EU-Abgeordnete wollen CO2-Markt überarbeiten

Einbeziehung von Prozesswärme in ETS II sorgt für Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und effektive Erreichung der Klimaziele

Die Unterhändler der Fraktionen im Europäischen Parlament haben sich laut einer Mitteilung von Peter Liese, MdEP, CDU, auf einen umfassenden Kompromiss über den europäischen Emissionshandel, Kernstück des europäischen Klimaschutzpaketes Fit for 55, geeinigt. Er umfasst nicht nur wie bisher Kraftwerke, energieintensive Industrie wie Stahl und Chemieindustrie und Flugverkehr, sondern in Zukunft auch den Seeverkehr, den Straßenverkehr und den Wärmebereich inklusive Prozesswärme und mittelständischen Unternehmen.

Berliner Stadtautobahn – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Besonders umstritten war der Vorschlag der Europäischen Kommission, nach dem Vorbild des deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetzes den Emissionshandel auch auf Wärme und Straßenverkehr auszuweiten. Hier gibt es nun einen Kompromiss. Um den Kritikern des Systems entgegenzukommen, haben die Unterhändler sich auf eine Preisobergrenze von 50 Euro und eine Notbremse geeinigt. Das System wird für den privaten Bereich nicht eingeführt, wenn die Preise ein bestimmtes Niveau (das von März 2022) übersteigen. Außerdem sollen sich die Öl- und Gasproduzenten an den Kosten des Klimaschutzes beteiligen.

In letzter Minute haben sich die Fraktionen darauf geeinigt, den Anwendungsbereich zu splitten. Kommerzielle Aktivitäten inklusive Prozesswärme, zum Beispiel in der Kunststoffindustrie oder bei den Gießereien, soll wie in Deutschland vom ETS ab 2025 erfasst werden. „Dieser Punkt ist für Deutschland extrem wichtig, weil unsere Unternehmen im europäischen Binnenmarkt dann Wettbewerbsgleichheit haben. Für das Klima ist es wichtig, dass wir europäisch handeln und auf diese Weise sichern wir auch Arbeitsplätze in Deutschland. Ich bin sehr froh, dass ich diesen Punkt durchsetzen konnte.“

Im Gegenzug hat Liese akzeptieren müssen, dass der private Verbrauch sehr viel später, nämlich erst 2029 in das ETS einbezogen wird. Mitgliedstaaten wie Deutschland, Schweden Finnland, Österreich, Irland und Dänemark, die schon ein nationales System haben, erhalten aber die Möglichkeit eines Opt-In, sodass sie ihr nationales System beibehalten können. „Perspektivisch wird es auch für die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher besser, denn, wenn wir gemeinsam europäisch handeln, fallen die Kosten insgesamt. Es ist kein Zufall, dass auch Experten der britischen Regierung mittlerweile dazu raten, dass Großbritannien wieder ins europäische ETS kommen, oder es zumindest mit der EU verbinden soll. Gemeinsames Handeln senkt die Kosten. Wenn selbst Großbritannien einem solchen Gedanken nähertritt, dann sollten wir Europäer vom gemeinsamen Binnenmarkt profitieren“, so Liese.

Das ETS bildet das Herzstück der EU-Klimapolitik und zwingt Kraftwerke und Fabriken dazu, CO2-Emissionszertifikate zu kaufen, wenn sie die Umwelt verschmutzen, und begrenzt das Volumen an erhältlichen Zertifikaten. Die Preise im Rahmen dieses Systems liegen derzeit bei etwa 85 Euro pro Tonne. Die Abgeordneten haben sich darauf geeinigt, es einfacher zu machen, auf Preisspitzen auf dem Kohlenstoffmarkt zu reagieren und die Industrieunternehmen, die am umweltfreundlichsten sind, zu belohnen. Dazu sollen sie zusätzliche kostenlose Emissionsrechte erhalten, die Firmen entzogen werden, die keine Pläne haben, ihre CO2-Emissionen zu senken. Liese hat dieses sogenannte Bonus-Malus-System in seinen Reformentwurf aufgenommen. „Große Erfolge“, schrieb er dazu auf Twitter und erklärte, dass innovative Unternehmen mit 50 Millionen zusätzlichen Zertifikaten aus dem Innovationsfonds der EU unterstützt werden sollen. „Es wird weniger kostenlose Zertifikate für die Bösewichte geben. Und diese kostenlosen Zertifikate werden an die Guten gehen“, sagte Liese auf einer Pressekonferenz. Er erklärte, dass Unternehmen, die die EU-Schwellenwerte einhalten, länger über kostenlose Zertifikate verfügen und von dem so genannten Korrekturfaktor befreit werden sollen, der die Menge der an sie vergebenen kostenlosen Zertifikate reduziert. (euractiv.de/eu-abgeordnete-vereinbaren-ueberarbeitung-des-co2-marktes)

Über andere Punkte des Systems war bereits in der letzten Woche Einigung erzielt worden. Besonders froh ist Liese über die zusätzlichen Anreize für Unternehmen, die sich auf den Weg der Klimaneutralität machen. „Durch vier verschiedene Instrumente unterstützen wir die Firmen, die Innovationen umsetzen, um Emissionen zu reduzieren und am Ende ganz klimaneutral zu werden. Diejenigen hingegen, die weiter alte Drecksschleudern laufen lassen, werden mit aller Härte den Wind der Veränderung spüren.“ Zu den Details Peter Lieses Pressemitteilung.

Kontroverse Abstimmungen wird es bei drei Punkten geben:

1.  Grenzausgleichsmechanismus CBAM
2.   Ambitionsniveau: EVP ist für Kommissionsvorschlag 55% wie Klimaschutzgesetz, andere wollen mehr
3.   Indirekte Kostenkompensation

„In allen drei Punkten mag es eine sogenannte progressive Mehrheit im Umweltausschuss geben für mehr Ambitionen als im Kommissionsvorschlag. Das wird aber im Plenum nach meiner Einschätzung nicht halten, weil viele Sozialdemokraten und Liberale mit Position ihrer Verhandlungsführer nicht einverstanden sind“, so Liese.

Im Umweltausschuss soll am 17.05.2022 darüber abgestimmt werden. Die Abstimmung im Plenum ist für die Plenarwoche vom 06.09.06.2022 in Straßburg geplant. Anschließend muss das Ergebnis noch mit den Mitgliedstaaten im Rat verhandelt werden. Hier können noch wesentliche Änderungen entstehen, beispielsweise sind viele Mitgliedstaaten gegen die Trennung von privatem und kommerziellem Verbrauch, da sie es für schwierig administrierbar halten. Dies könnte also ein Punkt sein, in dem das Parlament gezwungen ist, nachzugeben.

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