IEA erwartet deutliches Abflauen der Erdgasnachfrage

Internationale Energie-Agentur rechnet für 2022 mit Rückgang des Erdgasverbrauchs – US-Fracking-Industrie „besonders gefährdet“

Nach Angaben der IEA vom 31.01.2022 in Paris waren die jüngsten starken Preissteigerungen für Erdgas durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren bestimmt.  Ein wesentlicher Grund dafür seien die zuletzt starken Preiserhöhungen, aber auch geringere Verbrennung von Gas im Energiesektor; billigere Kohl wird durch die hohen Preise wettbewerbsfähiger. Für Europa und Asien erwartet die Agentur, dass die Nachfrage nach Erdgas um vier Prozent zurückgeht. Im vergangenen Jahr sei der europäische Gasverbrauch um schätzungsweise 5,5 % auf 552 Milliarden Kubikmeter gestiegen. 2022 soll er den Angaben zufolge um etwa 4,5 % auf 527 Mrd. Kubikmeter zurückgehen.

IEA-Report ‚Gas 2020‘ – Titel © iea.org

Die Gaspreise in Europa und Asien erreichten im vergangenen Jahr Rekordhöhen, während die Preise in den USA auf den höchsten Stand seit zehn Jahren stiegen, was auf ein geringeres Angebot, niedrige Lagerbestände, Infrastrukturausfälle und den Wettbewerb um Flüssigerdgasladungen (LNG) zurückzuführen ist. Obwohl die europäischen Kohle- und EU-Kohlenstoffpreise ebenfalls stiegen, blieben sie hinter dem Anstieg der Gaspreise zurück, so dass sich die kurzfristigen Grenzkosten zu Gunsten der Kohleverstromung verschoben. In Europa haben geringere Pipeline-Lieferungen aus Russland als üblich und die Besorgnis über Lieferunterbrechungen im Falle von Sanktionen gegen Russland im Falle eines Einmarsches in der Ukraine dazu beigetragen, dass die Preise in diesem Jahr auf einem hohen Niveau blieben und weiterhin Anreize für einen verstärkten Einsatz von Kohle in Ländern bestehen, die zwischen verschiedenen Brennstoffen wechseln können.

So führte ein starker Anstieg der Gasnachfrage durch die Erholung der Weltwirtschaft von den Folgen der Corona-Krise zusammen mit Produktionsausfällen und einem verhältnismäßig kalten Winter im vergangenen Jahr zu einer Angebotslücke. Als Konsequenz daraus stiegen auch die Preise stark. Kurzfristig werde der Gasbedarf während der winterlichen Heizsaison auf der Nordhalbkugel der Erde noch von der Temperaturentwicklung abhängen, teilte die IEA weiter mit. Sofern diese normal ausfalle, werde die Nachfrage an den Gasmärkten aber durch die hohen Preise und die sich abschwächende konjunkturelle Entwicklung abgebremst. Zudem könnte die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Förderkapazität dazu führen, dass sich die Lage auf der Angebotsseite entspanne.

Laut Berechnungen der IEA dürfte die globale Gasnachfrage in diesem Jahr um nur noch 0,9 Prozent auf 4,1 Billionen Kubikmeter steigen. Im vergangenen Jahr hatte sie sich noch um 4,6 Prozent erhöht. Die weltweite Fördermenge dürfte demnach zugleich um 1,6 Prozent auf 4,2 Billionen Kubikmeter zunehmen, die Nachfrage also übertreffen.

IEA-Vorhersage 2021-2025: Aufschwung und darüber hinaus

Nachfrage – Nach einem Rückgang um 4 % 2020 dürfte sich die Erdgasnachfrage 2021 allmählich erholen, da der Verbrauch in den reifen Märkten wieder annähernd das Vorkrisenniveau erreicht, während die Schwellenländer von der wirtschaftlichen Erholung und den niedrigeren Erdgaspreisen profitieren. Die Auswirkungen der Krise im Jahr 2020 werden sich jedoch voraussichtlich auf das mittelfristige Wachstumspotenzial auswirken und zu einem Wachstumsverlust von etwa 75 Mrd. m3 im Prognosezeitraum 2019 bis 2025 führen. Diese Prognose geht von einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,5 % pro Jahr in diesem Zeitraum aus. Auf den asiatisch-pazifischen Raum entfällt mehr als die Hälfte des zusätzlichen weltweiten Gasverbrauchs in den kommenden Jahren, was vor allem auf die Entwicklung von Gas in China und Indien zurückzuführen ist. Auch wenn die Aussichten für Erdgas auf diesen beiden Märkten nach wie vor gut sind, so hängen sie doch in hohem Maße von der künftigen politischen Ausrichtung Chinas und Indiens und deren Erholungspfad nach der Krise ab. Trotz des derzeitigen wirtschaftlichen Gegenwinds und der Ungewissheit profitiert Erdgas in beiden Ländern immer noch von einer starken politischen Unterstützung, mit laufenden Reformen, um die Rolle von Gas im Energiemix zu erhöhen. Das künftige Wachstum des Industriesektors, der in beiden Ländern die Haupttriebfeder für die zusätzliche Gasnachfrage darstellt, wird jedoch in hohem Maße vom Tempo der wirtschaftlichen Erholung abhängen, sowohl auf den Inlands- als auch auf den Exportmärkten für Industriegüter.

Angebot – Wenn auch fast alle Regionen in den nächsten fünf Jahren zum Wachstum der Erdgasproduktion beitragen werden, so stammt doch die Hälfte des Nettozuwachses aus Nordamerika und dem Nahen Osten. Die US-amerikanische Schiefergasindustrie, die in den letzten Jahren die Haupttriebkraft für das weltweite Wachstum der Gasproduktion war, ist in der derzeitigen Krise besonders gefährdet. Die Fähigkeit des Sektors, sich nach der Krise wieder zu erholen, wird entscheidend sein, um die zusätzliche Gasproduktion zu liefern, die der US-Markt benötigt, um seine rückläufige konventionelle Produktion zu ersetzen und seine zusätzlichen LNG-Exportkapazitäten zu versorgen, die derzeit entwickelt werden. Das Produktionswachstum im Nahen Osten wird durch das Hochfahren großer konventioneller Projekte in Saudi-Arabien, Iran, Israel, Irak und Katar angetrieben, für die der Ölpreisverfall und die Unsicherheit in den ersten Jahren der Prognose ein erhebliches Abwärtsrisiko darstellen. Die Gasproduktion in Russland, der andere große Beitrag zum zusätzlichen Angebot, wird fast ausschließlich durch exportorientierte Projekte vorangetrieben; während der größte Teil der zusätzlichen Produktion für die zweite Hälfte der Prognose erwartet wird, könnte die kurzfristige Ungewissheit über das Nachfragewachstum den Entwicklungsplan negativ beeinflussen.

Handel – LNG bleibt die wichtigste Triebkraft des internationalen Gashandels, da die Investitionswelle 2018-19 in Verflüssigungsprojekte zusätzliche Exportkapazitäten in Nordamerika, Afrika und Russland schafft. Das langsamere Wachstum der Gasnachfrage nach 2020 führt jedoch dazu, dass der Ausbau der Verflüssigungskapazitäten die zusätzlichen LNG-Importe bis 2025 übersteigt, was das Risiko eines angespannten LNG-Marktes während des Prognosezeitraums begrenzt. China, Indien und die aufstrebenden asiatischen Märkte sind für den größten Teil des Wachstums der künftigen LNG-Importe verantwortlich, während Europa nach dem Erreichen eines Rekordniveaus als Ausgleichsmarkt wieder auf das Niveau von vor 2019 zurückkehren dürfte. Der zusätzliche Pipeline-Handel ergibt sich vor allem aus dem schrittweisen Ausbau der Exportinfrastruktur in Eurasien (TANAP und TAP nach Europa und Power of Siberia nach China).

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