im Übrigen auf die Antworten zu den Fragen 16 und 17 verwiesen.

->Quellen: