Kabinett reagiert auf Energiekrise

Marktrückkehr von Braunkohlekraftwerken startet wie geplant – Anpassungen der Energieeinspar-Verordnung

Das Bundeskabinett hat am 28.09.2022 wichtige Verordnungen zur weiteren Stärkung der Vorsorge für den kommenden Winter gebilligt: Zum einen wurde vom Kabinett die Verordnung zur sogenannten Versorgungsreserve verabschiedet (1). Damit können die Braunkohlekraftwerke aus der bisherigen Sicherheitsbereitschaft wie geplant und wie im Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetz vorgesehen zum 01.10.2022 an den Markt zurückkehren. Außerdem hat das Kabinett die Verordnung zur Rückkehr der Kraftwerke aus der Netzreserve angepasst und den Geltungszeitraum des Netzreserve-Abrufs verlängert (2). Schließlich billigte die Ministerrunde Anpassungen der Energiesicherungsverordnung für kurzfristige Energiesparmaßnahmen (EnSikuMaÄV) (3).

Braunkohlekraftwerk Schkopau – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

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Bleibt die Alarmstufe Gas bestehen oder wird die Notfallstufe ausgerufen, können die Kraftwerke aus der Netzreserve nun bis zum 31.03.2024 am Markt bleiben; bislang endete die Netzreserve am 30. April 2023. Die Netzreserve betrifft überwiegend Steinkohlekraftwerke. Ziel der Versorgungsreserve wie auch der Netzreserve ist es, vorübergehend mehr Kohlekraftwerke in der Stromerzeugung zu haben, um so Stromerzeugung aus Gas zu reduzieren und damit Gas einsparen.

Beide Verordnungen basieren auf Verordnungsermächtigungen im Energiewirtschaftsgesetz, die durch das Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetz beschlossen wurden. Es handelt sich um Regierungsverordnungen, die vom Kabinett beschlossen werden müssen und unmittelbar nach Verkündung im Bundesanzeiger in Kraft treten.

Die Versorgungsreserve und die Netzreserve sind zwei wichtigen Reserven, die die Vorsorge für den kommenden Winter unterstützen. Der zusätzliche Einsatz von Kohle im Stromsektor soll den Gasverbrauch im Stromsektor senken und so insgesamt Gas einsparen. Der Abruf der ersten Reserve, der sogenannte Netzreserve, wurde am 13.07.2022 vom Kabinett verabschiedet und ist am 14.07.2022 in Kraft getreten. Mit ihr können vor allem Steinkohlekraftwerke in den Markt zurückkehren. Seit dem Inkrafttreten sind die Kraftwerke Mehrum (690 MWel) und Heyden 4 (875 MW) in den Markt zurückgekehrt. Weitere Anlagen bereiten die Marktrückkehr derzeit vor. Einige durch die Netzreserve adressierte Anlagen sind derzeit noch im Markt und zeigen daher keine Marktrückkehr an.

Mit der Verlängerung des Geltungszeitraums der Netzreserve bis zum 31. März 2024 soll die Rückkehr an den Markt planbarer und damit attraktiver ausgestaltet werden. Voraussetzung bleibt jedoch die Geltung der Alarmstufe oder die Ausrufung der Notfallstufe.

Eine weitere Änderung in der Verordnung erhöht zudem die Planungssicherheit für die Vermarktung am Terminmarkt. Durch Anpassungen in der Verordnung können die Rückkehrer aus der Netzreserve nun bis zum letzten Tag des Quartals am Strommarkt teilnehmen, welches auf das mögliche Ende der Alarmstufe beziehungsweise der Notfallstufe Gas folgen würde, längstens jedoch bis zum 30.03.2024. Die Kraftwerke können dadurch langfristiger planen und ihren Strom auch am Terminmarkt verkaufen.

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Die verabschiedete Rechtsverordnung zur Versorgungsreserve Braunkohle umfasst verschiedene Braunkohlekraftwerksblöcke, die sich aktuell in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft befinden. Durch das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz wurden sie mit der Versorgungsreserve in ein Nachfolgeregime überführt. Betroffen sind die LEAG-Kraftwerksblöcke Jänschwalde E & F im Lausitzer Revier sowie die RWE-Kraftwerksblöcke Niederaußem E & F und Neurath C im Rheinischen Revier. Sie sollen zunächst befristet bis zum 30. Juni 2023 an den Markt zurückkehren können.

Insgesamt können durch die Verordnung 1,9 GW Braunkohle in den Markt zurückkehren. Das BMWK ist hierzu bereits seit mehreren Monaten mit den Betreibern im Austausch, damit die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen ergriffen werden. Nach Informationen des BMWK bereiten sich die Betreiber auf eine Marktrückkehr aller Kraftwerke vor – die Entscheidung über den konkreten Zeitpunkt der Marktrückkehr obliegt jedoch den Kraftwerksbetreibern. Der konkrete Zeitpunkt der Marktrückkehr hängt dabei auch davon ab, wann die aktuell zum Teil noch laufenden Wartungsarbeiten finalisiert werden können.

Gesetzliche Voraussetzung für die Teilnahme dieser Kraftwerke am Strommarkt ist gemäß § 50d Energiewirtschaftsgesetz auch für die Braunkohlekraftwerke die Geltung der Alarm- oder Notfallstufe gemäß Notfallplan Gas. Aktuell befinden wir uns seit dem 23. Juni 2022 in der Alarmstufe als der zweiten von drei möglichen Stufen. Sollte die Alarmstufe Gas vor dem 30. Juni 2023 aufgehoben werden, sieht die Verordnung vor, dass die Anlagen bis zum letzten Tag des Quartals am Strommarkt teilnehmen, welches auf das Ende der Alarmstufe beziehungsweise Notfallstufe Gas folgt, längstens aber bis zum 30. Juni 2023. Damit soll ermöglicht werden, dass auch während der befristeten Teilnahme am Strommarkt Strom auf Termin vermarktet werden kann.

Kabinett beschließt Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung

Das Bundeskabinett hat am 28.09.2022 Anpassungen mit Klarstellungen für die Anwendung und den Geltungsbereich der Energiesicherungsverordnung für kurzfristige Energiesparmaßnahmen (EnSikuMaÄV) verabschiedet. Die Anpassungen betreffen die kurzfristigen Energiespar-Maßnahmen, die für einen Zeitraum vom 01.09.2022 bis zum 28.02.2023 gelten. Die heute im Kabinett verabschiedete Regierungsverordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Im Einzelnen geht es um folgende Anpassungen:

    1. Beleuchtungsverbot für öffentliche Nichtwohngebäude und Baudenkmäler:
      Beim Beleuchtungsverbot von Gebäuden wird klargestellt, dass dieses Verbot nur für öffentliche Nichtwohngebäude und Baudenkmäler gilt. Zugleich wird klargestellt, dass das Beleuchtungsverbot nicht gilt bei der Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern, die anlässlich traditioneller oder religiöser Feste (wie beispielsweise Weihnachten) installiert und betrieben wird, auch wenn sie zur Beleuchtung des Gebäudes beiträgt.
    2. Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen/Außenwerbung
      Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist jetzt von 22 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages untersagt. Hier wird die Uhrzeit angepasst und auf den Zeitraum 22 bis 6 Uhr beschränkt.Die Nutzungseinschränkung gilt weiterhin wie in der Verordnung bereits festgelegt nicht, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Ausgenommen sind daher regelmäßig beleuchtete Werbeträger an Fahrgastunterständen (oder Wartehallen), Haltepunkten und Bahnunterführungen, die aus Gründen der Betriebssicherheit und öffentlichen Ordnung wie Straßenbeleuchtung zu behandeln sind.Neu hinzugefügt wird eine Ausnahmeregelung für Werbeanlagen, die während der Öffnungszeiten auf Gewerbe und Beruf am selben Ort hinweisen. Ein Beispiel hierfür sind beleuchtete Namenszüge eines Ladens, etwa über dem Eingang, diese dürfen während der Öffnungszeit weiter beleuchtet werden, auch wenn es nach 22 Uhr ist.Ebenfalls neu hinzugefügt wird eine Ausnahme für beleuchtete Werbeanlagen, die während Sport- und Kulturveranstaltungen in Funktion sind. Ein Beispiel sind hier beleuchtete Werbebanner bei Fußballspielen oder beleuchtete Werbetafeln bei Kulturveranstaltungen während die Veranstaltung läuft.
    3. Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken
      In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten bleibt die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt. Eine Ausnahme gibt es fürtherapeutische Anwendungen. Gewerbliche genutzte Pools sind davon nicht betroffen.Neu aufgenommen wird eine Klarstellung, dass eine Beheizung privater Pools im geringen Umfang dann ausnahmsweise erfolgen darf, wenn diese notwendig ist um die Becken frostfrei zu halten und Schäden an der Beckenanlage zu vermeiden. Ein privater Pool darf frostfrei gehalten werden, um Schäden an der Beckenanlage zu vermeiden und zum Beispiel auf wenige Grad über Null beheizt werden, wenn andernfalls das Becken kaputt geht und es keine anderen Möglichkeiten zur Schadensabwehr gibt.

->Quellen: