Auf dem Weg zu grünerem Ammoniak

Mülheimer Kohlenforscherinnen an internationalem Projekt beteiligt

Ammoniak gehört zu den weltweit am häufigsten synthetisierten Chemikalien. Die Substanz, die aus Wasserstoff und Stickstoff besteht, wird aktuell vor allem zur Herstellung von Düngemitteln benutzt. Wissenschaftler sind jedoch überzeugt, dass man Ammoniak noch für ganz andere Dinge nutzen kann: nämlich zur chemischen Speicherung des Wasserstoffs – in dem viele den Treibstoff der Zukunft sehen. Doch wie kommt man möglichst günstig und nachhaltig an das gewünschte Speichermedium – den Ammoniak? Die beiden Wissenschaftlerinnen Claudia Weidenthaler und Ezgi Onur Sahin vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr (Kofo-MPG) sind Teil des internationalen Ambh2er-Projekts. Für ihre Arbeit werden sie von der EU mit 300.000 Euro unterstützt – so eine Medienmitteilung vom Kohleforschungsinstitut am 19.09.2022.

BASF Ammoniak-Reaktor von 1921 – Foto © Drahkrub – Eig. Werk, commons.wikimedia.orgCC BY-SA 3.0

Beim internationalen Forschungsprojekt „Ambh2er“ (Ammonia and MOF based Hydrogen for Europe), an dem auch das Kofo-MPG beteiligt ist, geht es ganz konkret darum, neue Wege bei der Synthese von Ammoniak einzuschlagen. „Beim etablierten Haber-Bosch-Verfahren, das Anfang des 20. Jahrhunderts von Fritz Haber und Carl Bosch entwickelt wurde, benötigt man hohe Temperaturen und enorm hohen Druck“, so Privatdozentin Claudia Weidenthaler, Gruppenleiterin am Kofo-MPG und Projektleiterin bei Ambh2er.  In dem internationalen Projekt wollen die Partner neue Katalysatoren designen, bei denen die Produktion von Ammoniak bei unter 20 bar und bei weniger als 250 Grad Celsius funktioniert. „Das wäre eine enorme Energieersparnis“, erklärt Weidenthaler.

Neue Katalysatoren werden benötigt

Damit das klappt, werden neue Katalysatoren benötigt – molekulare Werkzeuge also, die eine Reaktion beschleunigen oder erst in Gang setzen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. „Beim klassischen Haber-Bosch-Verfahren kommen Katalysatoren mit Eisen zum Einsatz. Da weiß man, dass das funktioniert“, erläutert Claudia Weidenthaler. Doch nun gehe es eben darum, ganz andere Ansätze zu finden, Werkzeuge mit anderen Funktionsweisen.

Und hier kommen die Forscherinnen aus Mülheim ins Spiel: Weidenthaler und Ezgi Onur Sahin, Postdoktorandin am Institut, werden dabei helfen, die Wirkungsweise der neu entwickelten Katalysatoren zu verstehen – indem sie während des Ablaufens einer Reaktion nachschauen, was mit den Molekülen passiert. Dazu werden sogenannte Beugungsexperimente durchgeführt, mit denen man einen detaillierten Einblick in das Verhalten der Katalysatoren erhält. „Das ist insofern eine Herausforderung, als dass wir es mit ganz unterschiedlichen Katalysatoren zu tun haben werden“, sagt Claudia Weidenthaler. Es muss also für jeden Katalysator, der untersucht wird, eine individuelle Reaktionsumgebung geschaffen werden. Das geht entweder mit den Geräten am Institut, oder auch an Großforschungseinrichtungen wie z.B. dem Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) in Hamburg.

16 Partner aus sechs Ländern

Das Projekt Ambh2er, an dem insgesamt 16 Partner aus Wissenschaft und Industrie aus insgesamt sechs europäischen Ländern beteiligt sind, ist auf eine Laufzeit von vier Jahre angesetzt. Drei Jahre davon werden die Kohlenforscherinnen mitarbeiten.

Das Projekt soll einen Beitrag zu den Zielen des Europäischen Green Deal leisten, welcher die Europäische Union bis 2050 klimaneutral machen soll. Den Partnern zufolge soll Ambh2er eine wichtige Rolle bei der Bewältigung einiger der wichtigsten Herausforderungen spielen, mit denen die heutige globale Gesellschaft konfrontiert ist, wie etwa Energiekosten, Energiesicherheit und Klimawandel. Es wird nicht nur die Energieabhängigkeit der EU verringern, sondern auch ihr Energiesystem widerstandsfähiger machen.

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