REPowerEU-Plan mit unterschiedlichem Echo

Deneff: „Wir sind erleichtert“ – BDEW: „Meilensteine“ – Green Planet Energy: „Rahmen für Grünen Wasserstoff setzen“

Mit dem am 18.05.2022 beschlossenen REPowerEU-Plan korrigiert die Europäische Kommission ihren Entwurf für eine novellierte Energieeffizienzrichtlinie und hebt die Effizienzziele und Einsparverpflichtungen an. Im Mittelpunkt: Erneuerbare Energien und Reduktion der Treibhausgas-Emissionen. Unterschiedliche Reaktionen und Kommentare von Deneff, BDEW und Green Planet Energy.

Wasserdampf-, CO2– und Rauchausstoß in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Wir sind erleichtert, dass die Europäische Kommission die dringend notwendige höhere Ambition, den Energiebedarf zu senken, vorschlägt. Eine klare politische Rahmensetzung, nicht bloß Appelle, ist jetzt wichtig, damit die großen Potenziale des Energiesparens auch tatsächlich genutzt werden“, sagte Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). „Wir setzen jetzt auf die Unterstützung der Bundesregierung und ihrer Partner im Rat, um mit gesetzlich verankerten Zielen alle Sektoren anzustoßen, das Thema aktiv anzugehen, anstatt lediglich weiter darauf zu hoffen, dass Energie schnell wieder billig wird. Nur eine ehrgeizige Energiesparstrategie schafft dauerhafte Kostenentlastung und schafft gleichzeitig Arbeitsplätze in Europa.“

Im Rahmen der Umsetzung des European Green Deals hatte die Europäische Kommission im Juli 2021 ein umfassendes Gesetzespaket vorgelegt, dass der EU erlauben soll, bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen um 55% zu vermindern. In dem „Fit for 55“-Packet enthalten ist ein Vorschlag für eine Novellierung der Energieeffizienzdirektive, über den das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten derzeit beraten. Er beinhaltet ein EU-weites Energieeffizienzziel, das 9% über den bereits festgelegten nationalen Beiträgen zur Erreichung des 2030 Ziels liegt, sowie eine Erhöhung der Einsparverpflichtung von derzeit 0,8% auf 1,5% ab 2024.

Tatsächlich hält die DENEFF sogar noch höhere Ziele für wirtschaftlich sinnvoll. In einer Studie des Fraunhofer ISI und Stefan Scheuer Consulting stellte sich heraus, dass je nach Preisentwicklung sogar ein Ziel von 19 bis 23 % wirtschaftlich sinnvoll wäre.

BDEW: „Wichtige Meilensteine zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung“

Zu den vorgestellten Maßnahmen erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Um die Versorgungssicherheit in Europa langfristig zu gewährleisten, müssen wir so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energieimporten werden. Daher ist es gut, dass die EU-Kommission heute konkrete Pläne vorgestellt hat, wie wir diesen herausfordernden Weg gemeinsam als EU bewältigen können. Es gilt nun, an allen verfügbaren Schrauben zu drehen: Energieeinsparung, Diversifizierung unserer Energiequellen, Ausbau Erneuerbarer Energien sowie Erleichterung von Investitionen. Es ist positiv, dass die EU nun in diesen verschiedenen Bereichen Vorschläge vorgelegt hat. Der BDEW unterstützt die EU-Kommission bei ihrem Ziel und den von ihr dazu vorgeschlagenen Maßnahmen.

Wasserstoffhochlauf fördern, statt ihn auszubremsen

Ein schneller Einstieg in einer europäischen Wasserstoffwirtschaft und eine bessere Nutzung der Potenziale von Biomethan stärken die Versorgungssicherheit. Sie sind zugleich eine der Grundlagen zum Erreichen der Klimaziele. Es ist positiv, dass die EU-Kommission zu beiden Themen heute Vorschläge vorgelegt hat, um ihren jeweiligen Ausbau voranzutreiben.

Der lange angekündigte delegierte Rechtsakt für Strombezugskriterien für erneuerbaren Wasserstoff wurde leider bisher nicht vorgelegt. Entscheidend ist, dass die EU-Kommission den Wasserstoffhochlauf nicht mit zu strengen Kriterien ausbremst, bevor er überhaupt Fahrt aufnimmt. Es ist verständlich, dass die EU-Kommission sicherstellen möchte, dass der für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff steigende Bedarf an erneuerbarem Strom durch zusätzliche Erzeugungskapazität gedeckt wird. Bei der Ausgestaltung der Kriterien für die Herstellung erneuerbaren Wasserstoffs insbesondere in der Hochlaufphase ist Pragmatismus gefragt: Wichtig ist, dass erneuerbarer Wasserstoff möglichst schnell, in möglichst großen Mengen und möglichst günstig zur Verfügung steht. Nur so kann ein liquider Markt entstehen.

Markteingriffe sollten nur in Extremsituationen erwogen werden

Ein weiteres Thema im Paket der EU-Kommission sind Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise. Der BDEW plädiert dafür, dass die Umsetzung der in der Toolbox der EU-Kommission beschriebenen Optionen zur Entlastung der Endkunden sowie die weitere Diversifizierung von Gaslieferanten eindeutig Priorität haben sollte.

Eingriffe in den Preisbildungsmechanismus schaden der Versorgungssicherheit und schwächen das Preissignal. Langfristig wirken sich diese Eingriffe negativ auf die Investitionsbereitschaft aus und werden den notwendigen Umbau der Energiewirtschaft ausbremsen. Die Einführung von Preisobergrenzen ist daher fast immer ungeeignet. Wenn die Politik in Extremsituationen den Markt für ein lebensnotwendiges Gut stabilisieren möchte, kann eine befristete Einführung einer Preisobergrenze zur Beruhigung der Märkte allerdings unter Berücksichtigung bestimmter Mindestanforderungen in Erwägung gezogen werden. Dazu gehören die Festlegung eines Ablaufdatums und die sorgfältige Abwägung der Höhe der Preisobergrenze.

Bezüglich der beabsichtigten Änderungen am langfristigen Strommarktdesign tritt der BDEW dafür ein, auch weiterhin klar auf den liberalisierten Energiebinnenmarkt zu setzen und diesen weiter zu stärken. Die EU-Kommission sollte sich darauf fokussieren, das Strommarktdesign dahingehend zu verbessern, benötigte Investitionen im Rahmen der Energiewende zu erleichtern.

Erneuerbaren-Ausbau vorantreiben

Erfreulich ist, dass die EU-Kommission heute auch verschiedene Maßnahmen vorgestellt hat, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der EU schneller voranzutreiben und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Positiv ist insbesondere die Verpflichtung der Mitgliedstaaten festzuschreiben, dass der der Ausbau der Erneuerbaren sowie der Netzausbau im „übergeordneten öffentlichen Interesse“ stehen. Dies ist genau wie die Verpflichtung zur PV-Readyness von Neubauten sowie zur schrittweisen Einführung einer PV-Pflicht ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des European Green Deal und zur Unabhängigkeit von russischen Energieimporten.“

Green Planet Energy: „Bundesregierung muss jetzt klaren Rahmen für echten Grünen Wasserstoff setzen”

Per „Delegiertem Rechtsakt” will Brüssel damit festlegen, wie das erneuerbare Gas im Sinne der Energiewende produziert werden kann, damit es effektiv zur Minderung der CO2-Emissionen beiträgt. Die Vorgaben der Kommission gelten vorerst für den Einsatz von Wasserstoff als Kraftstoff im Verkehrssektor und sollten später auch auf andere Anwendungen ausgeweitet werden. Carolin Dähling, stellvertretende Leiterin Politik und Kommunikation bei der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy, dazu:

„Die EU geht mit ihren Kriterien für Grünen Wasserstoff einen wichtigen und dringend notwendigen Schritt in die richtige Richtung. Der nachweisbare Einsatz von erneuerbaren Energien ist bei der Produktion von Grünem Wasserstoff von entscheidender Bedeutung. Zudem sollten Elektrolyseure energiewendedienlich laufen – also flexibel auf das Stromdargebot reagieren und immer dann Wasserstoff produzieren, wenn der Anteil erneuerbarer Energien am aktuellen Strommix hoch ist. Denn nur mit erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff ist grün und hilft beim Klimaschutz. So wird sichergestellt, dass durch den Elektrolyseur-Einsatz nicht die Stromerzeugung aus konventionellen Kraftwerken verstetigt oder gesteigert wird und damit die CO2-Emissionen deutlich steigen. In den Kriterien des Delegierten Rechtsakt ist die Wasserstoffproduktion aber noch zu stark an die Stromerzeugung einzelner Erneuerbaren-Anlagen gekoppelt, statt an das Ökostromangebot im Gesamtsystem. Insbesondere in der anstehenden Konsultation sollte die Kommission deshalb den systemischen Ansatz nachschärfen und den Klimaschutz nicht den Forderungen der Industrie nach laxen Standards opfern.

Auch die Bundesregierung ist gefordert. Sie muss den Delegierten Rechtsakt jetzt zeitnah im deutschen Recht verankern und einen klaren Rahmen mit einheitlichen Standards für die Produktion von Grünem Wasserstoff beschließen. Dabei sollte sie die vorhandenen Spielräume des Rechtsaktes nutzen, um die Wasserstoffproduktion im Sinne unseres gesamten Energiesystems anzureizen. Gebraucht werden nämlich nicht nur große Elektrolyseure, sondern auch kleinere Anlagen, die regionale Ökostrommengen energiewendedienlich nutzen und Abnehmer vor Ort mit Grünem Wasserstoff, Wärme und Sauerstoff versorgen. In Summe könnten kleine Elektrolyseure deutschlandweit bis zu 13,7 Terawattstunden (TWh) grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Das ist rund die Hälfte der von der Bundesregierung für das Jahr 2030 geplanten heimischen Produktionsmengen von grünem Wasserstoff. Dafür muss Berlin nun unter anderem konkrete Anforderungen an die Standorte der Elektrolyseure formulieren.“

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