„Magische“ Kombination für effektivere Hydrierungen

Paper von Chemikern aus Rostock und Olmütz in nature catalysis

Wasserstoff (H2), kleinstes chemisches Molekül und Hoffnungsträger für die Energiewende, wird bereits in vielen industriellen Prozessen – sogenannten Hydrierungen – zur umweltfreundlichen Herstellung von chemischen Produkten eingesetzt. Damit Wasserstoff sowohl zur Energiegewinnung als auch in Hydrierungen genutzt werden kann, ist es notwendig, die relativ stabile Wasserstoff-Wasserstoff-Bindung selektiv zu aktivieren und weiterreagieren zu lassen. Für diese molekularen Prozesse werden Katalysatoren benötigt, die meist auf teuren und vergleichsweise seltenen Edelmetallen wie Platin, Palladium oder Rhodium basieren. In einer Forschungskooperation zwischen dem Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) in Rostock, Deutschland, und dem Regional Centre of Advanced Technologies and Materials (RCPTM) an der Palacký-Universität Olomouc (Olmütz) in der Tschechischen Republik ist es nun gelungen, deutlich einfachere Katalysatormaterialien, nämlich spezielle Eisensilikate, zu entwickeln.

TEM-Aufnahmen, teils hochauflösend, des Fe/Fe-O@SiO2-Katalysators. Oben: Verteilung von Fe-Nanopartikeln. Mitte: Fe/FeO-Nanopartikel mit Kern-Schale-Struktur. Unten: Elementare Kartierung Eisen (Fe), Siliziumdioxid (Si) und Sauerstoff (O) – Bilder © Vishwas Chandrashekhar, LIKAT

Sie basieren auf preiswertem Eisen (Fe) und Siliziumdioxid (SiO2, Sand) und ermöglichen deutlich effizientere Hydrierreaktionen als bisher üblich, etwa zur Herstellung von Zwischenprodukten für Pflanzenschutzmittel und pharmazeutische Wirkstoffe sowie von Kunststoffen.

Zu diesem Zweck hat Vishwas Chandrashekhar, Doktorand in der Gruppe von Institutsdirektor Prof. Matthias Beller und von Prof. Dr. Jagadeesh Rajenahally, am LIKAT eine große Zahl nanostrukturierter Katalysatoren auf Eisenbasis hergestellt, die ihre eigentliche Aktivität erst in Gegenwart von billigen Aluminiumverbindungen entfalten. Diese „magische“ Kombination überraschte alle beteiligten Chemiker. Tschechische Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Radek Zboril am renommierten RCPTM im Olomouc gelang es, die neuartigen Materialien systematisch mit Hilfe modernster analytischer Techniken zu charakterisieren.

Der optimale Eisen-Katalysator mit der Fachbezeichnung Fe/Fe-O@SiO2 ist ein gut definiertes nanostrukturiertes Material, das an der Grenzfläche zwischen Siliziumdioxid und Eisen eine sogenannte Fayalitstruktur aufweist. Fayalit ist ein seltenes, natürlich vorkommendes Eisensilikat-Mineral. Eine weitere Besonderheit des entwickelten Katalysators sind α-Fe-Nanopartikel an dieser Grenzfläche. Diese Nanopartikel umgibt eine ultradünne amorphe Eisen(III)-Oxidschicht, anders ausgedrückt „Rost“, die quasi aus der Siliziumdioxidstruktur herauswächst.

Die Wissenschaftler aus Rostock und Olomouc glauben, dass ihre Arbeit die weltweiten Bemühungen zur Findung kostengünstiger Hydrierkatalysatoren entscheidend beeinflussen wird und dass damit neue Türen geöffnet werden, um eisenbasierte nanostrukturierte Katalysatoren auch in anderen anspruchsvollen Hydrierungen einzusetzen. Ihre Arbeit ist soeben in nature catalysis erschienen – der Abstract:

„Die Hydrierung von Nitrilen zu Aminen ist ein wichtiger und häufig genutzter industrieller Prozess, denn die dabei entstehenden Produkte finden in Chemie und Biowissenschaften breite Anwendung. Trotz des vorhandenen Portfolios an Katalysatoren für die Hydrierung von Nitrilen ist die Entwicklung von heterogenen Katalysatoren auf Eisenbasis für diesen Prozess immer noch eine Herausforderung. Hier zeigen wir, dass die Imprägnierung und Pyrolyse von Eisen(II)-acetat auf handelsüblichem Siliciumdioxid einen wiederverwendbaren Fe/Fe-O@SiO2-Katalysator mit einer gut definierten Struktur ergibt, welche die Fayalitphase an der Si-Fe-Grenzfläche und ?-Fe-Nanopartikel umfasst, die von einer ultradünnen amorphen Eisen(III)-Oxidschicht bedeckt sind, die aus der Siliciumdioxidmatrix herauswächst. Diese Fe/Fe-O-Kern-Schale-Nanopartikel fördern in Gegenwart katalytischer Mengen von Aluminiumzusätzen die Hydrierung aller Arten von Nitrilen, einschließlich strukturell anspruchsvoller und funktionell vielfältiger aromatischer, heterozyklischer, aliphatischer und fetthaltiger Nitrile, um primäre Amine unter skalierbaren und industriell praktikablen Bedingungen herzustellen.“

->Quelle und Originalpublikation: