EU-Unterhändler einigen sich auf Naturschutzgesetz

Für mehr Moore und Wälder

Über das EU-Gesetz zum Naturschutz ist in Brüssel heftig gestritten worden – nun haben sich Unterhändler der Mitgliedsstaaten und des EU-Parlaments in der Nacht zum 10.11.2023 auf einen heiß diskutierten Kompromiss des Naturschutzvorhabens geeinigt. Das Gesetz könnte am Ende aber doch noch scheitern, befürchtet tagesschau.de. Damit sich die Natur in der EU erholt, sollen Wälder aufgeforstet, Moore wiedervernässt und Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt werden.

Fließwiese in Murellenschlucht, Berlin (im Hintergrund Kraftwerk Reuter West) – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Deutsche Umwelthilfe bewertet Abschluss als Erfolg für Naturschutz

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht den erfolgreichen Abschluss des EU-Trilogs zum Renaturierungsgesetz als Meilenstein für Natur- und Klimaschutz. Gleichzeitig bewertet die DUH den Entscheid als wichtigen Schritt für die Einhaltung des internationalen Abkommens von Kunming-Montréal zum Schutz von Natur und Mensch vor den Auswirkungen der Klimakrise. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Das Verhandlungsergebnis zum EU-Renaturierungsgesetz ist ein wichtiger Teilerfolg für den Erhalt und die Wiederherstellung wichtiger Ökosysteme, ohne die wir die Klimaziele nicht schaffen werden. Obwohl das Ergebnis hinter dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission zurückbleibt, haben wir nun eine neue Rechtsgrundlage für wirksame Renaturierungspläne in den Mitgliedsstaaten, die Mensch und Natur schützen.“

WWF enttäuscht

Anhänger halten es für alternativlos, Kritiker befürchten Nachteile für die Landwirtschaft. Die Umweltorganisation WWF sprach in einer Mitteilung von Schlupflöchern im Gesetz. Enttäuschend seien vielen Ausnahmen und Flexibilität bei den Verpflichtungen der EU-Staaten.

Demnach verpflichten sich die EU-Mitgliedsstaaten bis 2030 auf Maßnahmen, welche die Natur auf 20 Prozent der EU-Landesflächen und der Meere wiederherstellen. „Europa verpflichtet sich, die Natur nicht nur zu erhalten und zu schützen, sondern auch wiederherzustellen“, sagte die spanische Ministerin für den ökologischen Wandel, Teresa Ribera. Spanien stellt zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft.

Nach EU-Angaben sind derzeit rund 80 Prozent der Lebensräume in der Europäischen Union in schlechtem und 70 Prozent der Böden in ungesundem Zustand, zehn Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten drohten auszusterben. So sei in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der wildlebenden Insektenbestäuber in Europa dramatisch zurückgegangen.

EVP wollte Gesetz verhindern – Zustimmung wirklich nur noch Formsache?

Dem Gesetz war ein heftiger Streit vorausgegangen, unter anderem, weil Landwirte strenge Auflagen befürchteten. Vor allem die Christdemokraten waren gegen das Vorhaben Sturm gelaufen und wollten, es komplett auf Eis legen, erreichten aber im Sommer jedoch keine Mehrheit. Mit dem nun ausgehandelten Kompromiss werden Landwirte künftig nicht verpflichtet sein, Teilflächen ihres Landes für umweltfreundliche Maßnahmen zur Verfügung zu stellen.

Der gefundene Kompromiss muss noch formell von den EU-Staaten und den dem Europaparlament abgesegnet werden. Normalerweise ist das Formsache. In diesem Fall ist jedoch nicht ganz sicher, dass genug Christdemokraten von der EVP dem Kompromiss zustimmen, um eine ausreichende Mehrheit im Parlament zu bekommen.

„Die EVP-Fraktion wird die heutigen Ergebnisse vor den anstehenden Entscheidungen im Umweltausschuss und im Plenum ernsthaft prüfen und sorgsam abwägen“, sagte die CDU-Verhandlerin Christine Schneider. Naturschutz und Klimaziele gingen Hand in Hand mit Land- und Forstwirtschaft. Gelder der EU-Agrarpolitik sollten nicht für Maßnahmen unter dem Gesetz verwendet werden. Sie freue sich, dass sich die anderen Fraktionen bei vielen zentralen Anliegen in Richtung der Christdemokraten bewegt hätten.

Die für die Grünen an den Verhandlungen beteiligte Abgeordnete Jutta Paulus sprach von einigen schmerzhaften Kompromissen. Wichtig sei aber das Signal, dass die EU internationale Verpflichtungen ernst nehme. Die Christdemokraten hatten in den Verhandlungen deutliche Lockerungen durchgesetzt. Die EU-Kommission begrüßte das Verhandlungsergebnis.

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