Gesunde, vielfältige Wälder könnten viel mehr Kohlenstoff speichern

Internationale Großuntersuchung kombiniert Satelliten- und Bodendaten

Natürliche Kohlenstoffspeicher werden bei der Weltklimakonferenz COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine große Rolle spielen. Nach Ozeanen und Böden sind Wälder die größten Senken für Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Wie viel mehr es bei besserem Waldmanagement sein könnte, ist eine schwierige Frage. In einer aktuellen Untersuchung stellt ein Team von mehr als zweihundert Forschenden weltweit in Nature neue Abschätzungen des Speicherpotenzials vor. Die Koordination lag bei der ETH Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, wichtige methodische Beiträge steuerte das Deutsche GeoForschungsZentrumGFZ bei.

Karte der Verteilung des oberirdischen Baumkohlenstoffs auf Datengrundlage der GFBI Global Forest Biodiversity Initiative © GFZ, (CCBY 4.0 Mo et al.; Nature (2023). [https://doi.org/10.1038/s41586-023-06723-z; https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/])

Der Studie vom zufolge könnten Wälder im Idealfall 328 Milliarden Tonnen (Gigatonnen, kurz Gt) Kohlenstoff aufnehmen. Da viele Waldgebiete mittlerweile jedoch für Landwirtschaft und als Siedlungsfläche genutzt werden, verringert sich das Potential auf 226 Gt. 139 Gt davon (61%) könnten allein durch den Schutz bestehender Wälder erreicht werden. Die restlichen 87 Gt (39%) ließen sich realisieren, indem bislang zerstückelte Waldlandschaften wieder vernetzt und nachhaltig bewirtschaftet werden.

Wälder unter Druck

Vergangene Studien, die allerdings stark auf statistischen Auswertungen und Hochrechnungen basierten, waren zu Ergebnissen in ähnlicher Größenordnung gekommen.  Zum Vergleich: Dem Speicherpotenzial von 226 Gt stehen jährliche Emissionen von knapp 11 Gt Kohlenstoff (umgerechnet 40 Gt Kohlendioxid) gegenüber.
Statt allerdings Wälder zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften, schreitet die Entwaldung weltweit voran. Hinzu kommt der nahezu ungeminderte Ausstoß von Treibhausgasen, der die globale Erwärmung beschleunigt und damit die Wälder noch mehr unter Druck setzt.

Methodik

Um zu den Ergebnissen zu gelangen, verknüpften die Forschenden Satellitendaten mit Erhebungen zum Zustand der Wälder und zur Biomasse, die vom Boden aus gemacht wurden. Sie integrierten außerdem Angaben zur Kohlenstoffspeicherung in Waldböden mit Totholz, Laub und anderer Biomasse. „Das neue Papier basiert auf viel besseren Daten und bietet in diesem Sinne eine bessere Quantifizierung des Potenzials als bisherige Arbeiten“, sagt Martin Herold, einer der Koautoren der Studie. Der Leiter der GFZ-Sektion Fernerkundung und Geoinformatik betont, wie wichtig es sei, „systematisch satelliten- und bodengestützte Kohlenstoffmessungen miteinander zu kombinieren, was neue Wege zum Verständnis der weltweiten Kohlenstoffbestände und -potenziale eröffnet“.

GFZ weltweit wichtiger Partner bei Kohlenstoffbilanzen

Die weltraumgestützte Biomasseanalyse stammt hauptsächlich vom GFZ, das allerdings auch mit Bodendaten als Teil eines globalen Netzwerks beigetragen hat. Martin Herold: „Das GFZ hat in der Vergangenheit viel in solche integrierten Erhebungen investiert und wird das auch in der Zukunft tun. Unsere starken Überwachungsinfrastrukturen machen uns zu einem ausgezeichneten und weltweit sichtbaren Partner bei solch wichtigen globalen Analysen zu Schlüsselfragen wie eben der Frage, wie wir unsere Kohlenstoffvorräte im Hinblick auf Klima und Nachhaltigkeit am besten verwalten können.“

Dahinter stehen auch strategische Fragen des GFZ: Wie können wir Veränderungen auf unserem dynamischen Planeten am besten überwachen und quantifizieren? Wie können wir unser Verständnis von Georessourcen verbessern und sie nachhaltig nutzen?

->Quellen:

  • gfz-potsdam.de/gesunde-waelder-koennten-viel-mehr-kohlenstoff-speichern
  • ethz.ch/vielfaeltige-waelder-koennten-riesige-co2-speicher-sein-aber-nur-wenn-die-emissionen-sinken
  • Originalveröffentlichung: Lidong Mo, Constantin M. Zohner, Peter B. Reich, Jingjing Liang, Sergio de Miguel, Gert-Jan Nabuurs, Susanne S. Renner, Johan van den Hoogen, Arnan Araza, Martin Herold, Leila Mirzagholi, Haozhi Ma, Colin Averill, Oliver L. Phillips, Javier G. P. Gamarra, Iris Hordijk, Devin Routh, Meinrad Abegg, Yves C. Adou Yao, Giorgio Alberti, Angelica M. Almeyda Zambrano, Braulio Vilchez Alvarado, Esteban Alvarez-Dávila, Patricia Alvarez-Loayza, Luciana F. Alves, Iêda Amaral, Christian Ammer, Clara Antón-Fernández, Alejandro Araujo-Murakami, Luzmila Arroyo, Valerio Avitabile, Gerardo A. Aymard, Timothy R. Baker, Radomir Ba?azy, Olaf Banki, Jorcely G. Barroso, Meredith L. Bastian, Jean-Francois Bastin, Luca Birigazzi, Philippe Birnbaum, Robert Bitariho, Pascal Boeckx, Frans Bongers, Olivier Bouriaud, Pedro H. S. Brancalion, Susanne Brandl, Francis Q. Brearley, Roel Brienen, Eben N. Broadbent, Helge Bruelheide, Filippo Bussotti, Roberto Cazzolla Gatti, Ricardo G. César, Goran Cesljar, Robin L. Chazdon, Han Y. H. Chen, Chelsea Chisholm, Hyunkook Cho, Emil Cienciala, Connie Clark, David Clark, Gabriel D. Colletta, David A. Coomes, Fernando Cornejo Valverde, José J. Corral-Rivas, Philip M. Crim, Jonathan R. Cumming, Selvadurai Dayanandan, André L. de Gasper, Mathieu Decuyper, Géraldine Derroire, Ben DeVries, Ilija Djordjevic, Jiri Dolezal, Aurélie Dourdain, Nestor Laurier Engone Obiang, Brian J. Enquist, Teresa J. Eyre, Adandé Belarmain Fandohan, Tom M. Fayle, Ted R. Feldpausch, Leandro V. Ferreira, Leena Finér, Markus Fischer, Christine Fletcher, Lorenzo Frizzera, Damiano Gianelle, Henry B. Glick, David J. Harris, Andrew Hector, Andreas Hemp, Geerten Hengeveld, Bruno Hérault, John L. Herbohn, Annika Hillers, Eurídice N. Honorio Coronado, Cang Hui, Thomas Ibanez, Nobuo Imai, Andrzej M. Jagodzi?ski, Bogdan Jaroszewicz, Vivian Kvist Johannsen, Carlos A. Joly, Tommaso Jucker, Ilbin Jung, Viktor Karminov, Kuswata Kartawinata, Elizabeth Kearsley, David Kenfack, Deborah K. Kennard, Sebastian Kepfer-Rojas, Gunnar Keppel, Mohammed Latif Khan, Timothy J. Killeen, Hyun Seok Kim, Kanehiro Kitayama, Michael Köhl, Henn Korjus, Florian Kraxner, Dmitry Kucher, Diana Laarmann, Mait Lang, Huicui Lu, Natalia V. Lukina, Brian S. Maitner, Yadvinder Malhi, Eric Marcon, Beatriz Schwantes Marimon, Ben Hur Marimon-Junior, Andrew R. Marshall, Emanuel H. Martin, Jorge A. Meave, Omar Melo-Cruz, Casimiro Mendoza, Irina Mendoza-Polo, Stanislaw Miscicki, Cory Merow, Abel Monteagudo Mendoza, Vanessa S. Moreno, Sharif A. Mukul, Philip Mundhenk, María Guadalupe Nava-Miranda, David Neill, Victor J. Neldner, Radovan V. Nevenic, Michael R. Ngugi, Pascal A. Niklaus, Jacek Oleksyn, Petr Ontikov, Edgar Ortiz-Malavasi, Yude Pan, Alain Paquette, Alexander Parada-Gutierrez, Elena I. Parfenova, Minjee Park, Marc Parren, Narayanaswamy Parthasarathy, Pablo L. Peri, Sebastian Pfautsch, Nicolas Picard, Maria Teresa F. Piedade, Daniel Piotto, Nigel C. A. Pitman, Axel Dalberg Poulsen, John R. Poulsen, Hans Pretzsch, Freddy Ramirez Arevalo, Zorayda Restrepo-Correa, Mirco Rodeghiero, Samir G. Rolim, Anand Roopsind, Francesco Rovero, Ervan Rutishauser, Purabi Saikia, Christian Salas-Eljatib, Philippe Saner, Peter Schall, Mart-Jan Schelhaas, Dmitry Schepaschenko, Michael Scherer-Lorenzen, Bernhard Schmid, Jochen Schöngart, Eric B. Searle, Vladimír Seben, Josep M. Serra-Diaz, Douglas Sheil, Anatoly Z. Shvidenko, Javier E. Silva-Espejo, Marcos Silveira, James Singh, Plinio Sist, Ferry Slik, Bonaventure Sonké, Alexandre F. Souza, Krzysztof J. Stere?czak, Jens-Christian Svenning, Miroslav Svoboda, Ben Swanepoel, Natalia Targhetta, Nadja Tchebakova, Hans ter Steege, Raquel Thomas, Elena Tikhonova, Peter M. Umunay, Vladimir A. Usoltsev, Renato Valencia, Fernando Valladares, Fons van der Plas, Tran Van Do, Michael E. van Nuland, Rodolfo M. Vasquez, Hans Verbeeck, Helder Viana, Alexander C. Vibrans, Simone Vieira, Klaus von Gadow, Hua-Feng Wang, James V. Watson, Gijsbert D. A. Werner, Susan K. Wiser, Florian Wittmann, Hannsjoerg Woell, Verginia Wortel, Roderik Zagt, Tomasz Zawi?a-Nied?wiecki, Chunyu Zhang, Xiuhai Zhao, Mo Zhou, Zhi-Xin Zhu, Irie C. Zo-Bi, George D. Gann & Thomas W. Crowther: Integrated global assessment of the natural forest carbon potential, in: Nature, 2023; doi.org/10.1038/s41586-023-06723-z