Kampf gegen Wegwerfgesellschaft

EU-Kommission will Recht auf Reparatur

Entsorgte Produkte sind häufig noch gebrauchsfähige Waren, die repariert werden könnten, aber oft vorzeitig weggeworfen werden. Dies verursacht jährlich 35 Millionen Tonnen „Abfall“. Dagegen will die EU-Kommission vorgehen. Mit einem Vorschlag zum „Recht auf Reparatur“ soll es für VerbraucherInnen künftig einfacher und kostengünstiger werden, Waren reparieren, anstatt sie ersetzen zu lassen, wie einer von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland am 22.03.2023 veröffentlichten Pressemitteilung zu entnehmen ist.

Modularer Aufbau des Fairphone 4 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal, sagte: „Reparatur ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, das Modell der Wegwerfgesellschaft ad acta zu legen, das für unseren Planeten, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft so schädlich ist. Ein fehlerhaftes Kabel oder ein beschädigter Ventilator muss nicht bedeuten, dass man ein ganz neues Produkt kaufen muss. Im vergangenen Jahr haben wir Vorschriften vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass Produkte grundsätzlich reparierbar sind. Heute schlagen wir vor, die Reparatur zu einer einfachen und attraktiven Option für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen.“

Neue Maßnahmen zur Förderung und Erleichterung von Reparatur und Wiederverwendung

Der Vorschlag sieht ein „Recht auf Reparatur“ für VerbraucherInnen sowohl innerhalb als auch außerhalb der gesetzlichen Garantie.
Im Rahmen der gesetzlichen Garantie werden Verkäufer Reparaturen anbieten müssen, es sei denn, diese sind teurer als der Ersatz.
Über die gesetzliche Garantie hinaus wird den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein neues Paket von Rechten und Instrumenten zur Verfügung stehen, um eine Reparatur zu einer einfachen und verfügbaren Option zu machen:

  • Anspruch der VerbraucherInnen gegenüber Herstellern auf Reparatur von Produkten, die nach EU-Recht technisch reparierbar sind, wie Waschmaschinen oder Fernsehgeräte. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich Verbraucher/innen jederzeit an jemanden wenden können, wenn sie sich für eine Reparatur ihres Produkts entscheiden. Auch soll es die Hersteller dazu anregen, nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln.
  • Verpflichtung der Hersteller zur Unterrichtung der Verbraucher/innen über die Produkte, die sie selbst reparieren müssen.
  • Eine Matchmaking-Reparaturplattform im Internet, um Verbraucherinnen und Verbrauchern die Kontaktaufnahme zu Reparaturbetrieben und Verkäufern instandgesetzter Waren in ihrer Region zu ermöglichen. Die Plattform soll die Suche nach Standorten und Qualitätsstandards ermöglichen, sie soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, attraktive Angebote zu finden, und die Sichtbarkeit von Reparaturbetrieben erhöhen.
  • Ein europäisches Formular für Reparaturinformationen, das die Verbraucher/innen von jedem Reparaturbetrieb verlangen können. Das soll Transparenz in Bezug auf die Reparaturbedingungen und den Preis schaffen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern der Vergleich von Reparaturangeboten erleichtern.
  • Ein europäischer Qualitätsstandard für Reparaturdienstleistungen wird entwickelt. Er soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei helfen, Reparaturbetriebe zu ermitteln, die sich zu einer höheren Qualität verpflichten. Dieser Standard für eine „einfache Reparatur“ steht allen Reparaturbetrieben in der gesamten EU offen. Sie müssen bereit sein, sich zu Mindestqualitätsstandards zu verpflichten, etwa in Bezug auf die Lebensdauer oder die Verfügbarkeit von Produkten.

Als nächster Schritt muss der Kommissionsvorschlag vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden.

Hintergrund

Eine kürzlich durchgeführte Eurobarometer-Umfrage hat gezeigt, dass 77 Prozent der Europäerinnen und Europäer eine persönliche Verantwortung für die Eindämmung des Klimawandels empfinden.

Jedes Jahr entstehen in der EU 35 Millionen Tonnen Abfall, 30 Millionen Tonnen verschwendeter Ressourcen und 261 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen. Darüber hinaus wird der Verlust, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die Entscheidung für Ersatz statt Reparatur entsteht, auf fast 12 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die Initiative wird überdies schätzungsweise 4,8 Milliarden Euro an Wachstum und Investitionen in der EU generieren.

Eine Reparatur werde von den Verbraucherinnen und Verbrauchern jedoch häufig als schwierig angesehen. Die Initiative „Recht auf Reparatur“ ergänze mehrere Vorschläge, die die Kommission vorgelegt habe. Das Ziel sei ein nachhaltiger Verbrauch während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts und ein Rahmen für ein echtes EU-weites „Recht auf Reparatur“, heißt es weiter in der Pressemitteilung der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.

Dieser Vorschlag sei Teil des übergeordneten Ziels der Europäischen Kommission, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Das gehe jedoch nur, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Unternehmen nachhaltiger konsumierten und produzierten.

Der Vorschlag für ein „Recht auf Reparatur“ sei in der neuen Verbraucheragenda und im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft angekündigt worden. Damit sollten Hindernisse beseitigt werden, die Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund von Unannehmlichkeiten, mangelnder Transparenz oder Schwierigkeiten hinsichtlich der Verfügbarkeit von Reparaturdienstleistungen von Reparaturen abhielten. Er fördere daher die Reparatur als nachhaltigere Konsumentscheidung, die zu den Klima- und Umweltzielen im Rahmen des europäischen Grünen Deals beitrage.

Diese Initiative ergänze Instrumente, die das Ziel des nachhaltigen Verbrauchs durch Reparaturen im Rahmen des europäischen Grünen Deals verfolgten. Auf der Angebotsseite fördere die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte die Reparierbarkeit von Produkten in der Produktionsphase. Auf der Nachfrageseite ermögliche es der Vorschlag für eine Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel den Verbraucherinnen und Verbrauchern, am Ort des Verkaufs fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Dieser Vorschlag stärke die Nachfrageseite, indem er die Reparatur in der Kundendienstphase fördere. Die drei Initiativen deckten zusammen den gesamten Lebenszyklus eines Produkts ab und ergänzten und verstärkten einander, heißt es weiter.

Darüber hinaus werde es die ebenfalls am 22.03.2023 angenommene Initiative zur Belegung von Umweltaussagen den Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtern, den ökologischen Wandel durch Kaufentscheidungen zu unterstützen, und Unternehmen davon abhalten, irreführende Aussagen über die Umweltvorteile ihrer Produkte und Dienstleistungen zu machen. Diese Initiative ergänze auch den Vorschlag zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel, mit dem der horizontale Rahmen gegen Grünfärberei festgelegt werde.

Anlässlich des Weltverbrauchertags am 15.03.2023 hatte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) Verbraucher*innen gefragt, was sie zur Reparatur von Kühlschrank, Computer, Handy und Co. motiviert. 62 Prozent geben an, dass sie mehr reparieren (lassen) würden, gäbe es einen nationalen Reparaturbonus.

->Quelle und weitere Informationen: