Abwärme aus Industrieprozessen nutzen

Fraunhofer ISE entwickelt kostengünstige Industriewärmespeicher mit Füllkörpern

Bei einer Vielzahl von Industrieprozessen entsteht Abwärme, die oft ungenutzt in die Umgebung abgegeben wird. Mit den steigenden Energiepreisen wird die Speicherung und Nutzung von Abwärme als Ersatz für fossile Energieträger für Unternehmen immer attraktiver. Im Projekt »Fenopthes«, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wurde, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE mit Industriepartnern kostengünstige Füllkörper für thermische Speicher entwickelt und optimiert. Sie ersetzen teure Hochtemperaturfluide. Die neue Technologie wurde in einem Speicher zur Abwärmenutzung in einem Industrieunternehmen erprobt.

Beim Industriepartner Comet Schleifscheiben GmbH wurde das Abwärmepotenzial an allen Kaminen bestimmt und an einem davon eine Abwärmenutzung realisiert – © Fraunhofer ISE

In Hochtemperaturspeichern, die im Bereich von 250°C bis 600°C arbeiten, kommen typischerweise Thermalöle und Salzschmelzen als Arbeitsfluide zum Einsatz. Setzt man Füllkörper als Speichermedium in thermischen Speichern ein, lässt sich die Füllmenge an diesen teuren Speichermedien reduzieren. Zudem werden andere kostengünstige gasförmige Arbeitsfluide wie Luft damit möglich, die Temperaturen bis 1000°C und mehr zulassen. Beim Einsatz von Luft als Wärmeträgerfluid, die selbst eine sehr geringe Wärmekapazität aufweist, wird die Energie in der Speichermasse der Füllkörper gespeichert.

„Im Projekt haben wir untersucht, welche Form, Größe und Eigenschaften wie Dichte und Wärmeleitfähigkeit solche Füllkörper haben sollten. Ziele waren ein möglichst guter Wärmetransport und eine möglichst kompakte Schüttung im Speicher“, erklärt Projektleiter Julius Weiss vom Fraunhofer ISE.

Im Projekt seien keramische Füllkörper untersucht worden, die der Industriepartner Kraftblock GmbH entwickelt habe. Sie bestünden aus einem kostengünstigen Recyclingmaterial, Phosphatbinder und Additiven. Durch das Ersetzen teurer Fluide durch Füllkörper mit der gleichen oder im besten Fall einer höheren thermischen Kapazität ergebe sich ein Kosteneinsparpotenzial von etwa 30 Prozent, erklärt Weiss.

Die Füllkörper seien in unterschiedlichen Formen hergestellt worden, um den Einfluss der Geometrie auf die thermische Effizienz des Speichers zu untersuchen. Zunächst sei die Kompatibilität der Füllkörper mit unterschiedlichen Hochtemperaturmedien (Thermalöle, Salzschmelze) anhand von Auslagerungsversuchen untersucht worden. Anschließend seien Füllkörper und Fluide chemisch analysiert und eine Prüfung der mechanischen Stabilität der Füllkörper durchgeführt worden. Um die unterschiedlichen Füllkörperkonfigurationen zu charakterisieren, seien sie in einem Teststand mit Wasser umströmt worden, das sich unter bestimmten Randbedingungen physikalisch wie eine Salzschmelze verhalte. Das Projektteam habe dabei beobachtet, dass unterschiedliche Füllkörperkonfigurationen unterschiedliche Temperaturprofile und zeitliche Verläufe bei zyklischer Be- und Entladung der Speicher zeigten. Eine ausgewählte Konfiguration der Füllkörper sei zusätzlich in einem Salzschmelzespeicher des Fraunhofer ISE experimentell analysiert worden, heißt es weiter im Fraunhofer ISE-Pressetext vom 09.02.2023.

Demonstration von Hochtemperaturspeicher in Industriebetrieb

Ein konkreter Anwendungsfall in einem Industrieunternehmen habe gezeigt, dass mit der Speichertechnologie die Energieeffizienz industrieller Prozesse durch die zeitlich entkoppelte Nutzbarmachung rückgewonnener Wärme verbessert werden könne. Bei der Comet Schleifscheiben GmbH sei ein Demonstrator eines Luft-Speichers mit Füllkörpern getestet worden. Dieser speichere die Abwärme aus dem Brand keramischer Schleifscheiben, bevor sie wieder in den Prozess integriert werde. Die Wärme sei dabei durch einen in einem Kamin integrierten Wärmetauscher rückgewonnen worden. Eine Herausforderung habe dabei das Temperaturniveau der Abwärme dargestellt: Die Abluft werde herkömmlicherweise mit Umgebungsluft „verdünnt“ und damit vor Eintritt in den Kamin abgekühlt, was es schwer mache, hohe Temperaturen zu erreichen.

Die Entscheidung, welcher Speicher die beste Lösung sei, hänge von den jeweils konkreten Gegebenheiten des Produktionsprozesses (Temperaturniveaus, Volumenströme, Flexibilität bei der Reintegration der Wärme, prognostizierte Zyklenzahl, zur Verfügung stehender Platz) ab, erklären die Projekt-Beteiligten.

Große Bandbreite industrieller Anwendungen

Für die Zwischenspeicherung und Nutzung industrieller (Ab)Wärme sieht das Projektteam viele Anwendungsmöglichkeiten: Prozesse in einem breiten Temperaturbereich zwischen 150 und 900°C seien dafür geeignet, von der Papier-, Lebensmittel-, oder Chemieindustrie bis zur Dampferzeugung.

„Nicht nur die Rückgewinnung von Wärme ist für die Industrie spannend. Auch das Thema Power2Heat wird immer wichtiger, da immer mehr Prozesse elektrifiziert werden“, erklärt Dr. Thomas Fluri, Gruppenleiter Klimaneutrale Industrieprozesse und Hochtemperaturspeicher. So kann Wärme in Zeiten günstiger Strompreise erzeugt und für den ganzen Tag verfügbar gemacht werden. Damit lässt sich eine Lastverschiebung aus Spitzen- in Randzeiten erreichen, was den Unternehmen nicht nur Kosten spart, sondern auch die Stromnetze entlastet.

Weiteren Forschungsbedarf sieht das Fenopthes-Team in der wissenschaftlichen Begleitung weiterer größerer Demonstratoren: »Für die Wärmewende ist die Speicherfrage ein wichtiges Thema – wir möchten zeigen, dass sich die Speicher auch im Großmaßstab umsetzen lassen«, so Dr. Fluri.

Downloads und Links

->Quelle:  ISE.Fraunhofer.de/de/fraunhofer-ise-entwickelt-kostenguenstige-industriewaermespeicher-mit-fuellkoerpern