Grüner Wasserstoff leuchtet pink

FAU-Forschende entwickeln Sensor, um Wasserstoff sichtbar zu machen

Unsichtbares Wasserstoffgas für das bloße Auge sichtbarzu machen, um Gefahren durch Brände und Explosionen zu verhindern: Dieses Ziel haben Wissenschaftler des Departments Chemie und Pharmazie und des Lehrstuhls für Thermische Verfahrenstechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) erreicht – durch sogenannte winzig kleine Suprapartikel, die ihre Farbe verändern, sobald sie mit Wasserstoff in Berührung kommen. Die Forschungsarbeit wurde open access in Advanced Functional Materials veröffentlicht.

Poröse, aus Silica und Gold Palladium Nanopartikeln sowie dem Indikatorfarbstoff Resazurin bestehende Suprapartikel absorbieren aus feuchter Luft Wasser. Damit wird ein Drei-Phasen-System erzeugt, in dem sich die Farbstoffmoleküle frei bewegen können. In Anwesenheit von Wasserstoff zeigen die Partikel eine zweistufige, (ir)reversible Farbumschlagsreaktion, um Wasserstoff in Echtzeit sowie nach einer Exposition sichtbar zu machen. Grafik: AK Mandel / FAUopen access

Grüner Wasserstoff soll in Zukunft zum Schlüsselbaustein für eine nachhaltige und klimafreundliche Energiewirtschaft werden. Wasserstoffgas kann man aber weder riechen noch sehen, an der Luft ist es zudem leicht entzündlich und hochexplosiv. Historische Ereignisse wie die Explosion des Zeppelins „Hindenburg“ und kürzlich auch die Explosion einer Wasserstofftankstelle in Norwegen*) zeigen, wie wichtig Sicherheitsvorkehrungen sind, um eine nachhaltige und sichere Wasserstoffwirtschaft aufzubauen.

*) In Norwegen explodierte am 10.06.2019 eine Wasserstoff-Tankstelle. Die Explosion ereignete sich nicht in, sondern „bei“ der Tankstelle: Ursache war ein Montagefehler an einem Hochdrucktank. Der norwegische Wasserstoff-Konzern Nel erklkärte daraufhin: Es sei zu einer Verpuffung gekommen, als sich durch ein Leck an der Rohrverschraubung eines der separat gelagerten Hochdrucktanks eine Wasserstoff-Gaswolke bildete und sich entzündete (auto-motor-und-sport.de/wasserstofftankstelle-explodiert-norwegen-ursache-gefunden).

Um die Sicherheit im Umgang mit Wasserstoff zu erhöhen, haben Forscherinnen und Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), ausgehend von einem Konzept, das am Fraunhofer Institut für Silicatforschung (ISC) in Würzburg entwickelt wurde, die grundsätzlichen Funktionsmechanismen für einen neuartigen Wasserstoffsensor erforscht. Die Forschungsarbeit wurden in Advanced Functional Materials veröffentlicht.

Wasserstoffsensoren können bereits geringe Konzentrationen des Gases, zum Beispiel bei einem Leck in der Leitung, erkennen. Der neuartige Wasserstoffsensor der FAU-Forschern besteht aus winzigen Partikeln, sogenannten Suprapartikeln, und macht ohne Strom oder komplexe Messgeräte Wasserstoffgas für das bloße Auge sichtbar.

Die entwickelten Suprapartikel sind zwischen einem und zehn Mikrometern groß (ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter) und werden über ein industriell etabliertes und skalierbares Sprühtrocknungsverfahren hergestellt. Die Partikel weisen eine definierte Porenstruktur auf und bestehen aus den drei Komponenten, Silica, einer sehr geringen Menge an Gold-Palladium Nanopartikeln, sowie dem violetten Indikatorfarbstoff Resazurin. Die Kombination dieser funktionellen Bausteine und die poröse Struktur sind der entscheidende Schlüssel für die Sensorfunktionalität der Superpartikel. Die Porenstruktur ermöglicht es dem Partikel, Wasser in den Poren zu speichern und damit ein Drei-Phasen-System auszubilden. In diesem können sich die Farbstoffmoleküle bewegen. Damit wird eine Verbindung zu den katalytisch aktiven Au?Pd Nanopartikeln geschaffen, sodass die Farbstoffmoleküle in Anwesenheit von Wasserstoff an den reaktiven Zentren (ir)reversibel reduziert werden. Makroskopisch zeigt sich diese Reaktion in einer zweistufigen Farbumschlagsreaktion der Partikel, die bereits mit dem bloßen Auge erkannt wird. Das anfangs violette Pulver verfärbt sich für das Auge sichtbar zunächst pink, bevor es bei weiterer Wasserstoffexposition farblos wird. Während der erste Farbumschlag irreversibel abläuft, d.h. bereits ein einmaliges Aufeinandertreffen mit Wasserstoff permanent aufzeichnet, ist die zweite Farbumschlagsreaktion reversibel und eignet sich dafür Wasserstoff in Echtzeit zu detektieren.

Lecks sind auf Grund der sofortigen Reaktion so in Echtzeit sicht- und auffindbar. Ein weiterer Vorteil des neuartigen Wasserstoffsensors ist seine geringe Größe, so kann er in vielen Bereichen, zum Beispiel für die Beschichtung von Leitungen eingesetzt werden. „Das gewonnene mechanistische Verständnis über das neue Partikelsystem wird es uns ermöglichen, die Superpartikel weiter zu optimieren, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, reale Anwendung zu finden und damit einen Beitrag zu einer sicheren Wasserstoffwirtschaft zu leisten“, erklären die Erstautoren der Publikation Simon Schötz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am ECRC, und Jakob Reichstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Mandel group.

Ein entscheidender Vorteil des neuartigen Wasserstoffsensors ist seine geringe Größe, die eine Vielzahl an Applikationsmöglichkeiten, z.B. als Sicherheitsadditiv in Beschichtungen, ermöglicht. Zudem zeigt er schnelle Antwortzeiten und ist so in der Lage ohne Stromversorgung und komplexe Messtechnik eine Wasserstoffexposition aufzuzeichnen. Dies kann in Echtzeit mit bloßem Auge verfolgt werden, was insbesondere für eine schnelle Leck-Detektion mit anschließender Leck-Suche von Vorteil ist.

Die Optimierung des entwickelten Partikelsystems ist bereits in vollem Gange. Zusätzlich zu weiterer Grundlagenforschung an der FAU, vorangetrieben von den Arbeitsgruppen von Prof. Mandel und Prof. Libuda, wurde am Fraunhofer ISC in Würzburg in der Abteilung Partikeltechnologie, die Herr Mandel auch leitet, bereits mit der Weiterentwicklung und Skalierung der Wasserstoffsensor Partikel begonnen, um diese in realen Anwendungen zu testen.

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