Handlungspakt für starke Chemie- und Pharmaindustrie

BMWi, VCI, IGBCE und BAVC beschließen Handlungsfelder für Transformation der Branche – Ausschnitte

Nach einem intensiven Arbeitsgruppenprozess und mehreren Spitzentreffen zwischen Bundeswirtschaftsminister Altmaier und den Spitzenorganisationen der chemisch-pharmazeutischen Industrie – VCI, IG BCE und BAVC – haben die Partner im Branchendialog Chemie einen Handlungspakt für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der drittgrößten Branche in Deutschland beschlossen. Solarify dokumentiert Ausschnitte des Pakts.

Chemische Industrie – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Dort heißt es: „Um die Leistungskraft der Chemie- und Pharmaindustrie zu erhalten und zu fördern, müssen wir den Standort an diese Veränderungen anpassen:

  • Innovationen stärken – Fachkräfte mobilisieren
    o Der beschlossene Anstieg der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für FuE muss umgesetzt werden. Dieses Niveau muss langfristig stabilisiert und möglichst ausgebaut werden.
    o Das Forschungszulagengesetz muss unbürokratisch umgesetzt werden. Die Ergebnisse der für 2025 vorgesehenen Evaluierung bleiben abzuwarten.
    o Die chemisch-pharmazeutische Industrie braucht hochqualifizierte Fachkräfte. Dazu ist eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive erforderlich.
    o Um Start-ups das Wachstum zu ermöglichen, sind Maßnahmen zur Einrichtung von staatlich initiierten oder mitgetragenen Wagniskapitalfonds, (wie dem auf das Wachstum von Start-ups ausgerichteten Zukunftsfonds) wichtige Schritte.
  • Den Mittelstand stärken und neue Wege bei Planungs- und Genehmigungsverfahren gehen
    o Für die rund 1.600 kleinen und mittelständischen Unternehmen der chemisch-pharmazeuti-schen Industrie wollen wir die Belastungen durch unnötige Bürokratie reduzieren. Dazu ge-hört die Einführung einer wirkungsvollen „One In, One Out“-Regelung auf EU-Ebene, die alle Politikfelder umfasst und neben Berichtspflichten auch den Erfüllungswand berücksichtigt.
    o Die Genehmigungsverfahren müssen erheblich beschleunigt werden, um Projektideen rasch in die Umsetzung zu bringen.
    o Für Projekte, die im übergeordneten nationalen oder regionalen Interesse liegen, die eine überregional stark ausstrahlende und stimulierende Wirkung auf die Wirtschaft erzeugen, sollte der Personal- und Ressourceneinsatz gestärkt werden. Dazu wird das BMWi den Aufbau eines Expertennetzwerks mit dem Ziel der Bildung und des Einsatzes zusätzlicher „Flying Projektteams“ prüfen.
    o Auf europäischer Ebene sollte die Einführung eines Planungs- und Genehmigungsgesetzes geprüft werden.
    o Sicherheit und Know-how Schutz erfordern den Schutz von sensiblen Daten und Informatio-nen. Sensible Unternehmensdaten dürfen nicht über öffentliche Medien, wie zum Beispiel dem Internet, frei zugänglich sein.
  • Steuer- und Abgabenbelastung der Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Ni-veau bringen, unter anderem durch ein regelmäßiges Monitoring zur Evaluierung der Steuer- und Abgabenbelastung.
  • Leistungsfähige Infrastruktur gewährleisten durch:
    o Schaffung von infrastrukturellen Voraussetzungen dafür, dass die großen Chancen digitaler Innovationen bei allen Verkehrsträgern optimal genutzt werden können,
    o Unterstützung eines möglichst flächendeckenden Ausbaus zukunftsfester Gigabitnetze bis zum Jahr 2025. Im Bereich Telekommunikation wurden mit dem Gigabitziel für 2025 und der Mobilfunkstrategie ambitionierte Ziele zum forcierten Ausbau mit digitalen Infrastrukturen gesetzt. Für Gebiete, in denen kein eigenwirtschaftlicher Ausbau stattfindet, hat die Bundes-regierung umfangreiche Förderprogramme aufgelegt,
    o Förderung eines leistungsfähigen Sicherheitsnetzwerks zwischen Behörden, Unternehmen und Forschung in Deutschland und Europa durch Implementierung internationaler Daten-nutzungsregeln.
  • Handelsbarrieren abbauen – globale Wertschöpfungsketten stärken
    o Einsatz für einen regelbasierten Freihandel und zur Einhaltung der WTO-Regeln im Rahmen der Gremien der EU.
    o Lieferketten stärken und resilienter gestalten.
    o Enger Schulterschluss und eine gemeinsame Handelspolitik zwischen der EU und der neuen US-Administration.
    o Einsatz für eine Europäische Strategie für fairen Wettbewerb gegenüber China.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dazu: „Die Herausforderungen für die Chemie und Pharmaindustrie sind gewaltig. Gleichzeitig hat die Branche in der Pandemie, zum Beispiel bei Impfstoffen, Desinfektionsmitteln und Medizinprodukten gezeigt, welche große Lösungskompetenz in ihr steckt. Die Branche geht auch die Transformation hin zur CO2-Neutralität engagiert und in einer beispiellosen, gelebten Sozialpartnerschaft an. Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften und Wissenschaft müssen hier eng zusammenarbeiten, wenn wir die industrielle und technologische Souveränität in Deutschland sichern und die Rahmenbedingungen für Schlüsseltechnologien und Basisinnovationen weiter verbessern wollen. Das Wirtschaftsministerium wird diesen Weg der Branche unterstützen.“

Schlüssel für Transformationsaufgabe zur Klimaneutralität

Auch VCI-Präsident Christian Kullmann betonte die Bedeutung des Handlungspaktes Chemie und Pharma für die politischen Weichenstellungen zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der Branche: „Die Chemie- und Pharmaindustrie entwickelt Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft. Dazu gehören zum Beispiel Klimaschutz, Mobilität, industrielle Gesundheitswirtschaft und Ernährung. Unsere Branche ist der . Wir werden sie nur bestehen, wenn wir riesige Schlüssel für die Transformationsaufgabe zur KlimaneutralitätMengen erneuerbarer Energie zu günstigen Preisen bekommen, den Mittelstand mit Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung mitnehmen und auch die Pharmaunternehmen und die industrielle Gesundheitswirtschaft stark bleiben. Auch in Europa brauchen wir eine gemeinsame Stimme angesichts vor uns liegender Herausforderungen wie der Europäischen Chemikalienstrategie. Die Unterstützung von Bundesminister Altmaier dafür ist ein ermutigendes Signal. Der Handlungspakt setzt den Rahmen für unsere Industrie, den eine künftige Bundesregierung unbedingt aufgreifen sollte.”

Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis sagte: „Die Transformation der Industrie werden wir in den kommenden Jahrzehnten nur mit einem gesamtgesellschaftlichen Kraftakt erfolgreich gestalten können. Erforderlich sind die Solidarität und Kooperationsbereitschaft aller Spieler auf dem Feld. Deshalb ist es wichtig, dass Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft in der chemisch-pharmazeutischen Industrie vormachen, wie ein enger Schulterschluss aussehen kann. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch mit Blick auf Europa. Hier müssen wir gemeinsam eine Sprache sprechen: zur EU-Chemikalienstrategie, Energie- und Klimapolitik sowie zur Stärkung des kontinentalen Pharmanetzwerks – damit wir den Green Deal auch sozial und wirtschaftlich nachhaltig machen und europäische Wertschöpfungsketten sichern. Jetzt gilt es, den Wandel voranzutreiben und die Branche als Garant für Wohlstand und Gute Arbeit weiterzuentwickeln. Unser gemeinsamer Handlungspakt legt den Grundstein dafür.“

BAVC-Präsident Kai Beckmann bekräftigte die Notwendigkeit für eine auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation ausgerichtete Branchenstrategie: „In Deutschland haben wir beste Voraussetzungen, um ein Gewinner der Transformation zu werden. Wir haben kluge Köpfe, innovative Unternehmen und eine eingespielte Sozialpartnerschaft. Aber wir haben auch zu viele Baustellen: Wir müssen Nachhaltigkeit dreidimensional denken – ökologisch, sozial und ökonomisch. Wir müssen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft umfassend digitalisieren und weiße Flecken bei der Netzinfrastruktur eliminieren. Auch der Trend zu mehr Staat und mehr Regulierung ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Unser gemeinsamer Handlungspakt zeigt auf, wo wir besser werden müssen. Jetzt kommt es darauf an, dass Politik, Unternehmen und Sozialpartner an einem Strang ziehen.“

  • Der European Green Deal und die Europäische Industriestrategie müssen miteinander verbunden und marktwirtschaftlich umgesetzt werden. Investitionen sind das Kernelement einer Europäischen Industriestrategie, diese sollten erfolgen durch:
    o vornehmlich private Investitionen in eine treibhausgasneutrale Transformation der Industrie und
    o ergänzend öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur.
  • Wir brauchen Erprobungs- und Demonstrationsprojekte unter Praxisbedingungen und weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der Transformation:
    o Reallabore als zeitlich und räumlich begrenzte und rechtlich abgesicherte Experimentierräume wollen wir häufiger und unkomplizierter nutzen – durch die Verbesserung des recht-lichen Rahmens für Reallabore. Dazu gehört auch die verstärkte Nutzung von Experimentierklauseln auf EU-Ebene.
    o Viele europäische Länder wollen zur nachhaltigen Transformation die Mittel aus dem Recovery and Resilience Funds (RRF) zur Investitionsunterstützung nutzen. Auch die Bundesregierung setzt die ihr zur Verfügung stehenden Mittel über die drei IPCEI Themenfelder (Wasserstoff, Cloud Computing, Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien) und die Förderung der digitalen Bildung für wesentliche Vorhaben zur Unterstützung des grünen und digitalen Wandels ein. Dabei soll ein unbürokratischer Zugang zu den Fördermitteln ermöglicht werden.
    o Öffentlich geförderte Forschungsprojekte verbessern den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Die Projektförderung für Schlüsseltechnologien, wie die Biotechnologie, Advanced Materials and Manufacturing, die Elektromobilität und chemisches Recycling, beschleunigt die Transformation und sollte daher intensiviert werden.

Auf dem Weg zur klimaneutralen Produktion

Die deutsche Chemieindustrie strebt auch im Einklang mit den neuen politischen Vorgaben eine klimaneutrale Produktion an. Um dies zu erreichen, benötigt die Chemiebranche nach der Roadmap 2050 des VCI mehr als 600 TWh Grünstrom pro Jahr; dies ist mehr als der aktuelle Stromverbrauch in Deutschland, der 2019 bei rd. 540 TWh lag. Die Roadmap geht zudem davon aus, dass diese Strom-menge zu einem Gesamtendpreis von maximal 4 ct. / kWh zur Verfügung gestellt werden muss. Dieser Preis liegt erheblich unter dem in den letzten Jahren zu verzeichnenden Strombezugspreis von energieintensiven Unternehmen, welche schon sehr weitreichend von staatlich induzierten Strom-preisbestandteilen befreit sind. Nach Angaben des BDEW lag der Gesamtendpreis für Stromgroßverbraucher (Stromverbrauch zwischen 70 und 150 Mio. kWh/a) im 1. Halbjahr 2020 bei rd. 10 ct. / kWh. Dies macht die immensen Herausforderungen deutlich, vor der die Chemiebranche steht. Um diese Herausforderung zu bestehen, bedarf es einer großen Kraftanstrengung der Branche und der Politik:

  • Entlastungen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, wie die Besondere Ausgleichsregelung, die Eigenstromentlastung, die freie Zuteilung von Emissionsrechten, die Strompreiskompensation, die Energie- und Stromsteuerentlastungen und eine Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung haben auch weiterhin eine zentrale Bedeutung für die Chemiebranche.
  • Der Weg, im internationalen Wettbewerb stehende Industrien zu entlasten, sollte durch geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Kosteneffizienz des EEG und seiner Finanzierung fortgesetzt werden. Mit dem Einstieg in die Haushaltsfinanzierung bei der EEG-Umlage ab diesem Jahr hat die Bundesregierung einen wichtigen ersten Schritt getan, um die Strompreise für Unternehmen aber auch Bürgerinnen und Bürger zu senken. Diesen Weg gilt es im Hinblick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland im internationalen Vergleich fortzusetzen. Ziel ist es, dass die EEG-Umlage in den nächsten fünf Jahren schrittweise abgesenkt und schließlich ganz abgeschafft wird. Gleichzeitig müssen die Kosten des Erneuerbaren-Ausbaus weiter sinken, sowohl durch mehr Wettbewerb innerhalb des EEG als auch durch stärker marktgetriebenen Erneuerbaren-Ausbau. Dadurch können die Lasten für den Bundeshaushalt begrenzt werden.
  • Energieeffizienzpotentiale sollen weiter gehoben werden. Zwar sind in vielen Verfahren inzwischen physikalisch-technische Grenzen erreicht – in anderen können aber noch Potentiale gehoben werden. Die Förderprogramme der Bundesregierung sind der richtige Weg, um diese Potenziale zu heben, die Förderprogramme sollten laufend weiterentwickelt werden.
  • Wasserstoff ist ein Schlüssel zur Transformation der Chemieindustrie. Die Rahmenbedingungen sollten so gestaltet sein, dass der Aufbau der inländischen Wasserstofferzeugung möglichst netz- und systemdienlich erfolgt, aber auch industrielle Wasserstofferzeugungen an Standorten mit geringen lokalen EE-Potenzialen ermöglicht, wo dies aus prozessualen Gründen (z. B. Verbundeffekten) sowohl ökologisch als auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. In Bezug auf das deutsche Stromnetz bedeutet dies, dass insbesondere keine relevanten Engpässe im Stromnetz ausgelöst oder verschärft werden. Um eventuellen Engpässen im Stromnetz zu begegnen, sollte das deutsche Stromnetz entsprechend zukunftsweisend ertüchtigt werden. In diesem Kontext sind die Energieinfrastrukturen an die Anforderungen der Energiewende anzupassen. Hierzu gehören die Umwidmung von Erdgasleitungen in Wasserstoffleitungen und der Ausbau von Leitungsinfrastrukturen. Darüber hinaus ist aus Sicht der chemischen Industrie die Möglichkeit des bilanziellen Bezugs von EE-Strom über Herkunftsnachweise notwendig, um Investitionen in Wasserstoffelektrolysen in Regionen mit geringen lokalen EE-Kapazitäten anzureizen.
  • Carbon Leakage muss verhindert werden – ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus wird von der chemischen Industrie jedoch überwiegend kritisch beurteilt. Ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung dieses neuen Ansatzes ist die Konformität mit WTO-Recht insbesondere bezüglich EU-Exporten; dies gilt insbesondere mit Blick auf exportintensive Industrien.
  • Das chemische Recycling ist ein zentrales Element für die Kreislaufwirtschaft in der Chemie und damit ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Transformation des Sektors. Für die Ermöglichung und Incentivierung einer stärkeren Ausrichtung auf zirkuläre Prozesse sollten entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen diskutiert werden.
  • Abscheidung und Nutzung von CO2 werden in der Chemie eine hohe Bedeutung gewinnen. Hier gilt es, u. a. den Emissionshandel so zu gestalten, dass diese technologienbasierten Kaskadennutzungspfade ermöglicht und nicht verhindert werden.
  • Der europäische Beihilferahmen muss den Erfordernissen der Transformation hin zu einer treib-hausgasneutralen Zukunft angepasst werden. So ist die Schaffung neuer beihilferechtlicher Instrumente zu prüfen, um z. B. die Ausgestaltung von Carbon Contracts for Difference (CCfD) zu begleiten und die Transformation wichtiger Industriezweige so zu flankieren, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auch während dieses Prozesses gewahrt werden kann.
  • Zur Umsetzung der VCI-Roadmap 2050 hat die Branche die Stakeholder-Plattform „Chemistry4Climate“ entwickelt. Der Austausch der Stakeholder und die gemeinsame Suche nach den besten Wegen der Transformation werden anerkannt und unterstützt.

Die EU-Chemikalienstrategie sieht gegenüber dem geltenden Stoffrecht eine Vielzahl von Änderungen und Erweiterungen vor, woraus sich große Herausforderungen für die Branche und viele Down Stream User ergeben. Um die EU-Chemikalienstrategie und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie miteinander zu vereinbaren, setzen wir uns für folgende Maßnahmen und Handlungsfelder ein:

  • Zur Ausgestaltung der Chemikalienstrategie ist ein wissensbasierter und ergebnisoffener Dialog mit allen Stakeholdern erforderlich, um verschiedene Handlungsoptionen einschließlich Auf-wand-Nutzen-Folgenabschätzungen auszuarbeiten und zu bewerten.
  • Die Ziele der Chemikalienstrategie und Planungssicherheit sollten primär im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung erreicht werden.
  • Die wissenschaftliche Risikobewertung ist als Kernelement für das Chemikalienmanagement zu erhalten und der vorgeschlagene, primär gefahrenbasierte „allgemeine Ansatz zum Risikomanagement“ unter Beachtung von Nutzen, Risiken und sicheren Verwendungsbedingungen auszugestalten.
  • Wir unterstützen einen auf wissenschaftlicher Risikobewertung beruhenden, im Einklang mit den Anwendungsgrundsätzen des Vorsorgeprinzips stehenden sowie mit praktikablen Kriterien unterlegten Ansatz der „essenziellen Verwendung“. Dabei sind sichere Verwendungen nicht kategorisch auszuschließen.
  • Chemikalienvielfalt und freie Marktentscheidungen sind als Grundvoraussetzung für innovative Lösungen sicherzustellen, da Funktionalitäten bzw. Reaktivitäten chemischer Stoffe oft untrennbar mit deren gefährlichen Eigenschaften verbunden sind.
  • Informations- und Datenanforderungen müssen verhältnismäßig sein. Zusätzlichen Datenanforderungen sollte deshalb ein gestufter Ansatz zugrunde liegen, der u. a. Verwendung und Exposition berücksichtigt.
  • Für die Einstufung- und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen sind weiterhin die international harmonisierten Rahmenvorgaben des Globally Harmonized System (GHS) zu beachten.
  • Um bei der Exposition von Stoffen mögliche Kombinationseffekte gezielt zu berücksichtigen, sollten, falls erforderlich, bei der Risikobewertung „Mixture Assessment“-Faktoren stoff- oder stoffgruppenspezifisch abgeleitet werden.
  • Basis von Exportbeschränkungen für in Europa hergestellte Produkte sollten allein international abgestimmte und harmonisierte Vorgaben sein.
  • Moderne Landwirtschaft braucht neben einer erstklassigen digitalen Infrastruktur und der Nutzung neuer Züchtungsmethoden auch hocheffizienten Mineraldünger und innovativen Pflanzenschutz. Bei Pflanzenschutzmitteln müssen deshalb auch in Zukunft wissenschaftliche Kriterien die alleinige Basis für die Bewertung und Zulassung bleiben.

->Quellen: