Mit Privatflugzeug von Stuttgart nach Böblingen

Überflüssiger und klimaschädlicher Luxus

Privatflüge verursachen viel höhere CO2-Emissionen pro Passagierkilometer als kommerzielle Flüge (laut Transport & Environment fünf- bis vierzehnmal mehr). Diese Emissionen werden jedoch häufig nicht in die Politik zur Verringerung der Luftverkehrsemissionen einbezogen. Daher ist es wichtig, mehr Transparenz über die Emissionen der privaten Luftfahrt zu erhalten. Ein im Auftrag von Greenpeace durch das Forschungsinstitut CE Delft erstellter Bericht soll einen detaillierten Überblick über den privaten Luftverkehr und die damit verbundenen CO2-Emissionen in der EU27, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich geben. Der Bericht zeigt die Privatflüge nach Entfernungen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 und, dass die meisten Privatflüge eine Entfernung zwischen 251 und 500 Kilometern zurücklegen.

Wo Privatflugzeuge noch „notwendig“ sind: Landung auf Goldgräberpiste im brasilianischen Regenwald – Foto © – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Für jedes Jahr wurden die zehn verkehrsreichsten Strecken einschließlich der CO2-Emissionen sowie die zehn verkehrsreichsten Strecken unter 500 und 100 Kilometern ermittelt. Die Flughäfen mit dem größten Verkehrsaufkommen wurden für jedes Jahr kartiert. Eine Reihe der häufig genutzten Kurzstrecken sind gut mit der Bahn verbunden. In dem Bericht wurden die Zugfahrzeiten und -frequenzen für diese Strecken untersucht. Für jedes Land wurden die Gesamtzahl der abfliegenden Flüge und die CO2-Emissionen für jedes Jahr berechnet. Schließlich enthält der Bericht eine Übersicht über die 10 Länder in Europa mit den meisten Flügen und den höchsten CO2-Emissionen im Jahr 2022.

Immer mehr private Flüge in Europa

Greenpeace schlägt angesichts der steigenden Zahl von Flügen mit Privatjets in Europa Alarm. Auch in Deutschland werden wieder mehr Maschinen privat genutzt – dadurch werden Hunderttausende Tonnen an CO2 verursacht. Einer Untersuchung des Flugverkehrs in Europa ruft bei Greenpeace massive Kritik hervor. Hintergrund ist die den Erhebungen zufolge deutlich steigende Anzahl an Flügen in Privatjets und die damit einhergehende zunehmende Belastung für das Klima durch den erhöhten Ausstoß an Treibhausgasen.

Der vom Forschungsinstitut CE Delft veröffentlichten Studie zufolge wurden im vergangenen Jahr in Europa knapp 572.800 Flüge in privaten Maschinen zurückgelegt. 2021 seien rund 350.000 solcher Flugverbindungen registriert worden, und 2020 waren es etwa 118.750. (Diese niedrige Zahl sei vorrangig auf die damals geltenden Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie zurückzuführen).

Durch die privaten Maschinen wurden laut Studienergebnissen im vergangenen Jahr fast 3,4 Millionen Tonnen an CO2 ausgestoßen. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug die Menge demnach rund 1,6 Millionen Tonnen. Für 2020 führt die Studie 354.690 Tonnen an klimaschädlichem CO2 an, welches durch Flüge mit privaten Jets verursacht wurde.

Die Erhebung von CE Delft basiert auf Informationen des Luftfahrtanalyseunternehmens Cirium. Diese beinhalten dem Institut zufolge Daten zu sämtlichen in europäischen Ländern ankommenden und startenden privaten Flügen. Die Datengrundlage umfasst demnach alle EU-Staaten sowie Norwegen, die Schweiz und Großbritannien. Erfasst wurden Verbindungen, bei denen Maschinen mit mindestens drei Sitzen eingesetzt wurden. 

Mehr als 58.000 private Flugverbindungen in Deutschland

Die von Deutschland ausgehenden Privatflüge sind von 12.765 Flügen im Jahr 2020 auf 58.424 Flüge im Jahr 2022 gestiegen, und die CO2-Emissionen sind von 29.725 Tonnen im Jahr 2020 auf 208.645 Tonnen im Jahr 2022 gestiegen. Der am meisten genutzte Flughafen für die private Luftfahrt im Jahr 2020 war Hamburg Airport (EDDH) mit 959 abgehenden Flügen im Jahr 2020. In den Jahren 2021 und 2022 war der Flughafen Berlin Brandenburg (EDDB) der am meisten genutzte Flughafen mit 3.225 bzw. 6.526 Privatflügen in den Jahren 2021 und 2022. Die am häufigsten genutzte Strecke für den Privatflugverkehr variierte von Jahr zu Jahr, aber im Jahr 2022 war die Strecke zwischen Berlin und Köln mit 784 Flügen die meistgeflogene Strecke für Privatflugzeuge. Auch die kürzeste Strecke für den Privatflugverkehr änderte sich jedes Jahr, aber im Jahr 2022 war die kürzeste Strecke für den Privatflugverkehr zwischen Stuttgart und Böblingen (14,82 km).

Absurd: Privatjets in den meisten europäischen Ländern nicht besteuert

Trotz ihrer unverhältnismäßig großen Auswirkungen auf das Klima werden Privatjets in den meisten europäischen Ländern nicht besteuert, da sie vom EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) ausgenommen sind und Kerosin nicht besteuert wird. Dennoch war der Privatflugsektor der erste Zweig der Luftfahrt, der sich von der ersten Welle der Covid-19-Pandemie erholte und florierte, während die kommerzielle Luftfahrt sich nur langsam erholte.

Die Untersuchung von T&E zeigt, dass die CO2-Emissionen von Privatjets in Europa zwischen 2005 und 2019 um fast ein Drittel (31 %) zugenommen haben, schneller als die von Verkehrsflugzeugen. Privatjets sind im Durchschnitt 10mal kohlenstoffintensiver als Verkehrsflugzeuge und 50mal umweltschädlicher als Züge. Im August 2020, als die kommerziellen Flüge im Vergleich zum Vorjahr um 60 % zurückgingen, hatte der Privatjetverkehr wieder das Niveau von vor Covid-19 erreicht, wobei ein Betreiber allein im Juli 2020 einen Anstieg der Privatflugverkäufe um 11,3 % meldete. Die Besitzer von Privatjets verfügen über ein durchschnittliches Vermögen von 1,3 Milliarden Euro.

Andrew Murphy, Luftfahrtdirektor von T&E, sagte: „Mit einem Privatjet zu fliegen ist wahrscheinlich das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann, und dennoch fliegen superreiche Superverschmutzer herum, als ob es keine Klimakrise gäbe. Da aber die meisten Entfernungen, die für Privatflüge attraktiv sind, ideal für die erste Generation emissionsarmer Flugzeuge geeignet sind, könnte die Privatfliegerei konstruktiv zur Sanierung des Sektors eingesetzt werden.“ (Siehe: transportenvironment.org/could-super-rich-super-polluters-on-private-jets-clean-up-aviation)

Greenpeace fordert EU-weites Verbot von Privatjets

Angesichts der starken Zunahme von Flügen in privaten Flugzeugen pocht Greenpeace erneut auf ein Verbot von Privatjets in der gesamten EU. „Klimaschädliche Privatjets sind die rücksichtsloseste Form der Mobilität“, betonte Lena Donat von Greenpeace. Die Mobilitätsexpertin der Organisation mahnte: „Während Superreiche mit Privatjets fliegen, als gäbe es kein Morgen, leiden ärmere Menschen aus dem globalen Süden am stärksten unter den Konsequenzen der Klimakrise.“

Klimaneutrales Fliegen – eine Illusion: Ab 2050 wird laut Forschern nicht zu schaffen
Recherche von NDR und SZ: Privatflüge auf Rekordniveau

Bereits Mitte Januar hatten auch der NDR und die „Süddeutsche Zeitung“ über die steigende Zahl an Privatjet-Flügen berichtet, allerdings basierend auf einer anderen Datengrundlage. Die gemeinsamen Recherchen bezogen sich auf Zahlen der Luftkontroll-Organisation Eurocontrol vom 16.03.2023. Und die fielen sogar noch deutlich höher aus als die Ergebnisse der CE Delft-Studie.

Demnach starteten 2022 mehr als 94.000 Flugzeuge aus dem sogenannten Business-Segment von deutschen Flughäfen – und damit etwa 260 Flüge täglich, ein Zuwachs von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Privatjet-Flüge machten laut Eurocontrol im vergangenen Jahr etwa zwölf Prozent des gesamten Flugverkehrs in Deutschland aus.

Wissenschaftler warnen davor, sich beim Klimaschutz allein auf neue Technologien zu verlassen. Die Herausforderungen bei der Entwicklung seien dafür noch zu groß.

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