Grüner Wasserstoff: Katalysator-Oberfläche im Blick

Forschende untersuchen erstmals Verhalten von Katalysator für Wasser-Elektrolyse auf atomarer Ebene

Mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff gilt als Schlüsselelement der Energiewende: Er kann aus Wind und Sonne gewonnene Energie CO2-neutral chemisch speichern. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben Forschende die Prozesse an der Oberfläche des Iridiumoxid-Katalysators für die Wasser-Elektrolyse untersucht. Ihren Forschungsbeitrag zur Entwicklung verbesserter und effizienterer Katalysatoren stellen sie in einer Medienmitteilung vom 17.08.2021 und im Journal ACS Catalysis der American Chemical Society vor (CC BY-NC-ND 4.0).

Da die Verfügbarkeit der Energie aus erneuerbaren Quellen für die Erzeugung des grünen Wasserstoffs schwankt, sei es sehr wichtig, das Verhalten der Katalysatoren unter hoher Auslastung und unter dynamischen Bedingungen zu kennen, so die Verfasser der Studie. „Bei hohen Strömen gibt es eine starke Entwicklung von Sauerstoffblasen an der Anode, was die Messung erschwert und es bislang nahezu unmöglich machte, ein zuverlässiges Messsignal zu erhalten“, erläutert der Erstautor der Studie Steffen Czioska vom Institut für Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP) des KIT. Die Kombination verschiedener Techniken ermöglichte es den Wissenschaftlern nun, die Oberfläche eines Iridiumoxid-Katalysators unter dynamischen Arbeitsbedingungen grundlegend zu erforschen. „Es ist uns zum ersten Mal gelungen, das Verhalten des Katalysators auf atomarer Ebene trotz starker Blasenentwicklung zu untersuchen“, sagt Czioska. Die American Chemical Society (ACS) wertet die Bedeutung der Veröffentlichung aus dem KIT für die internationale Wissenschaftsgemeinschaft so hoch, dass sie sie mit dem ACS Editor‘s Choice ausgezeichnet hat.

Röntgenabsorptionsspektroskopie mit Synchrotronlicht genutzt

Die Karlsruher Forschenden des ITCP, des Instituts für Katalyseforschung und des Instituts für Angewandte Materialien –  Elektrochemische Technologien haben die für die Katalyse einzigartige Röntgenabsorptionsspektroskopie, die es erlaubt, Änderungen auf atomarer Ebene besonders präzise zu untersuchen, und weitere Analysemethoden kombiniert. „Wir konnten die regelmäßigen Abläufe an der Katalysatorenoberfläche während der Reaktion sehen, weil alles Unregelmäßige herausgefiltert wurde – ähnlich wie bei der Langzeitbelichtung einer nächtlichen Autostraße – und dennoch die dynamischen Vorgänge erkennen“, sagt Czioska. „Unsere Untersuchung zeigt, dass gerade bei sehr hohen Spannungen und unter dynamischen Bedingungen höchst unerwartete Strukturänderungen auftreten, die im Zusammenhang mit einer Stabilisierung des Katalysators stehen“, so der Chemiker. Das Iridiumoxid löse sich weniger auf, das Material bleibe stabil.

Ergebnisse sollen zu besseren, effizienteren Katalysatoren beitragen

Die Erforschung der Vorgänge an der Katalysatoroberfläche ebne den Weg für die weitere Untersuchung von Katalysatoren bei hohen elektrischen Potenzialen und könne dazu beitragen, verbesserte und effizientere Katalysatoren für die Anforderungen der Energiewende zu entwickeln, betont Czioska. Die Untersuchung ist Teil des Schwerpunktprogramms „Dynakat“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in dem deutschlandweit über 30 Forschungsgruppen zusammenarbeiten und vom KIT unter Federführung von Professor Jan-Dierk Grunwaldt vom ITCP koordiniert wird.

Grüner Wasserstoff gilt als umweltfreundlicher chemischer Energiespeicher  und damit als wesentliches Element der Dekarbonisierung von Branchen wie der Stahl- und Chemieindustrie. Die 2020 vom Bundeskabinett beschlossene Nationale Wasserstoffstrategie sieht in der verlässlichen, bezahlbaren und nachhaltigen Erzeugung von Wasserstoff die Basis für dessen zukünftige Verwendung.

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