Deutsch-australische Lieferkette für Wasserstoff?

Machbarkeitsstudie HySupply von acatech

Seit Ende 2020 untersuchten acatech und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) mit dem vom BMBF gefördertem Projekt „HySupply – Deutsch-Australische Machbarkeitsstudie zu Wasserstoff aus erneuerbaren Energien“ unter welchen Voraussetzungen die Versorgung Europas mit Wasserstoff gelingen kann. Das australische Konsortium wurde von der University of New South Wales (UNSW) geleitet und vom Department of Foreign Affairs (DFAT) gefördert. Beide Seiten vereinen ein einzigartiges Netzwerk an Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft, um die gesamte Wertschöpfungskette technisch, ökonomisch, und rechtlich zu untersuchen.

Wasserstoff-Tanklastzug – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Die Fragen waren: Ist eine deutsch-australische Lieferkette für Wasserstoff machbar? Und wie können die Wasserstoffimporte bis zum Endverbraucher gelangen? Zum Abschluss der Machbarkeitsstudie HySupply von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und dem BDI beleuchtet nun eine Studie die inländischen Wasserstoff-Verteiloptionen.

Wasserstoff ist Schlüsselelement für die Klimaneutralität, denn mit ihm kann Strom aus erneuerbaren Energien gespeichert und über lange Distanzen transportiert werden. Er kann überall dort eingesetzt werden, wo Strom aus technischer oder ökonomischer Sicht nicht sinnvoll genutzt werden kann. Zudem kann Wasserstoff in Derivate wie synthetisches Kerosin, Methanol oder Ammoniak umgewandelt werden und so fossile Energieträger direkt ersetzen. Mit Hilfe des Wasserstoffs und seiner Derivate wird es möglich sein die Energie der australischen Sonne über Tanker nach Deutschland zu importieren und so einen entscheidenden Beitrag für eine klimafreundliche Zukunft zu leisten.

Das vorausgegangene acatech/BDI-Kooperationsvorhaben „Wege in die Energiezukunft“ hat gezeigt, dass Australien und Deutschland geeignete Partner für eine langfristige Wasserstoffpartnerschaft sind. Australien hat hervorragende Bedingungen, um Strom aus erneuerbaren Energien günstig und in großen Mengen zu produzieren. Darüber hinaus verfügt es bereits heute über Expertise und Infrastrukturen für den Export von Energie und Rohstoffen. Um dieses Potenzial zu heben, braucht Australien Wasserstoff-Technologien im industriellen Maßstab, insbesondere Elektrolyseure und Syntheseanlagen. Die Industrie und Forschung in Deutschland sind Marktführer für diese Technologien. Gleichzeitig wird Deutschland auf Importe von erneuerbarem Wasserstoff und seinen Derivaten angewiesen sein, um die Klimaziele zu erreichen. Eine Partnerschaft zwischen beiden Ländern ist eine echte Win-Win Situation.

Arbeitspapier beleuchtet technisches Potenzial für die Deutsch-Australische Wasserstoffbrücke

Ein im Juni 2021 fertiggestelltes Arbeitspapier der deutschen Projektgruppe zeigt das große Potenzial für eine langfristige und nachhaltige Wasserstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und Australien. Dafür wurden vier Optionen zum Transport der erneuerbaren Energie untersucht: Flüssiger Wasserstoff, Flüssige Organische Wasserstoffträger (LOHC), Methanol und Ammoniak. Die Ergebnisse zeigen die verschiedenen Vor- und Nachteile der Optionen, insbesondere die unterschiedlichen Reifegrade der Technologien.

Deutsch-australische Wasserstoffbrücke auch rechtlich möglich

Wie und ob eine Wertschöpfungskette von erneuerbarem Wasserstoff zwischen Deutschland und Australien möglich ist, hängt nicht zuletzt von regulatorischen Rahmenbedingungen ab. Eine von HySupply in Auftrag gegebene und im Juni 2022 veröffentlichte Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) kommt zu dem Ergebnis: Die Errichtung von Importinfrastrukturen ist rechtlich möglich, die Umsetzung aber komplex und zeitintensiv.

Aktionsplan für den Aufbau der Deutsch-Australischen Wasserstoffbrücke

Wie kann der Aufbau der Lieferkette gelingen und welche Maßnahmen müssen dafür von politischen Entscheidungsträger*innen, der Industrie und der Forschung ergriffen werden? Der im Oktober 2022 veröffentlichte Aktionsplan zeigt Handlungsoptionen auf, die innerhalb der nächsten zwei Jahren von allen Akteuren umgesetzt werden müssen, damit die Lieferkette bis spätestens 2030 realisiert werden kann. Die Empfehlungen basieren auf einer umfangreichen Stakeholder-Konsultation sowie den Erkenntnissen der Delegationsreise nach Australien.

Deutsche Projektgruppe

Um das deutsche Energiesystem zu defossilisieren, zukunftssicher und unabhängiger zu machen, wird der Import grünen Wasserstoffs künftig eine wichtige Rolle spielen. Das Projekt HySupply von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) hat vor diesem Hintergrund untersucht, ob eine deutsch-australische Lieferkette machbar ist. Eine nun veröffentlichte Studie über mögliche Versorgungsketten innerhalb Deutschlands bildet den Abschluss des Projekts – und stützt das positive Gesamtfazit.

Die von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften in Auftrag gegebene Studie der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG zeigt als abschließende Publikation des Projekts HySupply die Versorgungsoptionen für Wasserstoff innerhalb Deutschlands auf. Ausgehend von der jeweiligen Importform des Wasserstoffs – Tanker aus Australien transportieren den Wasserstoff beispielsweise in flüssiger Form – vergleicht die Untersuchung dabei den ökonomischen Nutzen und die technische Umsetzbarkeit von verschiedener Transportinfrastrukturen: Wasserstoffnetz, Produktpipeline, Binnenschiff und Schiene.

Seit dem Start des Kooperationsprojekts „HySupply“ im Jahr 2020 haben die Forschenden die Machbarkeit einer Wasserstoffbrücke zwischen Australien und Deutschland systematisch untersucht. Begleitend erschienen regelmäßig Handlungsempfehlungen für einen Wasserstoff-Fahrplan.

acatech Präsident Jan Wörner: „Eine australisch-deutschen Wasserstoffbrücke verspricht eine stabile und für beide Seiten vorteilhafte Handelsbeziehung zwischen zwei demokratischen Staaten. Die Arbeiten unseres gemeinsamen HySupply-Projekts bestätigen die Machbarkeit und definieren Rahmenbedingungen. Eine gemeinsame Wasserstoff-Infrastruktur mit Australien kann uns nicht nur bei den Klimazielen helfen, sie macht auch die Versorgung mit dem Grundbaustein der Wirtschaft von morgen sicherer und vernetzter. Wir haben jetzt die Gelegenheit, den Zukunftsmarkt Wasserstoff mitzugestalten und unseren Innovationsstandort damit resilienter gegen Abhängigkeiten zu machen. Dafür brauchen wir einen entschlossenen, gemeinsamen Aufbau von Infrastrukturen und Rahmenbedingungen.“

Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BDI: „Die neue Studie zu den nationalen Verteilungsoptionen von Wasserstoff und Wasserstoff-Derivaten adressiert eine wichtige noch offene Zukunftsfrage. Unternehmen benötigen Planungssicherheit für die anstehenden, teilweise immensen Investitionsentscheidungen. Die Importstrategie der Bundesregierung muss daher klar aufzeigen, von wo und in welcher Form der Importbedarf gedeckt werden soll. Nur so können mögliche Engpässe im Hochlauf der dringend notwendigen Infrastrukturen für Wasserstoff und seine Derivate frühzeitig identifiziert und konsistent angegangen werden.“

Projektleiter Robert Schlögl, Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung und acatech-Mitglied, fasst zusammen: „Die vorgelegte Studie analysiert, bewertet und vergleicht erstmals flächendeckend und umfassend alle wesentlichen Wasserstoffderivate und Transportoptionen, vom Importhub bis hin zum Endverbraucher. Die Fertigstellung des Wasserstoff-Kernnetzes muss energisch weiterverfolgt werden. Gleichzeitig müssen wir auch bei anderen Aufgaben, wie dem Ausbau des Bahnnetzes oder dem Aufbau von CO2-Infrastruktur, ins Umsetzen kommen. Ein erfolgreicher Wasserstoffmarkthochlauf wird nur gelingen, wenn Politik, Wissenschaft und Industrie eng zusammenarbeiten.“

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