Dezentral und flexibel Stromnetze entlasten und eine Milliarde Euro sparen

Stromerzeugungskosten reduzieren

Neue Anlagen bauen und das Stromnetz flexibilisieren: das sind die zwei Entwicklungen, die den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben – so eine Medienmitteilung des Öko-Instituts vom 07.04.2022. Szenarienberechnungen zeigten demnach, dass dezentrale, flexible technische Erzeuger und Verbraucher erneuerbarer Energien – vor allem Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge – die jährlichen Kosten der Stromerzeugung bis eine Milliarde Euro senken können. Im Jahr 2020 lag das technische Flexibilitätspotenzial dezentraler Erzeuger und Verbraucher noch bei rund zehn Terawattstunden (TWh). Das waren knapp zwei Prozent des Stromverbrauchs (558 TWh). Bis zum Jahr 2050 kann sich die flexibilisierbare Strommenge auf rund 220 TWh verzwanzigfachen.

Dafür müssen aber die Rahmenbedingungen geändert werden. Diese hat ein Forschungsteam des Öko-Instituts erarbeitet und in einem Policy Brief zusammengefasst.

Die derzeitigen Rahmenbedingungen

Windenergie, Stromleitungen, Umspannwerk – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Im heutigen gesetzlichen Rahmen für das Engpassmanagement (der sogenannte Redispatch 2.0) können die Netzbetreiber nur auf Stromerzeuger zugreifen, die mindestens 100 Kilowatt Leistung aufweisen, wie in Paragraf 13a im Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG) festgeschrieben. Stromverbraucher hingegen werden heute noch nicht zur Beseitigung von Netzengpässen eingesetzt. Sie können mit ihrer Flexibilität lediglich Regelleistung erbringen, wenn sie die Voraussetzung erfüllen, mindestens fünf Megawatt Leistung einzusetzen (§13i (2) Satz 4 EnWG). Eine Leistung die kleine Verbraucher, wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeuge, nicht erreichen.

Paragraf 14a im EnWG konkretisieren

Einen ersten Schritt in Richtung Steuerung dezentraler Verbrauchsanlagen macht Paragraf 14a im EnWG. Ein Netzbetreiber kann Betreiberinnen und Betreibern von Verbrauchern basierend auf diesem Paragrafen ein reduziertes Netzentgelt anbieten. Dieser gewährt ihm im Gegenzug die Steuerung einer Verbrauchseinrichtung. Wie genau diese Einigung zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und Netzbetreiber aussieht und wie hoch die Netzentgeltreduktion ausfällt, ist bisher nicht definiert. Eine konkrete Ausgestaltung in einer Verordnung, die diese Punkte regelt, steht noch aus. Diese sollte in einem Dialog zwischen relevanten Stakeholdern erarbeitet und anschließend von der Politik umgesetzt werden.

Flexibilitätsangebot und -nachfrage zusammenbringen

Damit dezentrale Verbraucher und Erzeuger einen netzdienlichen Beitrag leisten können, sind Mechanismen nötig, die das Angebot und die Nachfrage nach Flexibilität zusammenbringen. Dabei sind unterschiedliche Verfahrensweisen denkbar: Es kann sich etwa um Flexibilitätsmärkte handeln. Auf diesen Märkten bieten Verbraucher und Erzeuger ihre Flexibilität an. Netzbetreiber fragen sie dort nach und setzen sie netzdienlich ein. Flexibilitätsmärkte wurden bereits in den SINTEG-Projekten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erarbeitet und erprobt. So auch im Projekt Enera, an dem das Öko-Institut in den Bereichen Szenarien, Modellierung und Roadmap maßgeblich beteiligt war.

Mechanismen-Design muss diskutiert und beschlossen werden

  • Neben Flexibilitätsmärkten sind auch andere Instrumente denkbar. Das können etwa vertragliche Einigungen zwischen Netzbetreibern und einzelnen Anbietern sein.
  • Auch werden zeitvariable Netzentgelte diskutiert. Diese orientieren sich an der Netzbelastung und fallen in Zeiten kritischer Zustände hoch aus. Verbraucher sollen so ihren Verbrauch daran ausrichten und bereits präventiv Netzengpässen gegensteuern.
  • Welche Mechanismen schließlich zum Einsatz kommen, ist in einem Dialog zwischen Netzbetreibern, Flexibilitätsanbietern, der Regulierungsbehörde und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern auszuhandeln.

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