Negative Emissionen: Fünf treten gegen CO2 an

Freiberger Startup bei Carbon-to-Value-Challenge der Bundesagentur für Sprunginnovationen dabei

Im Kampf gegen den Klimawandel ist die Reduktion von CO2-Emissionen ein entscheidender Faktor. Das allein wird jedoch nicht ausreichen. Um den Klimawandel zu stoppen und die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, muss zudem eine große Menge CO2 aus der Atmosphäre langanhaltend entfernt werden. Ein am 02.06.2022 von der Freiberger Bergakademie vorgestelltes Startup namens „enaDyne“ will jetzt mit Hilfe einer neuartigen, besonders energieeffizienten Plasma-Katalyse-Technologie und einem hochkarätigen Verbundnetzwerk erstmals in einem einzigen Prozessschritt Grundchemikalien wie Methanol oder Ethylen, aus CO2 und einem Wasserstoffträger herstellen.

CO2-Emissionen runter! – Fotomontage © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, fürSolarify

Um die Technologie möglichst schnell zur Marktreife zu bringen, wird das Unternehmen jetzt als eines von fünf Teams im Rahmen der Carbon-to-Value Challenge von der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) gefördert.  Die Bundesagentur suchte im Rahmen der Challenge „Carbon-to Value“ neue Lösungen mit dem Potenzial, dieser Herausforderung wirtschaftlich, skalierbar und nachhaltig zu begegnen. Eine internationale Jury hat enaDyne als eines von fünf Teams ausgewählt, die über das Programm Carbon-to-Value jetzt in einem zweistufigen Prozess finanziert werden.

Bereits heute existieren verschiedene Verfahren, die es ermöglichen, der Atmosphäre CO2 zu entziehen. So haben innovative Unternehmen beispielsweise Verfahren entwickelt, bei denen Luft durch riesige Ventilatoren angesaugt, das CO2 abgeschieden und dann in geologischen Formationen gespeichert wird. Diese Verfahren sind mit etlichen 100 Euro pro entfernter Tonne CO2 allerdings sehr teuer. Dazu kommt, dass selbst die größte dieser Anlagen heute maximal 4.000 Tonnen CO2 pro Jahr abscheiden und speichern kann. Technologischer Fortschritt wird dafür sorgen, dass die Kosten zukünftig sinken und die Mengen von entferntem CO2 deutlich steigen werden. Es bleibt aber völlig offen, ob dieser technologische Fortschritt, getrieben durch die Finanzierung mit (freiwilligen) Klimazertifikaten, ausreichen wird, um die nötige Menge von Milliarden Tonnen CO2 jährlich zu stemmen.

Daher bedarf es neuer Lösungswege, die die langfristige Speicherung großer Mengen CO2 nachhaltig und wirtschaftlich macht. Genau hier setzt die Carbon-to-Value Challenge der SPRIND an. Ziel der Challenge ist es, Verfahren zu entwickeln, die das CO2 der Atmosphäre in langfristig haltbare und werthaltige Produkte bringt – und das über skalierbare Verfahren.

Fünf werden sofort unterstützt

Fünf dieser möglichen Lösungswege unterstützt die SPRIND ab sofort – denn die Teams dahinter wurden nun dazu auserwählt, mit ihren vielversprechenden Ansätzen in die zweite SPRIND Challenge Carbon-to-Value zu starten. Im Rahmen eines zweistufigen Auswahlverfahrens hat die internationale Jury bestehend aus Wissenschaftlern, Innovatoren, Unternehmern und Investoren die aussichtsreichsten Ideen aus 66 Einreichungen gefunden.

  1. Das Team ROBINIA, zusammengesetzt aus Vertretern des Fraunhofer IWS Dresden, Fraunhofer WKI Braunschweig, STRAB Ingenieurholzbau Hermsdorf GmbH und der LEAG Cottbus, forscht an einem Baumaterialersatz für Beton- und Stahlkonstruktionen. Dabei entwickeln sie einen Verbundstoff aus dem schnellwachsenden und sehr robusten Baum Robinie. Dieser Verbundstoff soll zum Bau von Brücken und Windkraftanlagen verwendet werden und selbst unbehandelt 80 bis 100 Jahre der Witterung standhalten.
  2. Carbon-to-Concrete – Beton bildet gleich für zwei Teams den Ausgangspunkt, die so die Bauindustrie revolutionieren wollen, welche allein für acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Das Projekt Carbon-to-Concrete der OCS GmbH entwickelt dafür einen Zementersatzstoff, bei dem das Mineral Olivin im Fokus steht. Durch die richtige Verarbeitung möchte das Unternehmen, Beton CO2-negativ herstellen und so bis zu 300 Kilogramm CO2 je Tonne Beton aus der Atmosphäre entfernen.
  3. Carbo Culture ist ein finnisches Unternehmen, das Kohlenstoff aus Abfallbiomasse bindet. Ihre patentierte Technologie (CarbolysisTM) erzeugt hochwertige Biokohle, die in Beton zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks und als Wärmeleiter verwendet werden kann. Als längerfristige Endanwendung könnte sie den Wert des gebundenen Kohlenstoffs erhöhen und zusätzliche Einnahmen für die Kohlenstoffentfernung bieten. So kann der Preis für die Kohlenstoffentfernung gesenkt werden, während sie skaliert.
  4. enaDyne – Mittels einer neuartigen Plasmakatalyse ist das Unternehmen enaDyne in der Lage, CO2 mit geringem Energieaufwand in Methanol und andere Kohlenwasserstoffverbindungen umzuwandeln, die in hohem Maße von der chemischen Industrie zur Herstellung langlebiger Kunststoffe benötigt werden. Bislang werden diese Verbindungen noch durch die Verarbeitung fossiler Rohstoffe hergestellt.
  5. C-Cause – Ein ähnliches Ziel verfolgt das Projekt C-Cause. Das Team wird vom Alfred-Wegener-Institut angeführt und durch die Unternehmen Carbonwave und Seafields sowie durch weitere Forschungseinrichtungen komplettiert. In den Ozeanen sollen riesige Sargassumfarmen entstehen. Sargassum ist eine Alge, die sehr schnell wächst und dafür dem Meerwasser stetig CO2 entzieht. Durch den natürlichen Ozean-Atmosphäre-Austausch wird dieses Defizit ausgeglichen und die atmosphärische CO2-Konzentration gesenkt. In der weiteren Verarbeitung wird aus dem Sargassum Ethanol zur Kunststoffherstellung gewonnen. Der Vorteil ist, dass das CO2-Sequestrierungspotential der Alge um ein Vielfaches höher als beispielweise das von Bäumen ist und außerdem keine Konflikte bei der Landnutzung, wie für die Nahrungssicherung, entstehen. Das C-Cause-Team steht in regelmäßigem Kontakt mit Forschern der BASF über die mögliche Integration von Produkten aus der Algenzucht in zukünftige Wertschöpfungsketten der chemischen Industrie.

Die Teams haben nun zwölf Monate Zeit, um die Realisierung ihrer Projekte voranzutreiben. Diese unterstützt die SPRIND mit jeweils bis zu 600.000 Euro und intensiver Begleitung. Im Anschluss an diese erste Stufe der Challenge wird die Jury erneut zu den Zwischenergebnissen tagen, anhand derer sich entscheidet, welche Teams die nächste Stufe der Challenge erreichen und weiter durch die SPRIND finanziert werden.

SPRIND Challenges

SPRIND Challenges sind Innovationswettbewerbe, die zum Ziel haben, Lösungen für die großen gesellschaftlichen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit hervorzubringen. Sie entwerfen die Vision einer besseren Zukunft und versammeln die Wissenschaftlern, Innovatorn und Entrepreneurn, die diese Vision Wirklichkeit werden lassen können. Bewerben kann sich nahezu jeder, egal ob universitäre Einrichtung, Forschungsinstitut oder Start-up.
Wir sind davon überzeugt, dass das Potential für Sprunginnovationen erst in der Umsetzung sichtbar wird. Deshalb werden die Challenge-Teams schnell und unbürokratisch finanziert und starten umgehend in einen mehrstufigen Wettbewerb.

Von der Forschung in den Markt

enaDyne setzte sich damit erfolgreich gegenüber 66 konkurrierenden Lösungen durch und erhält eine Finanzierung von 600.000 €. Das Team entwickelt eine neuartige Plasma-Katalyse-Technologie. Damit kann CO2 als Rohstoff zur profitablen Produktion von Grundchemikalien wie Methanol und Ethylen genutzt werden. Mit Biogas, bestehend aus darin gebundenem atmosphärisches CO2 sowie Methan, soll eine CO2-neutrale Kohlenstoffkreislaufwirtschaft ermöglicht werden. Die produzierten Grundchemikalien können die Herstellung von Kunststoffen, Dämmmaterialien und Medizinprodukten nachhaltiger gestalten und atmosphärisches CO2 langfristig binden. Mit der Finanzierung wird das vierköpfige Team weiteres Personal anstellen sowie die Kooperationspartner TU Bergakademie Freiberg und Universität Leipzig des Verbundnetzwerks Plasma-Katalyse in die Entwicklung einbinden.

Starkes Netzwerk aus Wirtschaft und Forschung

Das Verbundnetzwerk Plasma-Katalyse besteht aus Forschenden verschiedener deutscher Universi-täten und Hochschulen sowie Industriepartnern aus Gasversorgung und Energiebereitstellung. Ent-lang der Wertschöpfungskette sind wichtige forschende Kompetenzpartner J.-Prof. Sindy Fuhrmann (Institut für Glas und Glastechnik, TU Bergakademie Freiberg), Prof. Dr. Heinrich J. Jasper (Institut für Informatik, TU Bergakademie Freiberg), Prof. Dr. Roger Gläser (Institut für Technische Chemie, Universität Leipzig), Prof. Dr. Gerold Bausch (Institut für Elektronik und Biomedizinische Informations-technik, HTWK Leipzig), Prof. Dr. Thomas Höche (Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstof-fen und Systemen IMWS Halle). Auch das HHL-Accelerator Spinlab, in dessen 12. Batch enaDyne erfolgreich teilgenommen und den Public Value Award der Wirtschaftsförderung Leipzig gewonnen hat, ist Partner des Netzwerkes.

Kooperation an der TU Bergakademie Freiberg

Das enaDyne-Team und die TU Bergakademie Freiberg arbeiten seit mehreren Jahren intensiv zusammen. Mitgründer Christian Koch, einer von zwei Geschäftsführern und wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Bergakademie Freiberg, bestätigt: „An der TU Bergakademie Freiberg treffen wir auf hervorragende Bedingungen für die Weiterentwicklung unserer Technologie: So liegen nicht nur umfassendes Wissen um Werkstoffe und Materialien vor. Durch die Unterstützung des Gründernetzwerks SAXEED und der Zentralen Transferstelle der Universität sowie den universitätseigenen Stiftungen zur Transferbeschleunigung von Forschungsergebnissen in den Markt liegen hervorragende Voraussetzungen für einen erfolgreichen Unternehmensaufbau vor. Wir freuen uns darauf diese Zusammenarbeit im Zuge der Carbon-to-Value Challenge zu vertiefen.“

->Quellen: