Karbonat statt Kohlendioxid

LMU mit neuem Verfahren für kohlenstofffreie Brennstoffe

Nanowissenschaftler der Münchner Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) haben eine Technik entwickelt, kohlenstoffhaltige in kohlenstofffreie Brennstoffe umzuwandeln, ohne CO2 frei werden zu lassen, und am 12.11.2021 open access in Angewandte Chemie veröffentlicht: Die Natur kenne mehrere Wege, wie das CO2-Molekül gebunden werden könne. Der bekannteste sei die Photosynthese. Dabei werde Sonnenlicht benutzt, um CO2 in Biomasse umzuwandeln. Forschungsgruppen weltweit bemühten sich, diesen Prozess nachzuahmen und eine sogenannte künstliche Photosynthese zu realisieren. Ziel sei hierbei, CO2 mit Hilfe von Licht effizient in synthetische Brennstoffe zu transformieren.

Mittelmeer bei Tamariu, Katalonien – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die LMU-Webseite weiter: „Die Natur kennt aber auch andere Strategien, um Kohlendioxid zu binden, so findet sich CO2 in den Ozeanen dieser Welt als Karbonat (CO32-) gelöst. Zum Beispiel können Schalentiere wie Muscheln das gelöste Karbonat nutzen und daraus feste Strukturen zu ihrem eigenen Schutz formen, die auf Kalziumkarbonat (CaCO3) basieren. Diese finden sich dann letztendlich in Felsgesteinen rund um den Globus wieder.“

LMU-Wissenschaftler am Nano-Institut München haben nun inspiriert durch das Vorbild der Schalentiere eine Technik entwickelt, kohlenstoffhaltige Brennstoffe in kohlenstofffreie Brennstoffe umzuwandeln, ohne dabei CO2 zu emittieren. Kohlenstoff wird dabei als Karbonat gebunden. Die Nanophysiker verwendeten als Ausgangsprodukt sogenanntes alkalines Methanol und entwickelten ein System, das daraus unter Lichteinstrahlung effizient Wasserstoff als Gas und Karbonat in Form kleiner Steinchen produzierte. Um bei dieser Umwandlung das einfallende Licht und die in atomarer Form vorliegenden Katalysatoren maximal nutzen zu können, entwickelten sie ein aus mehreren Kunststofflagen bestehendes Substrat. Darin entstand deutlich mehr Wasserstoff als bei bislang verwendeten Techniken, die thermische Energie einsetzen.

Den Großteil der Experimente führte dabei Yiou Wang durch, derzeit als Stipendiat der Alexander-von-Humboldt Stiftung bei Prof. Jochen Feldmann am Lehrstuhl für Photonik und Optoelektronik tätig. Er schildert „zwei Momente großer Begeisterung“: „Zunächst sah ich die vielen Wasserstoffbläschen von den katalytisch belegten Polymerlagen aufsteigen und dann bemerkte ich, wie kleine Karbonatkristalle aus der Lösung ausfielen.“ Jacek Stolarczyk, ein Experte für künstliche Photosynthese, fügt hinzu: „Licht ist ein exzellentes Werkzeug, um Reaktionen zur Energieumwandlung zu triggern, das ist viel praktischer, als hohe Temperaturen und hohe Drücke einzusetzen.“

Eine mögliche Anwendung besteht in der Wasserstoffproduktion aus einfachen Alkoholen vor Ort. Hiermit würde man Risiken vermeiden, die beim Speichern und Transport von Wasserstoff entstehen, etwa bei Verwendung von Brennstoffzellen in Fahrzeugen. Solch ein kohlenstoffneutraler und durch Licht ausgelöster Prozess kann Wasserstoff sicher und effizient generieren, ist potenziell hochskalierbar und daher vielversprechend für breit gefächerte Anwendungen. Prof. Jochen Feldmann bemerkt: „Die Vermeidung von CO2-Emissionen durch eine Bindung des Kohlenstoffs in Karbonaten könnte sich zu einem neuartigen Konzept bei der Verwendung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe entwickeln.“

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